November 2008

081121

ENERGIE-CHRONIK


Personalia

Sigmar Gabriel (49) ließ sich zum zweiten Mal als Bundesumweltminister für den sogenannten Klimakongreß der Energie Baden-Württemberg (EnBW) einspannen. Auf der ersten Veranstaltung vor zwei Jahren hatte er den damaligen EnBW-Chef Utz Claassen als "Pfadfinder in Sachen Klimaschutz" gelobt (060912). Auf dem dritten "Deutschen Klimakongreß", den der Kernkraftwerkbetreiber am 26. November in Berlin veranstaltete, gerierte er sich etwas kritischer: "Wer den Stromkonzernen die Windfallprofits in Milliardenhöhe überläßt, hat keine Sicherheit, daß diese Gewinne auch in neue Kraftwerke investiert werden." Der Schreck der PR-Strategen über den aufmüpfigen Gastredner hielt sich allerdings in Grenzen, denn es handelte sich nur um die Einleitung zu einer Ankündigung, die alle Kraftwerksbetreiber entzücken muß: Gabriel will einen Teil der Erlöse aus der vollständigen Versteigerung der Emissionsberechtigungen abzweigen, um den Neubau von Kraftwerken zu bezuschussen.

Am Abend durfte Gabriel dann im Tipi-Zelt am Kanzleramt dem australischen Premier Kevin Rudd den "EnBW-Klimapreises 2008" verliehen und die Laudatio auf den Politiker-Kollegen halten, der durch die Unterzeichnung des Kyoto-Protokolls noch am Tag seiner Amtsübernahme die Front der Kyoto-Verweigerer aufgebrochen habe. Rudd war per Video zugeschaltet.

Wolfgang Clement (68), ehemaliger Bundeswirtschaftsminister und inzwischen ganz offiziell Interessenvertreter des RWE-Konzerns, ist vor der Bundesschiedskommission der SPD erwartungsgemäß mit einer Rüge davongekommen. Anschließend düpierte er jedoch die alte Schröder-Garde, die schützend ihre Hand über ihn gehalten hatte, indem er von sich aus das Parteibuch hinwarf. Die Genossen der Basis, die im Juli zunächst den Ausschluß aus der Partei erwirkt hatten (080715), können sich nun bestätigt fühlen. Clement hatte den Rauswurf provoziert, indem er es ablehnte, sich von seiner Wahlkampfhilfe für die hessische CDU zu distanzieren (080115). Im Grunde fokussierte sich aber auf die Person des arroganten Selbstdarstellers der Unmut vieler Sozialdemokraten über den Niedergang der Partei, den neben Schröders neoliberalen "Reformen" auch die liebedienerische Haltung der rot-grünen Koalition gegenüber den Energiekonzernen bewirkt hat.

Hildegard Müller (41), früher rechte Hand von Bundeskanzlerin Angela Merkel und seit Oktober Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (080712), debütierte inzwischen in ihrer neuen Rolle als oberste BDEW-Lobbyistin. Der "Süddeutschen Zeitung" gab sie am 22. November ein ziemlich nichtssagendes Interview, das die Zeitung brav unter der Überschrift "Wir müssen damit leben, daß Energie teurer wird" abdruckte. In einem weiteren Interview mit dem Magazin "Focus" (27.11.) brach sie eine Lanze für Elektroautos, wobei das Magazin seine Unbedarftheit wieder mal offenbarte, indem es den einzigen wirklich problematischen Punkt – die nach wie vor unzureichende Ergiebigkeit von Akkumulatoren oder die Probleme mit Brennstoffzellen - überhaupt nicht ansprach. Für den Platz im CDU-Präsidium, den Müller bisher innehatte, kandidiert beim CDU-Bundesparteitag Anfang Dezember der Chef der Jungen Union, Philipp Mißfelder.

Klaus Steiner (43), bisher Geschäftsführer der Kreiswerke Grevenbroich GmbH, wird ab 1. Januar 2009 beim Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) die Vertretung für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) leiten. Er tritt die Nachfolge von Walter Geißler (53) an, der seit Mai 2008 diesen Posten innehatte (080416) und noch im Juli das 3. BDEW-Forum für kleinere Stadtwerke moderierte. Geißler hielt es anscheinend nicht lange in dieser Tätigkeit aus. Seit Anfang November arbeitet er sich bei den Stadtwerken Altdorf als Nachfolger des dortigen Geschäftsführers Winfried Klinger ein, der im neuen Jahr zu den Stadtwerken Schwabach wechselt. Beim BDEW müssen zwischendurch wieder Gerd D. Lochner und Michaela Schmitz ran, die den Bereich KMU schon unmittelbar nach dessen Einrichtung im Herbst 2007 kommissarisch geleitet hatten.

Ab Januar wird also Steiner die undankbare Aufgabe haben, die kleineren Mitglieder des BDEW davon zu überzeugen, daß der Verband ihre Interessen genauso vertritt wie die der vier Konzerne. Sein bisheriges Unternehmen ist ein reiner Wasserversorger. Zuvor war er aber bei der rhenag Rheinische Energie AG (bis 1996) und bei der evd Energieversorgung Dormagen (bis 2006) tätig. Insofern bringt er nicht nur Erfahrungen aus der Energiewirtschaft mit, sondern auch den eher hinderlichen Stallgeruch des RWE-Konzerns. Die Rhenag ist nämlich bis heute eine RWE-Tochter. An den Stadtwerken Dormagen hielt der Konzern eine Beteiligung von 49 Prozent, bevor er sie 2005 der RheinEnergie überließ, die ihm zu zwanzig Prozent gehört.