August 2008

080809

ENERGIE-CHRONIK


"Russischer Einmarsch in Georgien gefährdet Nabucco-Pipeline nicht"

Die Spannungen zwischen Rußland und Georgien verschärften sich Anfang August bis zu kriegsmäßigen Auseinandersetzungen, wobei russische Truppen nicht nur die abtrünnigen Provinzen Süd-Ossetien und Abchasien besetzten, sondern auch auf georgisches Gebiet vordrangen. Der Ölkonzern British Petroleum schloß wegen des Krieges am 12. und 13. August vorsorglich vorübergehend die Western Route Export Pipeline (WREP) und die South Caucasus Pipeline (SCP). Georgien hatte Rußland vorgeworfen, auch die Öl-Leitungen zu bombardieren. Nach Angaben von BP wurde jedoch keine der Leitungen beschädigt.

Für die geplante Pipeline "Nabucco", die in der Türkei beginnt und von dort nach Westeuropa führt (links), ist Georgien ein wichtiges Transitland für vorgelagerte Einspeisungen aus Aserbaidschan. Leitungen durchs Kaspische Meer sollen zusätzlich die Einspeisung aus Kasachstan (oben) und Turkmenistan (unten) ermöglichen.

Die geplante Gaspipeline Nabucco sei durch den Konflikt in Georgien nicht gefährdet, sagte der OMV-Manager Reinhard Mitschek als Chef der verantwortlichen Projektgesellschaft am 13. August im Deutschlandradio. Investoren und Anteilseigner verfolgten das Projekt weiterhin mit großem Engagement. Er widersprach damit Prognosen, die russische Intervention könnte die Nabucco-Pläne endgültig scheitern lassen, weil Georgien nun nicht mehr das sichere Transitland für Nabucco-Zulieferungen aus Aserbaidschan und Turkmenistan sei, als das es bisher angesehen wurde (siehe Karte). Schon vor dem Einmarsch in Georgien hat die russische Gazprom den Gasförderländern Aserbaidschan, Turkmenistan und Kasachstan lukrative Abnahmeverträge angeboten, damit das Nabucco-Projekt mangels Zulieferung aus dieser Region nicht mehr rentabel verwirklicht werden kann.

In einem Interview mit der "Frankfurter Allgemeinen" (29.8.) bekräftigten Mitschek und der RWE-Manager Stefan Judisch das Festhalten an dem Projekt. "Die Nabucco-Pipeline führt nicht durch Georgien", stellte Mitschek fest. "Die vorgelagerten Pipelines reichen von Zentralasien über Iran, den irak und Ägypten in die Türkei. Wir haben mehrere Quellen, die wir nutzen können."

Mitschek beantwortete bei dieser Gelegenheit auch die Frage, wie es zu der Namensgebung "Nabucco" gekommen sei: Bei der ersten Vereinbarung zu diesem Projekt, die Ende 2002 zwischen Unternehmen aus Österreich, Ungarn, Bulgarien, Rumänien und der Türkei in Wien getroffen wurde, habe die gastgebende OMV die Beteiligten anschließend in die Wiener Staatsoper eingeladen, auf deren Spielplan gerade "Nabucco" stand.

Die 3300 Kilometer lange Nabucco-Leitung soll die EU ab dem Jahr 2013 an die Erdgasquellen im kaspischen Raum anschließen (060605). In das Projekt ist im Frühjahr auch der Essener RWE-Konzern als Partner eingestiegen (080206). Es dient in erster Linie dem Zweck, die Abhängigkeit Europas von russischen Erdgaslieferungen zu vermindern. Der russische Einmarsch in Georgien dürfte deshalb die EU eher noch bestärkt haben, Nabucco zu verwirklichen.

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