Januar 2005 |
050105 |
ENERGIE-CHRONIK |
Die Energie Baden-Württemberg (EnBW) nötigte Anfang Januar den Karlsruher Sportclub (KSC), seinen neuen Cheftrainer Reinhold Fanz zu entlassen. Der Cheftrainer war erst eine Woche zuvor vom KSC berufen worden. Die EnBW hatte damit gedroht, den laufenden Sponsorenvertrag nicht mehr zu erneuern, falls Fanz weiter für den KSC tätig bleibe.
Den Hintergrund bildet eine sieben Jahre zurückliegende Auseinandersetzung zwischen Fanz und EnBW-Chef Claassen beim Fußballclub Hannover 96: Fanz war damals Trainer und Claassen der Präsident des Fußballclubs. Im Zuge personalpolitischer Entscheidungen hatte Fanz in einem Interview dem Clubpräsidenten sämtlichen Fußball-Sachverstand abgesprochen. Claassen hatte daraufhin einen Gerichtsbeschluß erwirkt, der Fanz die Wiederholung dieser Äußerung untersagte.
In einer Pressemitteilung vom 28. Dezember 2004 begründete die EnBW ihren Widerstand gegen den neu berufenen Trainer zunächst nur mit angeblich mangelnder Eignung: Fanz besitze nicht "das sportliche und persönliche Format, um die Profis des Karlsruher Zweitligisten nach vorn und gar in die Erste Bundesliga zu führen". Man fühle sich durch seine Berufung "überrumpelt und geradezu brüskiert, denn eine angemessene informative und konsultative Einbeziehung des Hauptsponsors hat nicht stattgefunden".
In einer weiteren Stellungnahme vom 29. Dezember wies die EnBW Pressemeldungen zurück, "die die negative Bewertung der Trainerauswahl durch die EnBW auf frühere Vorgänge zwischen Reinhold Fanz und dem EnBW-Vorstandsvorsitzenden Prof. Dr. Utz Claassen zurückführen wollen". Solche "Spekulationen" seien "abwegig". Claassen befinde sich derzeit in Urlaub und habe sich zu keiner Zeit um den KSC betreffende Einzelfragen gekümmert. Die Ablehnung von Fanz sei vielmehr allein die Entscheidung des zuständigen EnBW-Vorstands für Marketing und Vertrieb, Detlef Schmidt. Der alte Streit mit Claassen habe bei der "negativen Bewertung" des Trainers durch Schmidt "keine Rolle gespielt".
Am 30. Dezember veröffentlichte die EnBW eine Stellungnahme des "Konzernvorstands der EnBW". Darin wurde dem KSC mit der Beendigung des Sponsorenverhältnisses zum frühestmöglichen Termin gedroht, falls Fanz weiter beschäftigt werde. Ausdrücklich wurde nun auch der alte Konflikt zwischen Fanz und Claassen als Ursache der Ablehnung genannt: Der EnBW-Vorstand könne sich nicht vorstellen, "nachhaltig mit einem Verein oder einer sonstigen Institution zu kooperieren, der bzw. die Führungspersonal beschäftigt, welches sich in herabsetzender Weise über das Unternehmen oder seine Spitzenvertreter äußert oder in der Vergangenheit geäußert hat". Die bisherigen Verlautbarungen zu diesem Punkt hätten lediglich die Ansicht des Bereichsvorstandes Detlef Schmidt wiedergegeben.
Am 4. Januar teilte die EnBW mit, daß der KSC seinen Trainer Fanz ab sofort beurlauben werde. Präsidium und Verwaltungsrat des KSC stimmten mit der EnBW darin überein, daß man Fanz "auf der Grundlage unvollständiger Informationen" berufen habe. Als weiteres Ergebnis eines "offenen und freimütigen Informations- und Meinungsaustausches" habe die EnBW ihre Sponsoring-Engagement beim KSC bestätigt und bestärkt. Dem Vernehmen nach soll dieses einen Gesamtumfang von 12,9 Millionen Euro haben und dem KSC pro Saison rund 800.000 Euro sichern.
Das rüde Verhalten der EnBW gegenüber dem KSC nährte erneut Zweifel, ob Claassen und sein Kommunikationschef Hermann Schierwater die richtige Besetzung an der Spitze des südwestdeutschen Stromversorgers sind, dessen gleichberechtigte Hauptaktionäre der französische Staatskonzern EDF und baden-württembergische Kommunen sind. Ähnlich groteske Züge trugen der Konflikt mit den Stadtwerken Düsseldorf (040506, 041104), die Entlassung des KKW-Leiters Eberhard Grauf (041213) und der Streit mit Wirtschaftsminister Pfister (041112). Der CDU-Politiker Andreas Renner charakterisierte Claassen deshalb als "Rambo unter den deutschen Managern". Damit löste er freilich nur eine weitere rüde Reaktion der Karlsruher EnBW-Spitze aus (siehe 050106).