November 2012 |
121110 |
ENERGIE-CHRONIK |
So sieht das unbeschädigte Siegel der Kommission aus | Beim Ablösen der Plastikfolie reißt diese zwar nicht, aber es erscheint irreparabel das Wort VOID |
Der Europäische Gerichtshof in Luxemburg bestätigte am 22. November die Verhängung einer Geldbuße von 38 Millionen Euro gegen die E.ON Energie, weil in deren Geschäftsräumen ein Siegel der EU-Kommission beschädigt worden war. Der versiegelte Raum enthielt Materialien, die Prüfer der EU-Kommission bei einer Razzia sichergestellt hatten (080106). Die Kommission hatte im Mai 2006 zwanzig Standorte von Gas- und Stromunternehmen durchsuchen lassen, um Hinweise auf Marktabsprachen und die Diskriminierung von Wettbewerbern zu finden (060503).
Nach dem Unionsrecht kann die Kommission gegen Unternehmen Geldbußen bis zu einem Höchstbetrag von ein Prozent ihres Umsatzes festsetzen, wenn sie vorsätzlich oder fahrlässig ein von ihr bei einer Nachprüfung angebrachtes Siegel erbrochen haben. Die verhängte Geldbuße entsprach 0,14 Prozent des Jahresumsatzes der E.ON Energie AG. Das Unternehmen bestritt einen vorsätzlichen Bruch des Siegels und wollte die Geldbuße durch das Gericht der Europäischen Union für nichtig erklären lassen. Nachdem die die Klage im Dezember 2010 abgewiesen worden war, rief E.ON in zweiter Instanz den Europäischen Gerichtshof an, weil das Gericht in unzulässiger Weise die Beweislast umgekehrt und gegen die Unschuldsvermutung verstoßen habe. Außerdem habe das Gericht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen, indem es die Höhe des Bußgelds nicht herabsetzte.
Der Gerichtshof wies diese Einwände nun als unberechtigt zurück.
Er stellte klar, daß ein Unternehmen den Beweiswert eines Siegels nicht
unter Berufung auf die bloße Möglichkeit eines Mangels in Frage stellen
kann. Andernfalls würde der Kommission jede Verwendung von Siegeln unmöglich
gemacht. Die Kommission habe aufgrund eines Bündels von Beweisen einen
Siegelbruch festgestellt. Deshalb obliege es der E.ON Energie, Gegenbeweise
vorzulegen, die diese Feststellung erschüttern könnten.
Zudem sei es allein Sache des Gerichts, zu entscheiden, ob die ihm vorliegenden
Informationen der Ergänzung bedürfen. Die E.ON Energie könne
der Vorinstanz nicht zum Vorwurf machen, daß sie dem Antrag auf Durchführung
einer ergänzenden Beweisaufnahme nicht stattgegeben hat. Das Gericht sei
auch nicht verpflichtet gewesen, die Geldbuße herabzusetzen. In Anbetracht
des Erfordernisses, die Abschreckungswirkung dieser Sanktion zu gewährleisten,
könne die verhängte Geldbuße nicht als überhöht angesehen
werden. Immerhin hätte die E.ON Energie sogar eine Geldbuße in Höhe
von 10 Prozent ihres Jahresumsatzes befürchten müssen, falls ihr wettbewerbswidrige
Praktiken nachgewiesen worden wären.