April 2008

080413

ENERGIE-CHRONIK


E.ON forciert die Müllverbrennung und will damit vor allem im Ausland wachsen

Die E.ON Energy from Waste AG (EEW) begann im April mit dem Bau einer neuen Müllverbrennungsanlage im niederländischen Delfzijl (Provinz Groningen). Sie soll ab 2010 bis zu 105.000 MWh Strom und 700.000 Tonnen Prozeßdampf erzeugen. Ab Mitte des Jahres wird in Luxemburg ein weiteres Projekt in Angriff genommen. Außerdem sind Anlagen in Großbritannien, Polen und der Türkei geplant. "Wir wollen bei der Energieerzeugung aus Abfall führend sein, in Deutschland und in Europa", sagte EEW-Chef Carsten Stäblein dem "Handelsblatt" (31.3.). Bis 2015 will EEW vor allem im Ausland wachsen und dabei den Umsatz auf mehr als eine Milliarde Euro vervierfachen.

Nach 135 Jahren wurde aus der Braunschweigischen Kohlen-Bergwerke AG (BKB) die "E.ON Energy from Waste". Auf diesem Bild posieren (v.l.) der Vorstandsvorsitzende Carsten Stäblein, die Arbeitsdirektorin Veronika Keller-Lauscher und das bisherige Vorstandsmitglied Roland Scharf mit dem neuen globalesischen Firmennamen.

Braunkohleverstromung und energetische Abfallverwertung sind jetzt separate Geschäftsbereiche

Die EEW ist die Fortsetzung der BKB, unter deren Dach die Muttergesellschaft E.ON Energie bisher sowohl die Braunkohleverstromung im Helmstedter Revier (Kraftwerk Buschhaus) als auch die Müllverbrennung angesiedelt hatte. Seit 1. April 2008 ist die EEW als Tochter der E.ON Kraftwerke GmbH und "Enkelin" der E.ON Energie für die gesamte Abfallverbrennung zuständig, während das Kraftwerk Buschhaus, der Tagebau Schöningen und ein Teil der bisherigen BKB-Zentrale als "Revier Helmstedt" direkt der E.ON Kraftwerke GmbH zugeschlagen wurden.

Nach der Einverleibung des saarländischen Müllverbrenners Sotec sieht sich die EEW mit einem Anteil von annähernd 20 Prozent als Marktführer in Deutschland. Über elf Tochterunternehmen betreibt sie Anlagen in Göppingen, Hannover, Stapelfeld, Premnitz, Rothensee, Buschhaus, Pirmasens, Neunkirchen, Velsen, Eschbach und auf der Insel Madeira. Diese verfügen über eine Verbrennungskapazität von zirka 3,5 Mio. Tonnen Abfall pro Jahr und erzeugen ungefähr 1.600 Gigawattstunden Fernwärme und 1.200 Gigawattstunden Strom. Die Gruppe beschäftigt 970 Mitarbeiter.

Die Proteste gegen das Kraftwerk Buschhaus beschäftigten sogar zweimal den Bundestag

Die BKB AG (Braunschweigische Kohlen-Bergwerke AG) entstand 1873 aus dem Zusammenschluß von sieben bergbautreibenden Kleinunternehmen im Helmsteder Braunkohlerevier. 1925 übernahmen die Elektrowerke (AEG) und RWE die BKB-Aktien. Ende der zwanziger Jahre gelangten die RWE-Anteile durch einem Aktientausch an die PreussenElektra, auf die 1986 auch die Anteile der Elektrowerke übergingen, so daß BKB zu einer PreussenElektra-Tochter wurde.

Nach dem zweiten Weltkrieg verlor das Helmstedter Unternehmen durch die Teilung Deutschlands unter anderem den Tagebau Wulfersdorf und das Kraftwerk Harbke im heutigen Sachsen-Anhalt. Ersatzweise errichtete die BKB das Kraftwerk Offleben, das bis zur Erschöpfung des Helmstedter Tagebaues im Jahre 2002 in Betrieb war. Außerdem ging 1985 das Kraftwerk Buschhaus ans Netz, um dessen Errichtung es seit Anfang der achtziger Jahre heftige Auseinandersetzungen gab, weil es noch vor Inkrafttreten der ersten Großfeuerungsanlagenverordnung vom Juni 1983 (040706) ohne Rauchgasentschwefelungsanlage genehmigt worden war. Umweltschützer liefen dagegen Sturm und sprachen von der"Dreckschleuder der Nation", zumal Buschhaus die schwefelhaltige "Salzkohle" aus dem neuen Tagebau Schöningen verfeuern sollte. BKB erklärte sich schließlich zum nachträglichen Einbau einer Entschwefelung bereit, wollte aber nicht bis zu deren Fertigsstellung warten, sondern das Kraftwerk schon vorher ohne Rauchgasreinigung in Betrieb nehmen. Die fortdauernde Protestbewegung ließ schließlich sogar die CDU/FDP-Koalition in Bonn kriseln und beschäftigte zweimal den Bundestag, der am 31. Juli 1983 in einer Sondersitzung die Inbetriebnahme mit der Auflage genehmigte, daß bis zur Fertigstellung der Entschwefelung nur Normalbraunkohle aus dem alten Tagebau bei Helmstedt verwendet werden durfte. Die Rauchgasentschwefelungsanlage wurde dann 1987 in Betrieb genommen.

E.ON verfügt nur noch an zwei Standorten über Braunkohlekraftwerke

Seit der Einstellung der Brikettproduktion und des Rohkohleverkaufs im Jahr 1974 entwickelte sich das Unternehmen zum reinen Stromerzeuger. Zudem entstand aus der "Thermischen Restabfallvorbehandlungsanlage Buschhaus" (TVR), die 1998 in Betrieb ging, die energetische Abfallverwertung als neuer Geschäftszweig. Inzwischen hat nur noch dieser eine langfristige Perspektive, denn der Tagebau Schöningen wird das Kraftwerk Buschhaus nur noch bis zum Jahr 2017 mit Braunkohle versorgen können. Der ehemalige Tagebau Helmstedt, der früher Offleben und anfangs auch noch Buschhaus belieferte, soll gemeinsam mit dem ehemaligen DDR-Tagebau Wulfersdorf zu einem 400 Hektar großen See umgewandelt werden.

Infolge der Stillegung von Offleben, Arzberg und Schwandorf (001003) verfügt E.ON lediglich in Buschhaus (352 MW) und Schkopau (900 MW) noch über Braunkohlekraftwerke. Die Mehrheitsbeteiligung an den beiden Blöcken in Schkopau hat E.ON Energie von der früheren Veba Kraftwerke Ruhr (VKR) geerbt (960706).

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