Juli 2010

100713

ENERGIE-CHRONIK


Senat muß alle Dokumente zur Privatisierung der Berliner Wasserbetriebe offenlegen

Die Berliner Grünen-Politikerin Heidi Kosche hat erfolgreich auf Einsicht in alle Dokumente geklagt, mit denen vor elf Jahren die Privatisierung der Berliner Wasserbetriebe besiegelt wurde (990624). Am 14. Juli entschied der Berliner Verfassungsgerichtshof, daß sich der seinerzeitige Berliner Finanzsenator Thilo Sarazzin (SPD) "fehlerhaft" und "rechtswidrig" verhielt, als er die Abgeordnete nur einen Teil der Unterlagen einsehen lassen wollte, die insgesamt 180 Aktenordner füllen. Dem 2008 abgewiesenen Antrag muß nun stattgegeben werden.

Kosche ist Sprecherin für Gesundheitspolitik der Fraktion Bündnis90/Die Grünen im Abgeordnetenhaus von Berlin. Sie sieht den Schwerpunkt ihrer Parlamentsarbeit aber in der Rekommunalisierung der Berliner Wasserbetriebe, die ihre Preise in den letzten Jahren stark und weit über dem Bundesdurchschnitt erhöht haben (091108). Durch Einsicht in die Unterlagen hofft sie belegen zu können, weshalb in Berlin die Wasserpreise so hoch sind.

Formal besitzt das Land zwar bis heute 50,1 Prozent an den Berliner Wasserbetrieben, während RWE und Veolia (früher Vivendi) sich den Rest teilen. Laut Kosche sind die Verträge aber so konstruiert, daß die privaten Minderheitseigentümer das Sagen haben. Außerdem seien die Gewinne der privaten Anteilseigner vertraglich garantiert. Falls sie trotz stetig steigender Wasserpreise nicht erwirtschaftet werden könnten, müsse das Land auf einen Teil seiner Einnahmen zugunsten der Privaten verzichten.

Wirtschaftssenator läßt Wasserpreise durch Bundeskartellamt überprüfen

Der amtierende Senat aus SPD und Linke sieht die damals geschlossenen Verträge ebenfalls kritisch. Er will eine Neuverhandlung erreichen und keine weiteren Privatisierungen zulassen. Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke) nahm das jüngst ergangene Urteil des Bundesgerichtshofs im Fall der Stadtwerke Wetzlar (100212) zum Anlaß, um die hohen Gebühren der Berliner Wasserbetriebe durch das Bundeskartellamt überprüfen zu lassen. Wolf ist qua Amt zugleich Aufsichtsratsvorsitzender des Unternehmens. Die Kartellbehörde hält den Anfangsverdacht einer mißbräuchlichen Preispolitik für gegeben und ermittelt.

Obwohl alle Parteien die hohen Wasserpreise kritisieren, sind sie weit entfernt davon, am selben Strang zu ziehen. Beispielsweise werfen die Oppositionsparteien Grüne, CDU und FDP dem Wirtschaftssenator vor, nichts gegen die Preissteigerungen unternommen zu haben, um dem Landeshaushalt die damit verbundenen Einnahmen zu erhalten.

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