April 2011 |
110409 |
ENERGIE-CHRONIK |
Wie diese Grafik zeigt, wird Steinkohle größtenteils für die Stromerzeugung genutzt. Die Menge der verstromten Steinkohle hat sich von 1991 bis 2009 nicht wesentlich verändert. Dagegen sank in diesen 18 Jahren der Anteil der deutschen Förderung am Gesamtaufkommen von 78 auf 25 Prozent. Die restlichen 75 Prozent waren Importe. Wenn der deutsche Steinkohlebergbau 2018 endet, wird der Steinkohle-Verbrauch zu hundert Prozent aus Importen bestehen (siehe auch Hintergrund). (Quelle: Energie-Daten, BMWi).
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Der Bundestag beschloß am 14. März die Streichung der Revisionsklausel in § 1 Abs. 2 des Steinkohlefinanzierungsgesetzes. Damit endet die deutsche Steinkohle-Förderung definitiv im Jahre 2018. Nach dem bisherigen Wortlaut des Gesetzes hätte die Bundesregierung spätestens bis 30. Juni 2012 einen Bericht vorlegen müssen, "auf dessen Grundlage der Deutsche Bundestag unter Beachtung der Gesichtspunkte der Wirtschaftlichkeit, der Sicherung der Energieversorgung und der übrigen energiepolitischen Ziele prüft, ob der Steinkohlenbergbau weiter gefördert wird". Die Revisionsklausel war auf Drängen der SPD in das im November 2007 verabschiedete Steinkohlefinanzierungsgesetz aufgenommen worden (071110). Sie gehörte zu den Eckpunkten der im Februar 2007 erzielten grundsätzlichen Einigung über die Beendigung der heimischen Steinkohleförderung bis 2018 (070203).
Die Streichung der Revisionsklausel war von der Bundesregierung bereits angekündigt worden (101115), nachdem die EU-Kommission die Subventionierung des Steinkohlebergbaues nur noch bis Oktober 2014 erlauben wollte (100707). Sie war ein unerläßliches politisches Signal, um die Kommission doch noch zu bewegen, einer Verlängerung bis 2018 zuzustimmen (101206).
Die Änderung des Steinkohlefinanzierungsgesetzes erfolgte mit Zustimmung der Fraktionen von CDU/CSU, FDP und Grünen. Lediglich der nordrhein-westfälische CDU-Abgeordnete Dieter Jasper stimmte dagegen. Die Fraktionen von SPD und Linke enthielten sich. Der Tagesordnungspunkt war in wenigen Minuten abgehakt. Eine mündliche Aussprache fand nicht statt. Die Fraktionen begnügten sich damit, ihre Redebeiträge zu Protokoll zu geben.
Der CDU-Abgeordnete Jasper begründete seine ablehnende Haltung mit der "festen Überzeugung, daß wir die heimische Steinkohle weiterhin als nationale Energiereserve benötigen und somit den Zugang zu den Lagerstätten erhalten sollten". Sein Fraktionskollege Thomas Bareiß wertete es dagegen als Erfolg der Bundesregierung, für das vergleichsweise geringe Zugeständnis einer Streichung der Revisionsklausel die nochmalige Verlängerung der Beihilfe-Regelung erreicht zu haben. Der deutsche Steinkohlebergbau sei aufgrund seiner geologischen Situation seit vielen Jahren international nicht mehr wettbewerbsfähig.
Für die SPD warf der Abgeordnete Rolf Hempelmann dem Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) vor, er habe sich in Brüssel nicht nachdrücklich genug für eine Verlängerung eingesetzt und "sogar mit einer verkürzten Perspektive für die deutsche Kohle geliebäugelt". Dabei sei es insbesondere bei der Kokskohle vorstellbar, daß sie auch noch nach 2018 aus deutscher Förderung zu konkurrenzfähigen Preisen angeboten werden könne. Die Bundesregierung müsse deshalb mit der EU neue "Wege finden, einen subventionsfreien Steinkohlebergbau nach 2018 zu ermöglichen".
Für die FDP stellte Klaus Breil fest, daß der Weltmarktpreis für Kraftwerkskohle trotz seines starken Anstiegs auf über 100 Euro pro Tonne SKE noch immer weitaus niedriger liege als die Förderkosten der deutschen Steinkohle. Die deutsche Förderung des vergangenen Jahres in Höhe von 13 Millionen Tonnen sei zu rund neunzig Prozent verstromt worden. Wenn es bei dem gegenwärtig hohen Preisniveau für Importkohle bleibe, werde dies sicher einen deutlichen Anstieg der Fördermengen aus anderen Regionen der Erde bewirken. Deutschland könne wegen seines geringen Anteils von unter drei Prozent der globalen Vorkommen und der bestehenden geologischen Nachteile mit dieser Entwicklung nicht Schritt halten.
Für die Linke warf Ulla Lötzer der Bundesregierung vor, sie habe es versäumt, den 2007 erzielten Kohle-Kompromiß auf europäischer Ebene abzusichern. Außerdem kritisierte sie die geplante neue Beihilfe-Verordnung der EU, die Beihilfen nur noch unter der Voraussetzung einer endgültigen Schließung von Zechen gewähren will. Die daraus resultierende Verpflichtung zur Rückzahlung gewährter Beihilfen mache einer Zeche selbst dann den Garaus, wenn sie nach 2018 in der Lage wäre, Steinkohle zu wettbewerbsfähigen Preisen zu fördern.
Für die Grünen rügte Oliver Krischer die "arrogante Haltung", welche die Beteiligten des Kohle-Kompromisses von 2007 gezeigt hätten, als sie sich auf die Beendigung des subventionierten Steinkohlebergbaues bis 2018 einigten, ohne diesen Beschluß europarechtlich abzusichern. Dies habe sich im Juli 2010 gerächt, als die EU-Kommission einer Verlängerung lediglich bis 2014 zustimmen wollte. Nur durch erheblichen politischen Druck "und wahrscheinlich auch durch viele sachfremde Zugeständnisse in anderen Politikfeldern" sei es der Bundesregierung gelungen, nachträglich doch noch eine Verlängerung bis 2018 zu erreichen. Die Revisionsklausel sei von Anfang an überflüssig und unsinnig gewesen. Ihre Streichung sei "ein richtiges, vernünftiges und auch absolut notwendiges Zeichen an Europa".