Oktober 2011

111008

ENERGIE-CHRONIK


EnBW braucht frisches Geld – Anleihe ersetzt Erhöhung des Eigenkapitals

Die Energie Baden-Württemberg (EnBW) braucht neues Geld, um den Umbau des Konzerns zu bewerkstelligen, der durch die Abschaltung der Kernkraftwerke Neckarwestheim 1 und Philippsburg 1 erforderlich wird. Außerdem befürchtet sie den Verlust ihrer A-Einstufung durch die Ratingagenturen. Zunächst sollten deshalb das Land Baden-Württemberg und der kommunale Aktionärsverbund "Oberschwäbische Elektrizitätswerke" (OEW) als Eigentümer des Unternehmens jeweils 400 Millionen Euro zur Aufstockung des Eigenkapitals bereitstellen. Da die Landesregierung zögerte, diese Summe aufzubringen, nahm die EnBW Ende Oktober eine sogenannte Hybridanleihe von 750 Millionen Euro auf. Die Anleihe sei "so ausgestaltet, daß sie von den Ratingagenturen teilweise als Eigenkapital anerkannt wird", hieß es in einer Unternehmensmitteilung. Man habe die geplante Anleihe schon Anfang September potentiellen Investoren vorgestellt. Sie sei dann am 24. Oktober trotz ihrer "komplizierten Struktur" innerhalb von wenigen Stunden "deutlich überzeichnet" worden.

Die Anleihe läuft vom 28. Oktober 2011 bis zum 2. April 2072, also rund 60 Jahre lang. Die EnBW hat jedoch das Recht zur vorzeitigen Rückzahlung nach dem ersten Zinszahlungszeitpunkt am 2. April 2012 und dann alle fünf Jahre. Sie darf ferner die Zinszahlung von zunächst 7,375 Prozent aussetzen, falls sie selber keine Dividenden ausschüttet. Die Anleihe ist nachrangig gegenüber allen anderen Finanzverbindlichkeiten.

Personalkürzungen und Beteiligungsverkäufe geplant

Zusätzlich willl das Unternehmen durch Personalkürzungen und andere betriebliche Maßnahmen rund 750 Millionen Euro einsparen und Beteiligungen im Wert von bis zu 1,5 Milliarden Euro verkaufen. Beispielsweise steht die Beteiligung am niederösterreichischen Stromversorger EVN nach wie vor auf der Verkaufsliste (100913). Bei der EnBW-Tochter Energiedienst (110914) ist an eine Erweiterung des Kreises der Minderheitspartner gedacht. Offiziell teilte die EnBW dazu nur mit, daß sich der Aufsichtsrat mit der künftigen Strategie des Unternehmens befaßt habe. Der Vorstand habe dabei "Effizienzmaßnahmen, Desinvestitionen und mögliche Kapitalmaßnahmen" vorgeschlagen, um die Voraussetzungen für langfristiges Wachstum zu schaffen. Die Arbeitnehmerseite habe "ihre kritische Haltung zu dem vorgesehenen Personalbeitrag zum Ausdruck gebracht".

OEW sind zur Aufstockung bereit und würden notfalls auch Mehrheitseigentümer

Schon im September war bekannt geworden, daß der Vorstand von den beiden Eigentümern jeweils 400 Millionen Euro haben möchte, um eine Herabstufung durch die Ratingagenturen zu verhindern. Die grün-rote Landesregierung, die soeben einen ähnlichen Betrag in ihrem Haushalt einzusparen versucht, fühlte sich dadurch genötigt und reagierte verschnupft. Laut FAZ (24.9.) ließ Ministerpräsident Winfried Kretschmann dem Vorstand ausrichten, daß er zunächst seine Hausaufgaben erledigen müsse, bevor über frisches Kapital gesprochen werden könne.

Der andere Eigentümer, die OEW, teilte dagegen am 18. Oktober mit, daß er bereit sei, die Kapitalerhöhung zu stemmen. Das Land sei herzlich eingeladen, dabei mitzumachen, und so die bisherige Parität des Aktienbesitzes von jeweils 46,55 Prozent zu wahren, erklärte der Ravensburger Landrat Kurt Widmaier als OEW-Chef nach einer Sitzung seines Aktionärsverbandes. Notfalls könnten die OEW die 800 Millionen Euro Kapitalerhöhung aber auch alleine aufbringen. In diesem Fall würde die bisherige Parität der beiden Kapitaleigner erschüttert und die OEW zum Mehrheitseigentümer der EnBW. Voraussetzung wäre allerdings, daß das Land der Kapitalerhöhung zustimmt.

Für die rot-grüne Landesregierung könnte eine solche Kommunalisierung des Unternehmens indessen sogar ein Ausweg sein, um das heikle Erbe loszuwerden, das ihr der vorherige Ministerpräsident Mappus (CDU) mit dem paritätischen Einstieg bei der EnBW hinterlassen hat (110306). Denn inzwischen ist klar, daß die Erträge des Unternehmens keineswegs ausreichen werden, um die Belastungen aus dem Kauf des Aktienpakets zu finanzieren, wie dies Mappus seinerzeit versprochen hat (101201). Eine Reprivatisierung des Landesanteils, wie sie Mappus ebenfalls in Aussicht stellte, verbietet sich für die rot-grüne Landesregierung schon wegen der damit verbundenen Verluste und weil ein kommunaler Mehrheitseigentümer weitaus eher in ihr energiepolitisches Konzept passen würde.

GuD-Projekt der Stadtwerke Düsseldorf bereitet der EnBW zusätzlich finanzielle Bauchschmerzen

Die EnBW bemüht sich inzwischen verstärkt um eine Kooperation mit Stadtwerken. Wie sie am 21. Oktober mitteilte, übernimmt die EnBW Vertrieb GmbH für fünf Stadtwerke die Bündelung des Gaseinkaufs, um am Großmarkt bessere Preise zu erzielen. Die neue "espot GmbH" besorgt den Gaseinkauf der Stadtwerke Esslingen, Waiblingen, Fellbach, Calw und Sachsenheim und ist für weitere Gesellschafter offen.

Weniger Freude hat die EnBW derzeit an den Stadtwerken Düsseldorf. Diese wollen nämlich ein neues GuD-Kraftwerk mit einer Leistung von 450 bis 580 Megawatt bauen, das 350 bis 500 Millionen Euro kostet. Die EnBW hätte sich als Mehrheitseigentümer der Stadtwerke an diesen Kosten angemessen zu beteiligen. Angesichts ihrer prekären Finanzlage zögerte sie aber bisher mit der Zustimmung. Im Unterschied zum früheren Projekt eines Steinkohlekraftwerks in Düsseldorf-Lausward, das mittlerweile gescheitert ist, findet das ersatzweise geplante GuD-Kraftwerk bei allen Rathausfraktionen lebhafte Unterstützung. Die EnBW wird sich deshalb dem Ansinnen kaum entziehen können, sofern sie es nicht vorzieht, die einst sehr teuer erkaufte Mehrheit an den Stadtwerken Düsseldorf (051206) ebenfalls auf die Verkaufsliste zu setzen.

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