Juni 2009

090601

ENERGIE-CHRONIK


Vattenfall und RWE dürfen niederländische Energiekonzerne schlucken

Die EU-Kommission genehmigte am 23. Juni die Anträge von Vattenfall und RWE zur Übernahme der Energiekonzerne Nuon und Essent, die in den Niederlanden zusammen rund siebzig Prozent des Marktes kontrollieren und sich bisher in kommunaler Hand befanden. Vattenfall muß lediglich auf die deutsche Nuon-Tochter verzichten und RWE auf die bisherige Essent-Mehrheitsbeteiligung an den Bremer Stadtwerken (swb).

Zunächst hatten die beiden niederländischen Energiekonzerne selber miteinander fusionieren wollen, um ihre Übernahme durch ausländische Großkonzerne abzuwenden. Insbesondere hatte RWE bereits ein Auge auf Nuon geworfen (060708). Eine im Februar 2007 getroffene Grundsatzvereinbarung über die Fusion von Nuon und Essent (070206) wurde aber ein halbes Jahr später widerrufen, da man sich über die Bewertung beider Unternehmen nicht einigen konnte (071010). Im Januar 2009 verständigte sich daraufhin RWE mit Essent auf einen Kaufpreis von 9,3 Milliarden Euro (090106). Ende Februar akzeptierte Nuon ein Angebot von Vattenfall in Höhe von 8,5 Milliarden Euro (090204).

Nuon Deutschland GmbH soll als Wettbewerber erhalten bleiben

Nach Ansicht der Kommission wirft die geplante Übernahme von Nuon durch Vattenfall auf den meisten relevanten Märkten keine Bedenken auf, da die horizontalen Überschneidungen zwischen den Tätigkeiten von Nuon und Vattenfall nur gering seien. Eine Ausnahme bilde lediglich das Endkundengeschäft in Deutschland. Vor allem in Berlin und Hamburg sei bei Stromlieferungen an kleine Gewerbe- und Privatkunden Vattenfall der etablierte Anbieter und Nuon der stärkste neue Marktteilnehmer. "Die geplante Übernahme hätte die Position von Vattenfall noch weiter gestärkt und einen großen Teil der bei der Marktliberalisierung erzielten Fortschritte zunichte gemacht." Die Nuon Deutschland GmbH müsse deshalb ausgegliedert und an einen Dritten verkauft werden.

In der Tat gehörte die deutsche Nuon-Tochter in den vergangenen Jahren zu den wenigen Unternehmen, die wenigstens ansatzweise für Konkurrenz auf dem deutschen Strommarkt sorgten. Inzwischen verfügt sie über 275.000 Strom- und 35.000 Gaskunden. Besonders erfolgreich war sie in Berlin und Hamburg, wo der Vattenfall-Konzern als Nachfolger von Bewag und HEW auch im Endkundengeschäft tätig ist und geglaubt hatte, diese marktbeherrschende Position für eine aggressive Preispolitik ausnutzen zu können. Mit der Einverleibung von Nuon Deutschland wäre Vattenfall einen lästigen Konkurrenten los geworden und hätte einen Großteil der verlorenen Kunden quasi zurückkaufen können.

RWE bot Verzicht auf Stadtwerke Bremen an

Gegen die Übernahme von Essent durch RWE hat die Kommission ebenfalls keine wesentlichen Bedenken, obwohl sich die Geschäftsfelder beider Unternehmen sowohl beim Strom als auch beim Gas in den Niederlanden und in Deutschland überschneiden. Die Untersuchung habe ergeben, daß die Marktanteile von RWE und Essent zusammen nicht beträchtlich seien und es nach der Übernahme noch genügend Wettbewerber geben werde. Dies gelte auch hinsichtlich der Einzelhandelsverkäufe von L-Gas an Industriekunden in den Niederlanden, bei denen erhebliche Überschneidungen bestehen.

Allerdings würde die Fusion in der ursprünglich vorgesehenen Form zum Wegfall der Stadtwerke Bremen (swb) als echter Wettbewerber führen und RWE einen zusätzlichen Anreiz bieten, Erzeugungskapazität zurückzuhalten, um Preiserhöhungen zu erreichen. Zudem wäre bei der Versorgung von Industriekunden mit L-Gas ein Monopol im Verteilungsnetz Bielefeld entstanden. Um diese Wettbewerbsprobleme zu lösen, habe RWE sich bereit erklärt, die bisherige 51-Prozent-Beteiligung von Essent an swb zu veräußern. Indirekt verzichtet RWE damit auch auf Beteiligungen in Bielefeld und an anderen Stadtwerken, die swb gehören.

EWE wird Stadtwerke Bremen komplett übernehmen

Bereits vor dem jetzt ergangenen offiziellen Bescheid der Kommission hatte Essent mit der Stadt Bremen vereinbart, daß diese ihr Vorkaufsrecht auf die 51-Prozent-Beteiligung an swb ausübt, um die kartellrechtlichen Bedenken gegen die Fusion mit RWE auszuräumen. Die Stadt wollte anschließend 25,9 Prozent an die Oldenburger EWE weiterverkaufen, die bereits 49 Prozent an swb besitzt. Für die restlichen 25,1 Prozent sollte ein anderer Käufer gefunden werden (090410). Anscheinend ist dies aber nicht gelungen, denn am 23. Juni teilte die Stadt mit, daß sie auch dieses Aktienpaket der EWE übertragen werde, sofern das Bundeskartellamt zustimmt. Die swb würden damit eine hundertprozentige Tochter von EWE - mit Ausnahme einer einzigen Aktie, mit der sich Bremen weiterhin symbolisch an seinen ehemaligen Stadtwerken beteiligt.

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