Februar 2009 |
090213 |
ENERGIE-CHRONIK |
Am 23. Februar veröffentlichte auch der Rat der europäischen Regulatoren (CEER) seinen 4. Vergleichsbericht zur Versorgungssicherheit in den Ländern der EU. Der 177 Seiten starke Bericht enthält aber nur wenig Daten, die sich tatsächlich direkt miteinander vergleichen lassen, weil die Methodik zu uneinheitlich ist. Das gilt auch für die hier abgebildete Grafik, die lediglich sieben Länder vergleicht. Zum Beispiel ist in Frankreich das tatsächliche Ausfallrisiko höher, als die Kurve vermuten läßt. Für Deutschland sind nur die beiden von der Bundesnetzagentur ermittelten Werte angegeben. Sie zeigen immerhin, daß es hierzulande mit der Versorgungssicherheit noch immer am besten bestellt ist. |
Die Versorgungssicherheit im deutschen Stromnetz ist wieder besser geworden. Das ergibt sich aus den Erhebungen, die von der Bundesnetzagentur zum zweitenmal seit Inkrafttreten des neuen Energiewirtschaftsgesetzes vorgenommen wurden. Wie die Behörde am 18. Februar mitteilte, lag 2007 die Nichtverfügbarkeit von Strom in Deutschland bei durchschnittlich 19,25 Minuten je Letztverbraucher. Dagegen betrug 2006 dieser Wert noch 21,53 Minuten. Die deutsche Stromversorgung ist damit weiterhin die am wenigsten störanfälligste in Europa (siehe Tabelle). Die Versorgungsqualität liegt aber noch immer unter dem früheren Stand, der beispielsweise 2001 mit 15 Minuten erreicht wurde.
Die genannten Zahlen enthalten nur ungeplante Unterbrechungen der Stromversorgung, die länger als drei Minuten dauerten und nicht durch "höhere Gewalt" verursacht wurden. Bezieht man jene Unterbrechungen mit ein, die nach Angaben der Netzbetreiber durch "höhere Gewalt" entstanden, so lag die Nichtverfügbarkeit je Letztverbraucher im Jahr 2007 bei 35,67 Minuten (Vorjahr 23,25 Minuten). Die Erhöhung gegenüber dem Vorjahr ist vor allem auf Schäden an Übertragungs- und Verteilernetzen zurückzuführen, die der Orkan "Kyrill" im Januar 2007 verursachte (070105).
Bei der Mittelspannung, mit der nur größere Letztverbraucher versorgt werden, machten sich die Unterbrechungen gut sechsmal stärker bemerkbar als bei der Niederspannung zur Versorgung von Haushaltskunden und Kleingewerbe: Der Gesamtwert für 2007 setzt sich zusammen aus 18,67 Minuten für Mittelspannungskunden (34449 Unterbrechungen) und 2,86 Minuten für Niederspannungskunden (193624 Unterbrechungen).
Insgesamt haben 858 Netzbetreiber rund 236.000 Versorgungsunterbrechungen übermittelt. Nach kritischer Sichtung der Angaben verblieben 825 Unternehmen, aus deren Daten die Bundesnetzagentur den sogenannten SAIDI-Wert (System Average Interruption Duration Index) errechnete. Dieser Wert gibt die durchschnittliche Versorgungsunterbrechung in Minuten je angeschlossenem Letztverbraucher an. Andere Methoden zur Bestimmung der Versorgungsqualität sind der CAIDI (Customer Average Interruption Duration Index) als Maß dafür, wie lange die Unterbrechung eines Kunden im Durchschnitt dauert, und der SAIFI (System Average Interruption Frequency Index) als Wert für die Unterbrechungshäufigkeit pro Kunde und Jahr.
Bis 2005 ermittelten die deutschen Netzbetreiber die Versorgungsqualität auf freiwilliger Basis, zunächst ab 1994 in der "VDEW Störungs- und Schadensstatistik" und ab 2004 in der "VND Störungs- und Verfügbarkeitsstatistik". Seit Inkrafttreten des neuen Energiewirtschaftsgesetzes im Juli 2005 müssen die Netzbetreiber gemäß § 52 EnBW der Bundesnetzagentur bis zum 30. Juni eines Jahres einen Bericht über alle in ihrem Netz im letzten Kalenderjahr aufgetretenen Versorgungsunterbrechungen vorlegen. Unter anderem ist die durchschnittliche Versorgungsunterbrechung in Minuten je Letztverbraucher anzugeben. Die Anreizregulierungsverordnung wiederum sieht vor, daß die so ermittelte Versorgungsqualität nach § 21 ARegV einer der Maßstäbe für die Höhe der Investitionen ist, die der Netzbetreiber zu tätigen hat.
Beim internationalen Vergleich von SAIDI-Werten ist Vorsicht angebracht. Erhebliche Unschärfen ergeben sich bereits durch die unterschiedliche Breite und Zuverlässigkeit der Datenerhebung. Hinzu kommen unterschiedliche Berechnungsmethoden. Das fängt schon an mit der Anzahl der berücksichtigten Spannungsebenen, die zwischen ein und drei schwanken kann (Nieder-, Mittel- und Hochspannung). Dann unterscheiden manche Länder zwischen ungeplanten und geplanten Unterbrechungen, während andere beides zusammenfassen. Oder es werden Unterbrechungen, die auf "höhere Gewalt" zurückzuführen sind, das eine Mal mit- und das andere Mal herausgerechnet.
Sogar für ein und dasselbe Land sind die SAIDI-Werte nur bedingt vergleichbar. Zum Beispiel haben die Statistiken von VDEW und VDN jede Unterbrechung ab einer Sekunde als Versorgungsunterbrechung gewertet (darunter galt die Unterbrechung als Beeinträchtigung der Spannungsqualität). Die Bundesnetzagentur verwendet dagegen ein 180-fach gröberes Raster, bei dem erst ab drei Minuten von einer Versorgungsunterbrechung ausgegangen wird. Die Behörde übernimmt damit eine international übliche Norm, die vom Rat der europäischen Regulierungsbehörden (CEER) empfohlen wird und sich als Standard in der EU durchzusetzen beginnt. Die so ermittelten Werte von 21,53 Minuten für 2006 und 19,25 Minuten für 2007 sind aber im Grunde beide schlechter als die 19,3 Minuten für 2005, weil letztere nach strengeren Kriterien ermittelt wurden.
Durchschnittliche Nichtverfügbarkeit der Stromversorgung je Letztverbraucher in Minuten pro Jahr |
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2004 | 2005 | 2006 | |
Deutschland | 22,9 | 19,3 | 21,53 |
Niederlande | 23 | 26 | 36 |
Dänemark | 30 | 101 | 43 |
Österreich | 30,3 | 31,4 | 48,1 |
Italien | 91 | 80 | 64 |
Großbritannien | 68 | 60,7 | 72,7 |
Frankreich | 64,6 | 61,8 | 98,9 |
Schweden | 56 | 309 | 99,6 |
Irland | 162 | 154 | 124 |
Ungarn | 139 | 122 | 128 |
Litauen | 191 | 374 | 169 |
Portugal | 148,81 | 142,82 | 152,08 |
Slowakei | 300 | 260 | 239 |
Estland |
k.A.
|
468,8 | 266 |
Polen | 419,4 | 429 | 360 |
Finnland | 103 | 176 |
k.A.
|
Quelle: EU-Kommission/CEER-Datenbank |