Dezember 2011 |
111203 |
ENERGIE-CHRONIK |
Besser als gar nichts: Zum Schluß der Konferenz in Durban applaudierten die Teilnehmer der südafrikanischen Außenministerin Maite Nkoana-Mashabane, unter deren Vorsitz schließlich doch noch ein mageres Ergebnis erzielt werden konnte. Foto: Courtesy IISD
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Die Vertragsstaaten der UN-Klimarahmenkonvention wollen bis 2015 ein neues Abkommen zur Begrenzung der Treibhausgas-Emissionen aushandeln, das ab 2020 wirksam wird. Im Gegenzug sind die Länder der Europäischen Union und andere Industriestaaten zur Fortführung des Ende 2012 auslaufenden Kyoto-Protokolls bereit. Bis Mai kommenden Jahres werden sie ihre Reduktionsverpflichtungen für eine zweite Periode benennen, die das Abkommen zumindest bis 2017 verlängert. Mit diesem Kompromiß endete die 17. Vertragsstaatenkonferenz der Klimarahmenkonvention (COP 17), die vom 28. November bis zum 11. Dezember im südafrikanischen Durban tagte. Es handelte sich zugleich um die 7. Vertragsstaatenkonferenz des Kyoto-Protokolls (CMP 7). Die Klärung von Einzelheiten wurde auf den nächsten Klimagipfel (COP 18) vertagt, der vom 26. November bis zum 7. Dezember 2012 im arabischen Emirat Katar stattfindet.
Falls das neue Klimaschutzabkommen zustande kommt und ab 2020 in Kraft tritt, würde es auch die USA, China, Indien und andere große Treibhausgas-Emittenten umfassen. Völlig ungewiß ist allerdings, zu welchen Zugeständnissen sich die Staaten bereitfinden und ob diese rechtlich bindend sein werden. In der Vereinbarung über die Einsetzung einer Arbeitsgruppe zur Vorbereitung des neuen Abkommens ist nur vage von "a protocol, another legal instrument or a legal outcome" die Rede. Auf Deutsch bedeutet diese vieldeutige Formulierung soviel wie "Protokoll, ein anderes rechtliches Instrument oder ein rechtlich verbindliches Abkommen".
Wenige Stunden nach Beendigung des Klimagipfels erklärte Kanada seinen Ausstieg aus dem Kyoto-Protokoll, weil die amtierende Regierung nicht bereit ist, die übernommenen Verpflichtungen zu erfüllen. Der weltweit siebtgrößte CO2-Emittent demonstrierte damit, daß sogar dieses völkerrechtlich bindende Abkommen im Ernstfall nicht mehr als eine Absichtserklärung darstellt (111204). Das geplante neue Abkommen wird wohl eher noch unverbindlicher werden. Außerdem soll es erst ab 2020 in Kraft treten. Dies bedeutet, daß es bis dahin für den Großteil der weltweiten Treibhausgas-Emissionen nicht einmal formale Zusagen einer Begrenzung gibt und daß sich das Klimaproblem weiter verschärfen wird. Die beabsichtigte Verlängerung der Verpflichtungen aus dem Kyoto-Protokoll ändert daran kaum etwas, weil die größten Emittenten nicht mitmachen: China und Indien unterliegen als Entwicklungsländer ohnehin keinen Reduktionsverpflichtungen. Die USA weigern sich schon seit zehn Jahren, ihre in Kyoto gemachten Zusagen zu erfüllen (010303). Rußland und Japan wollen einer zweiten Verpflichtungsperiode nicht zustimmen. Auch Kanada hat schon vor seinem jetzt erfolgten Rückzug eine Verlängerung abgelehnt. Die Europäische Union und andere Staaten, die zur Fortschreibung des Kyoto-Protokolls bereit sind, können deshalb allenfalls etwa 15 Prozent der weltweiten Treibhausgas-Emissionen beeinflussen. Auf Deutschlands entfallen schätzungsweise drei Prozent der weltweiten Emissionen.
Die Europäische Union hatte sich von der Konferenz in Durban den Abschluß eines umfassenden rechtsverbindlichen Klimaschutzabkommens erhofft, das die 2012 auslaufenden Vereinbarungen von Kyoto ersetzt und den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur auf 2 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellem Niveau begrenzt. Die Vorbereitungen für ein neues Abkommen begannen schon vor sechs Jahren in Montreal (COP 11). Die nachfolgenden Klimagipfel in Nairobi (COP 12), Bali (COP 13), Posen (COP 14), Kopenhagen (COP 15) und Cancún (COP 16) verliefen jedoch alle so gut wie ergebnislos. Wie sich auf dem Gipfel in Kopenhagen zeigte, war nicht einmal das Ziel einer Begrenzung der Erderwärmung auf unter 2 Grad Celsius konsensfähig (091206). Auch der Gipfel in Durban schien wieder ein völliger Fehlschlag zu werden, ehe es nach eineinhalbtägiger Verlängerung doch noch gelang, den erwähnten Minimalkonsens zu erzielen.
Während sich Umweltschutzorganisationen enttäuscht über das Ergebnis von Durban äußerten, sah Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) darin einen "qualitativen Sprung nach vorne". Es sei in Durban zu einem starken Bündnis zwischen der EU und den am schwächsten entwickelten Staaten gekommen, die am meisten vom Klimawandel bedroht sind. Dadurch sei es gelungen, "ein Paket von Maßnahmen zu schnüren, das langfristig alle und vor allem auch die großen Emittenten verpflichten wird".