Juni 2005 |
050602 |
ENERGIE-CHRONIK |
Wegen der hohen Strompreise in Deutschland will der Aluminiumhersteller Norsk Hydro sein Werk in Stade bis spätestens Ende 2006 zu schließen. Ferner plant er im Einvernehmen mit den beiden Miteigentümern Alcoa und Austria Metall für Ende 2005 die Stillegung von Schmelzhütte und Anodenfabrik der Hamburger Aluminium-Werk GmbH (HAW). In Stade würden dadurch 420 und in Hamburg 450 Arbeitsplätze verloren gehen. Stromlieferanten sind bisher RWE (Stade) und die zum Vattenfall-Konzern gehörenden Hamburgischen Electricitäts-Werke (HEW). Beide Stromverträge laufen noch bis Ende 2005.
Die Bundesregierung kündigte Gespräche mit Norsk Hydro an, um die Schließung der beiden deutschen Aluminiumwerke zu verhindern. Die Hamburgischen Electricitäts-Werke offerierten eine Verlängerung des laufenden Strombezugsvertrags um ein halbes Jahr, um Zeit für Sanierungsmaßnahmen und den Abschluss eines längerfristigen Vertrags zu gewinnen. Norsk Hydro sah darin jedoch "kein verhandlungsfähiges Angebot".
Norsk Hydro hatte das Werk in Stade sowie eine Drittelbeteiligung an der HAW erst vor zwei Jahren erworben, als er vom E.ON-Konzern die Vereinigte Aluminium-Werke Aktiengesellschaft (VAW) kaufte (020114). Die VAW war der größte deutsche Aluminiumproduzent. Sie wurde 1917 als staatliches Unternehmen gegründet und gehörte seit 1923 zum Viag-Konzern, aus dessen Verschmelzung mit dem ursprünglich ebenfalls staatlichen Veba-Konzern im Jahr 2000 der E.ON-Konzern hervorging. Bei seinem Verkauf an Norsk Hydro im Jahr 2002 beschäftigte er 16.000 MItarbeiter an über fünfzig Standorten in Europa, Amerika und Asien.
Bei der Übernahme der VAW habe man das Auslaufen der Stromverträge für die deutschen Schmelzhütten einkalkuliert, hieß es in einer Pressemitteilung des norwegischen Aluminiumkonzerns vom 16. Juni. Die Strompreise seien jedoch stärker gestiegen als erwartet. Zudem habe der Euro gegenüber dem US-Dollar fast 30 Prozent an Wert gewonnen.
"Die Deregulierung des Strommarktes hat nicht zu mehr Effizienz geführt", erklärte Jon-Harald Nilsen, der Leiter des Geschäftsfeldes Aluminium bei Norsk Hydro. Der Strompreis habe ein Niveau erreicht, das keinen weiteren Betrieb von energieintensiven Aktivitäten erlaube. Das Unternehmen habe mit allen Lieferanten auf dem deutschen Energiemarkt Gespräche geführt, aber es sei ihm nicht gelungen, Stromverträge zu Konditionen abzuschließen, die eine weitere Produktion von Primäraluminium in diesen Anlagen zulassen.
Bereits im Dezember 2004 nahm Norsk Hydro eine Neubewertung ihrer deutschen Aluminiumhütten vor, wobei Stade und der Anteil an den HAW auf Null abgeschrieben wurden. Stade ist die kleinste Aluminiumhütte in Deutschland mit einer Kapazität von 71.000 Tonnen pro Jahr und einer arbeitsintensiven alten Technologie. Nach den Schließungen in Stade und Hamburg soll die Aluminiumproduktion in Deutschland im Werk Neuss konzentriert werden, das über eine Kapazität von 223.000 Tonnen Primäraluminium pro Jahr verfügt. Das Unternehmen will dort Kosteneinsparungen von mehr als 20 Millionen Euro pro Jahr erreichen und so ein Drittel des erwarteten Anstiegs der Stromkosten in Deutschland ausgleichen.
Im vergangenen Jahr produzierte Norsk Hydro insgesamt 1,7 Millionen Tonnen Primäraluminium. Infolge von Produktionsausweitungen in Norwegen und Kanada wird in diesem Jahr ein noch höherer Ausstoß erwartet.