November 2010

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ENERGIE-CHRONIK


Nukleartransport nach Gorleben brauchte über 92 Stunden

Am 5. November startete in Frankreich der vorletzte Rücktransport von hochradioaktiven Abfällen aus der französischen Wiederaufarbeitungsanlage La Hague nach Deutschland. Nach der inzwischen erfolgten Laufzeitverlängerung für die 17 deutschen Kernkraftwerke (101002) nutzten Zehntausende von Kernkraftgegnern diese Gelegenheit, um den Transport möglichst lange zu behindern und so ihren Protest gegen die Energiepolitik der Bundesregierung zu bekunden. Die Demonstrationen waren noch erheblich umfangreicher als beim letzten Transport vor zwei Jahren (081115). Es dauerte insgesamt 92 Stunden und 24 Minuten, ehe die elf Castor-Behälter schließlich am Morgen des 9. November das Zwischenlager Gorleben erreichten.

Unter dem Motto "Atomausstieg ist Handarbeit" hatten Kernkraftgegner zum "Schottern" der Bahnstrecke nach Dannenberg aufgerufen, wo die Castor-Behälter umgeladen wurden, um die letzten zwanzig Kilometer nach Gorleben auf der Straße zurückzulegen. Wegen des massiven Polizeieinsatzes kam es aber nur ansatzweise zu Versuchen, den Schotter unter den Gleisen zu entfernen, zumal der Großteil der Demonstranten eine derartige Konfrontation ablehnte. Es setzten sich jedoch Tausende von Demonstranten auf die Schienen und die Straße nach Gorleben, bis sie von der Polizei weggeführt oder weggetragen wurden. Landwirte versperrten mit ihren Schleppern Kreuzungen und Straßen, um die Polizei an der schnellen Räumung blockierter Stellen zu hindern. Der Umweltorganisation Greenpeace gelang es, mit dem Bier-Laster einer Brauerei (Werbeaufschrift: "So herzerfrischend anders") die Polizeikontrollen zu überlisten und die Straße nach Gorleben zu blockieren. Im Innern des Fahrzeugs hatten sich nämlich Aktivisten mit Beton so verankert, daß die Polizei 13 Stunden brauchte, um das Fahrzeug zu entfernen, ohne die Demonstranten zu verletzen.

Insgesamt waren etwa 16.000 Polizisten im Einsatz, darunter 4500 aus Niedersachsen. Der Großteil kam aus anderen Bundesländern und von der Bundespolizei (ehemals Bundesgrenzschutz). Die Kosten des Polizeieinsatzes wurden mit rund 25 Millionen Euro beziffert. Politische Unterstützung erhielten die Demonstranten von Grünen, SPD und der Linken.

"Erkundung" für Endlager Gorleben wird trotz der anhängigen Klagen fortgesetzt

Wenige Stunden nach Ankunft des Castor-Transports im Zwischenlager Gorleben gab das niedersächsische Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie grünes Licht für die Fortführung der Arbeiten am geplanten Endlager Gorleben. Es verlängerte auf Antrag des Bundesamtes für Strahlenschutz die Genehmigung für den Rahmenbetriebsplan und genehmigte den Hauptbetriebsplan 2010 bis 2012. Damit könnten die "Erkundungsarbeiten" für das geplante Endlager trotz der anhängigen Klagen fortgesetzt werden, erklärte das Umweltministerium in Hannover.

Zum 1. Oktober endete der zehnjährige Stopp der "Erkundungsarbeiten" im Salzstock Gorleben, der im Juni 2000 von der rot-grünen Bundesregierung im Rahmen des damals ausgehandelten Atomkompromisses beschlossen wurde (000601). Die Umweltschutzorganisation Greenpeace, die Evangelische Landeskirche und andere Gegner des Projekts hatten deshalb Ende Oktober mehrere Klagen gegen die Wiederaufnahme der "Erkundung" eingereicht. Mit den jetzt erlassenen Anordnungen entfällt die aufschiebende Wirkung dieser Klagen.

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