Juli 2003

030715

ENERGIE-CHRONIK


US-Energiekonzern Mirant beantragt Gläubigerschutz

Der US-Energiekonzern Mirant hat am 15. Juli 2003 Gläubigerschutz nach Artikel 11 des amerikanischen Konkursrechts beantragt. Vorausgegangen waren ergebnislose Umschuldungsverhandlungen. Die Verbindlichkeiten des Konzerns belaufen sich auf insgesamt rund 11,4 Milliarden Dollar. Darunter befinden sich auch Forderungen deutscher Großbanken in Höhe von rund 1,2 Milliarden Dollar. Dem "Handelsblatt" (16.7.) zufolge sind unter anderem Hypo-Vereinsbank, Dresdner Bank, Commerzbank, Deutsche Bank und Bayerische Landesbank vom Mirant-Zusammenbruch betroffen.

Ehemaliger Großaktionär der Bewag

Mirant firmierte bis Anfang 2001 unter dem Namen Southern Energy (010123). Auf dem deutschen Strommarkt erwarb Southern/Mirant 1997 eine 26-prozentige Beteiligung an der Berliner Bewag (971010), die im Zuge der Auseinandersetzungen mit HEW um den Verkauf der E.ON-Beteiligungen an der Bewag (010306) im Jahr 2001 auf 45 Prozent aufgestockt (010401) und noch im selben Jahr für 1,63 Milliarden Dollar an den Vattenfall-Konzern verkauft wurde (011201). Schon zu diesem Zeitpunkt war Mirant von einer Rating-Agentur wegen hoher Verschuldung auf Junk-Bond-Status herabgestuft worden (020501).

Weitere Pleite nach NRG Energy , National Energy Group, TXU Europe und Enron

Der Mirant-Konkurs ist, gemessen an der Bilanzsumme, die zehntgrößte Insolvenz in der US-Unternehmensgeschichte. Zuvor hatten in diesem Jahr bereits die regionalen Energieunternehmen NRG Energy und National Energy Group Konkurs angemeldet. Andere Unternehmen wie Dynegy (021010) und Reliant (020501) konnten durch Umschuldung den Zusammenbruch bisher abwenden. Der in Dallas ansässige Energiekonzern TXU zog sich Ende 2002 aus seinen verlustreichen Geschäften in Europa zurück, indem er die Tochter TXU Europa Insolvenz anmelden ließ (021109).

Auch NRG Energy hatte sich auf dem deutschen Markt engagiert. So stieg das Unternehmen1993 in die ostdeutsche Braunkohleförderung ein (931204), errichtete gemeinsam mit VKR das Kraftwerk Schkopau (960706), bewarb sich um eine Beteiligung an den Leipziger Stadtwerken (980608) und trat zusammen mit EnBW als Kaufinteressent für die Veag auf ( 001006).

Dem US-Energiekonzern TXU stand  auf der Liste der weltweit größten Stromversorger nach Mirant an achter Stelle (010402). In Deutschland gehörten ihm Beteiligungen an den Stadtwerken Braunschweig (020506) und Kiel (000708) inklusive der Stromvertriebstochter ares-enegie-direkt (010504). Darüber hinaus hatte er sich unter anderem um den Einstieg bei den Bremer Stadtwerken (000606) und bei der Energie Baden-Württemberg (990908) bemüht.

Enron darf nicht mehr mit Strom und Gas handeln

Begonnen hatte die Pleite-Serie im Dezember 2001, als der damals weltweit größte Energiehändler Enron Insolvenz anmeldete (011210). Der Enron-Konkurs löste einen Skandal aus, der zahlreiche andere US-Energieunternehmen erschütterte (020501), die kalifornische Stromkrise in neuem Licht erscheinen ließ (030410) und die US-Regierung ins Zwielicht rückte (020104). Aufgrund der bekanntgewordenen betrügerischen Praktiken entzog die amerikanische Aufsichtsbehörde FERC dem Unternehmen jetzt förmlich die Erlaubnis zum Handel mit Strom und Gas. Dem Konkursgericht liegt inzwischen ein Sanierungsplan vor, der das Insolvenzverfahren abschließen soll. Der Großteil der Gläubiger wird demnach allenfalls mit einem Fünftel der Summen rechnen dürfen, die Enron ihnen schuldet. Die Aktionäre gehen leer aus, was für zahlreiche ehemalige Enron-Mitarbeiter den Verlust ihrer Altersvorsorge bedeutet.

Enron war auf dem deutschen Markt seit 1995 aktiv und erhielt 1998 die Zulassung als Strom- und Gasversorger (980811). Enron betätigte sich in Deutschland hauptsächlich als Stromhändler (990108), kaufte aber auch die ehemalige Tacke Windtechnik (971019) und zeigte zeitweilig Interesse am Einstieg bei der Berliner Bewag (961208)