September 2007

070911

ENERGIE-CHRONIK


Rechnungshof warnt vor Risiken des Steinkohlefinanzierungsgesetzes

Der Bundesrechnungshof hat in einem geheimen Prüfbericht vor "erheblichen finanziellen Risiken" für den Bund gewarnt, falls das Steinkohlefinanzierungsgesetz in der vorgesehenen Form verabschiedet und der RAG-Konzern in eine Stiftung umgewandelt wird. Unabsehbare Folgen für die Staatskasse seien vor allem bei den so genannten Ewigkeitslasten zu befürchten, da hier Bund und Länder einspringen müssen, wenn die Erträge der RAG-Stiftung nicht ausreichen. Das Ausmaß dieser Risiken könne weder die RAG noch die vom Bundeswirtschaftsministerium als Gutachter eingesetzte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG einschätzen. Das Gutachten der KPMG basiere ohnehin weitgehend auf Angaben der RAG. Die vorgesehene Anzahl der Mitglieder des Bundes im Kuratorium entspreche nicht seinen finanziellen Verpflichtungen.

Aus dem geheimen Prüfbericht zitierte erstmals die "Rheinische Post" am 24. August. Bei der ersten Lesung des Steinkohlefinanzierungsgesetzes am 21. September im Bundestag berief sich auch die Abgeordnete Ulla Lötzer auf das Dokument, um die Ablehnung des Gesetzes durch die Fraktion der Linken zu begründen ("Diese Risiken wollen Sie der Öffentlichkeit aufbürden, damit sich private Investoren an den Gewinnen der Evonik Industries bereichern können"). Seitens der Regierungsparteien wurde dagegen mit keinem Wort auf die Kritik des Rechnungshofs eingegangen. Offenbar will man den im Februar 2007 mühsam erzielten Kompromiß nicht gefährden. Auch der Bundesrat ließ in seiner Sitzung am 21. September das Steinkohlefinanzierungsgesetz ohne Einwendungen passieren.

Das "Gesetz zur Finanzierung der Beendigung des subventionierten Steinkohlenbergbaus zum Jahr 2018 (Steinkohlefinanzierungsgesetz)" regelt Beihilfen im Umfang von bis 21,6 Milliarden Euro, die der Bund ab dem Jahr 2009 für die sozialverträgliche Beendigung des subventionierten Steinkohlenbergbaus bereitzustellen hat. Es basiert auf den "Eckpunkten einer kohlepolitischen Verständigung", auf die sich der Bund, das Land Nordrhein-Westfalen und das Saarland am 7. Februar 2007 geeinigt haben (070203). Es berücksichtigt ferner den Erblastenvertrag der beiden Bundesländer mit der RAG-Stiftung. Mit den Beihilfen werden die nach Beendigung des subventionierten Steinkohlenbergbaus weiter bestehenden Verpflichtungen der RAG AG finanziert, die keinen Ewigkeitscharakter haben (z. B. Pensionsverpflichtungen).

Die Beihilfebeträge basieren auf Berechnungen der RAG AG sowie eines Gutachtens der KPMG. Im einzelnen kommen demnach auf den Bundeshaushalt folgende Belastungen zu:

2010 bis zu 1 699 000 000 €
2011 bis zu 1 550 000 000 €
2012 bis zu 1 512 000 000 €
2013 bis zu 1 363 000 000 €
2014 bis zu 1 371 800 000 €
2015 bis zu 1 284 800 000 €
2016 bis zu 1 332 000 000 €
2017 bis zu 1 053 600 000 €
2018 bis zu 1 020 300 000 €
2019 bis zu 939 500 000 €
2019 bis 2029 insgesamt bis zu 1 658 400 000 €
2020 bis 2022 insgesamt bis zu 794 400 000 €

Die nach Beendigung der subventionierten Steinkohlenförderung weiter bestehenden Verpflichtungen der RAG AG, die Ewigkeitscharakter haben – die so genannten Ewigkeitslasten – werden nicht über Beihilfen finanziert. Diese Lasten umfassen die Grubenwasserhaltung, die Dauerbergschäden und die Grundwasserreinigung. Sie werden von der RAG-Stiftung im Rahmen des Erblastenvertrages zwischen der Stiftung und den Ländern Nordrhein-Westfalen und Saarland aus dem Stiftungsvermögen finanziert. Die hierfür erforderlichen Aufwendungen werden – bezogen auf das Jahr 2018 – auf bis bis zu 6.873 Mio. Euro veranschlagt. Nach einer Berechnung der RAG AG reicht das Stiftungsvermögen zur Finanzierung dieses Volumens aus. Falls das Stiftungsvermögen dennoch nicht ausreichen sollte, gewährleisten die beiden Revierländer im Erblastenvertrag die Finanzierung der Ewigkeitslasten. Zugleich würde dann erneut der Bund zur Kasse gebeten: Gemäß der kohlepolitischen Grundsatzverständigung vom 7. Februar 2007 ersetzt er den Revierländern ein Drittel der Kosten, falls sie aus der Gewährleistung in Anspruch genommen werden.

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