Auszug aus dem Protokoll der 40. Sitzung des Deutschen Bundestags am 10. April 2003 ("Aktuelle Stunde" zum Wechsel des früheren Bundeswirtschaftsministers Werner Müller ins Amt des RAG-Vorstandsvorsitzenden)


VizepräsidentDr. Hermann Otto Solms:
Ich rufe den Zusatzpunkt 4 auf: Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion der FDP - "Haltung der Bundesregierung zur Berufung des früheren Bundeswirtschaftsministers Werner Müller zum Vorstandsvorsitzenden des RAG-Konzerns". Ich eröffne die Aussprache. Als erster Redner hat der Kollege Rainer Brüderle von der FDP-Fraktion das Wort.

(Beifall bei der FDP - Dirk Niebel [FDP]: Die SPD traut sich gar nicht! Sie hat nur einen Redner und keiner kommt her!)
Rainer Brüderle (FDP):
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sind Zeugen eines unglaublichen Skandals.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich möchte meine Rede mit einem entsprechenden Zitat beginnen: Ex-Wirtschaftsminister Müller hat dem Ansehen der Regierung erheblichen Schaden zugefügt

(Dirk Niebel [FDP]: Und Deutschland!)

und Deutschland einen schlechten Dienst erwiesen. Dies sagte der damalige Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye, der mit diesen Worten den Wechsel des EU-Kommissars Bangemann in den Verwaltungsrat einer Telekommunikationsgesellschaft kommentiert hat.

Bangemann war lediglich zuständig für die Deregulierung eines Marktes. Hier haben wir aber einen ungleich dramatischeren Fall. Herr Müller hat die Verlängerung der Steinkohlesubventionen in Brüssel persönlich ausgehandelt. Er hat diese Milliardensubvention an die Ruhrkohle AG auszahlen lassen.

(Zuruf von der FDP: Hört! Hört!)

Sein Haus sprach sich für die Fusion von Eon und Ruhrgas - das neue Unternehmen hat einen Marktanteil von 85 Prozent - entgegen der Entscheidung des Kartellamts und entgegen der Empfehlung der Monopolkommission aus. Die Delegation auf den Staatssekretär im Wirtschaftsministerium wirkt vor diesem Hintergrund umso peinlicher. Das ist die Dimension des Skandals.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Im Eilverfahren wurde die Fusion, die zu einem Unternehmen mit 85 Prozent Marktanteil führte, noch vor der Bundestagswahl durchgezogen. Der Eon-Vorstandsvorsitzende Hartmann ist gleichzeitig der Aufsichtsratsvorsitzende der Ruhrkohle AG; denn über 40 Prozent der Anteile an der Ruhrkohle AG hält Eon. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Im Soldatengesetz und im Beamtenrecht gibt es Konkurrenzklauseln. Es gibt Tätigkeitsverbote für Beamte und Mitarbeiter oder zumindest Übergangsfristen für den Fall, dass sie im Anschluss an ihre Tätigkeit im öffentlichen Dienst auf dem gleichen Feld tätig werden. Bei dem, was hier passiert, gibt es noch nicht einmal eine Schamfrist. Wie will ich das einem kritischen jungen Menschen erklären? Bei ihm muss doch der Verdacht aufkommen, hier werde quasi ein ordnungspolitischer Judaslohn für vorherige Entscheidungen kassiert, indem er anschließend dort Vorstandsvorsitzender wird.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wie verkommen ist die deutsche Politik, dass in ihr so etwas möglich ist und die Regierung dazu schweigt! Wenn es um einen harmloseren Fall geht, der andere betrifft, wird wochenlang eine Kampagne geführt. Wenn es um die eigenen Leute geht und Herr Müller dort untergebracht wird, herrscht Funkstille und dann ist alles in Ordnung und prima.

Gemäß Umfragen aller demoskopischen Institute trauen 50 Prozent der Bevölkerung allen Parteien nichts Rechtes mehr zu. Durch Ihr Verhalten ist wieder ein Stein gelegt worden, mit dem das Vertrauen in die deutsche Politik erheblich beschädigt wird. Das ist ein mieser Stil!

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Es ist ein pharisäerhaftes Verhalten der Regierung, sich im Fall Bangemann aufzublasen - der Regierungssprecher drohte sogar rechtliche Konsequenzen an - und hier Mist hoch fünf zu machen und dazu zu schweigen. Man findet dies in Ordnung und sogar die grünen Obermoralisten finden es gut, dass Herr Müller wieder einen Job hat. Das ist wirklich keine angemessene Verhaltensweise.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Es zeigt sich, wie ein Filz aus Montanmitbestimmung, Gewerkschaften, Sozialdemokraten und von Subventionen des Staates abhängigen Unternehmen

(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Ich weiß nicht, was Sie wollen!)

hier ein Netzwerk installiert, das eine der Ursachen dafür ist, weshalb wir nicht nur im Ansehen, sondern auch bei der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit nicht mehr frühere Größenordnungen erreichen können. Dies ist die teuerste ABM-Maßnahme, die es je in Deutschland gab.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Eine solche Politik ist problematisch. Die Steinkohlesubventionen müssten aufgrund dieses Verhaltens sofort gestrichen werden. Sie werden volkswirtschaftlich unsinnig verwendet. Wir haben nicht hinreichend Geld für Bildung und ähnliches; aber im Steinkohlebereich wird die Gewährung von Subventionen verlängert. Zudem gibt es einen Deal: Die Holländer, die Italiener und die Franzosen dürfen die Zahlung von Dieselsubventionen an ihre Spediteure zulasten der deutschen Spediteure bzw. Brummifahrer verlängern, damit wir die Gewährung der unsinnigen Steinkohlesubventionen fortführen können. Derjenige, der dafür die Verantwortung trägt und ermöglicht hat, dass die Ruhrkohle AG mithilfe von Milliardensubventionen arbeiten kann, hat sich quasi vorher durch die Gewährung von Subventionen für die Steinkohle seine eigenen Vorstandsbezüge gesichert.

(Dirk Niebel [FDP]: Unglaublich!)

Das ist keine Rechtsfrage; das mag rechtlich nicht angreifbar sein.

(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Ach!)

Aber dies ist ein hundsmiserabler Stil. Wie wollen wir Vertrauen in den Staat und in die Politik schaffen, wenn oberste Führungskräfte in Deutschland, Minister des Bundes, solch eine Verhaltensweise an den Tag legen? Das ist unglaublich. Das ist ein Tiefgang, wie wir ihn in Deutschland noch nie erlebt haben.

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

Die Regierung schweigt. Wenn ein solches Vorgehen mit dem Filz aus Gewerkschaften, Mitbestimmung und der Ruhrkohle zu tun hat, ist es offenbar in Ordnung. Bei anderen Dingen hat man ganz schnell eine hohe Tonlage und kritisiert es.

(Dirk Niebel [FDP]: Scheinheiligkeit hoch drei!)

Wenn Herr Müller Anstand hätte, würde er diese Berufung nicht annehmen und sagen: Das geht nicht. So kann man nicht vorgehen. Ich kann nicht jahrelang in diesem Bereich tätig sein und für ein Mammutunternehmen die Weichen stellen und mich dann anschließend in das offenbar selbst vorbereitete Nest setzen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das ist eine moralische Katastrophe. Das ist zutiefst unanständig und hat mit Ordnungspolitik, mit der Grundausrichtung der deutschen Wirtschaftspolitik überhaupt nichts zu tun. Im Gegenteil!

(Arnold Vaatz [CDU/CSU]: Das passt aber zu dem Mann!)

Ich finde es äußerst bedauerlich. Die Regierung hat jetzt die Chance, dazu eine Erklärung abzugeben. Beim Fall Bangemann haben Sie die Backen dick aufgeblasen. Bei diesem Fall ging es um vielleicht 5 Prozent von dem, was jetzt vor uns liegt. Wenn es die Roten betrifft, ist alles in Ordnung. Wenn es um die anderen geht, ist es schändlich. Pfui Teufel!

(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

VizepräsidentDr. Hermann Otto Solms:
Das Wort hat jetzt der Kollege Wilhelm Schmidt von der SPD-Fraktion.
Wilhelm Schmidt (Salzgitter) (SPD):
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Von Herrn Brüderle etwas über Moral und Stilfragen zu hören ist fast witzig. Denn Sie sind diejenigen, die uns am allerwenigsten belehren sollten.

(Dirk Niebel [FDP]: Darüber, was Sie hier machen, kann man überhaupt nicht lachen!)

Ich könnte Ihnen lange Storys über Herrn Friderichs, Herrn Bangemann, Herrn Möllemann und Herrn Haussmann erzählen. Alle sind aus Ihren Reihen.

(Zuruf von der CDU/CSU: Das rechtfertigt das doch nicht!)

Herr Rexrodt ist sicherheitshalber gar nicht hier, damit er auf seine intensive Verflechtung mit der Wirtschaft nicht angesprochen werden kann. Sie sollten uns also gar nichts erzählen.

Ferner denke ich, dass wir im Bundestag wahrhaftig Besseres zu tun haben. Es gab gestern eine Aktuelle Stunde der CDU/CSU. Auch die war wieder ziemlich aufgeblasen. Zum wiederholten Male wurden Haushaltsfragen auf den Tisch gepackt, die Sie alle längst geregelt wissen.

(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU - Zurufe von der CDU/CSU: Geregelt?)

Wir haben heute Morgen über den Stabilitäts- und Wachstumspakt gesprochen; auch das war eine überflüssige Debatte, wie sich erwiesen hat. Sie versuchen, von Ihrer Konzeptionslosigkeit und Schwäche abzulenken.

(Dirk Niebel [FDP]: Sagen Sie etwas zum Thema!)

Deshalb kommen Sie auf das Thema "Berufung von Herrn Müller zum Vorstandsvorsitzenden der RAG" für die Aktuelle Stunde. Ich kann nur sagen: Es entlarvt Sie und stinkt ohne Ende zum Himmel. Wir haben Ihnen daher nur Folgendes zu erklären: Erstens ist der Vorgang rechtlich einwandfrei. Zweitens, sind der Bundestag und die Bundesregierung nicht die Oberaufseher deutscher Unternehmen. Drittens ist es gut, dass wir uns auch dieser Debatte widmen, aber nicht in dem Maße, wie Sie es wünschen; denn Sie blasen ein parlamentarisches Instrument auf.

(Dirk Niebel [FDP]: Finden Sie es gut oder nicht?)

Draußen im Land fragen die Menschen: Haben die nichts Besseres zu tun? Wir sagen eindeutig: Ja, wir schon, die FDP offensichtlich nicht. Da sich die CDU/ CSU mit fünf Rednern beteiligt, hat offensichtlich auch die andere Oppositionspartei nichts Besseres zu tun.

Kehren Sie vor Ihrer eigenen Haustür! Lassen Sie diesen Unsinn! Lassen Sie uns zu seriöser Politik, zu der Sie offensichtlich nicht fähig sind, möglichst bald zurückkehren.

(Dirk Niebel [FDP]: Kein Wort zum Thema!)

Dann werden wir der Sache entsprechend Rechnung tragen.

(Dirk Niebel [FDP]: Die SPD kneift! - Weitere Zurufe von der FDP: Feigheit ist das! - Scheinheiligkeit!)

- Ihre Zwischenrufe kennen wir alle schon. Auch das macht die Sache nicht besser. Wir werden uns dieser Aktuellen Stunde nicht widmen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN - Hans Michelbach [CDU/ CSU]: Wer die Hosen voll hat, hat nichts mehr zu reden! - Gegenruf des Abg. Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Noch ein Moralist!)

Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Das Wort hat jetzt der Kollege Hartmut Schauerte von der CDU/CSU-Fraktion.
Hartmut Schauerte (CDU/CSU):
Herr Kollege Schmidt, die Sache ist wirklich nicht witzig,

(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Doch!)

aber sie stinkt zum Himmel;

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

so nehme ich Ihre beiden Begriffe auf.

Ich wundere mich nicht, dass nur einer von Ihnen redet. Die anderen wollten es nicht, weil es ihnen zu peinlich ist.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP - Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Völlig unsinnig!)

Ich kann die Hoffnung nicht aufgeben, dass Sie eines Tages die Messlatte gleichmäßig anlegen werden und nicht wie jetzt einmal so und einmal anders.

(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Wir beschäftigen uns nicht mit diesem Unsinn, weil wir Besseres zu tun haben!)

Deswegen darf ich noch einmal auf den Fall Bangemann abstellen: Im Jahr 1999 wollte Bangemann zur Telefonica nach Spanien. Heide Simonis, Ihre tüchtige Ministerpräsidentin, sah in Bangemanns Verhalten eine "Verrohung der Sitten". Manche handeln so undurchschaubar wie eh und je und sind vor allem daran interessiert, irgendwie irgendetwas für sich herauszuholen.

So lautet der Originalton von Heide Simonis.

Ich könnte jetzt viele andere nennen, zum Beispiel Verheugen: Es gab eine Sondersitzung der 15 EU-Botschafter, um ein Verfahren gegen Bangemann anzustrengen, damit ihm die Pensionsansprüche aberkannt würden. Das war die breite Stimmungslage in der deutschen Sozialdemokratie.

(Karl-Josef Laumann [CDU/CSU]: Das können wir bei Müller auch machen! Das wäre etwas Neues!)

In der "Süddeutschen Zeitung" von damals gab es eine schöne Zusammenfassung; dort heißt es in Bezug auf Ihre Fraktion und Partei:

Empörung löste vor allem aus, dass er damit genau in jenem Bereich arbeiten wird, für den er bei der EU seit 1992 die Verantwortung hatte.

(Dirk Niebel [FDP]: Ach? So ist das?) Wenn das damals galt, dann gilt das auch heute. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Ihr Minister ist aus der Veba, heute Eon, gekommen und hat vier Jahre als Minister gearbeitet, und zwar erkennbar monopolnah und liberalisierungsfeindlich. Die Liberalisierung der Elektrizitätsmärkte hat in allen Bereichen schweren Schaden genommen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Er war sehr "nützlich". Dann kam das Kartellverfahren bzw. die Ministererlaubnis. Wir haben ihm schon vor der Erteilung der Ministererlaubnis gesagt, er möge definitiv erklären, dass er bei keinem der in diesem Verfahren Beteiligten später in Lohn und Brot sein wird. Das haben wir ihm öffentlich hier im Haus gesagt.

Das Ergebnis war: Er stand vor einem Problem und hat das nicht selber gemacht, sondern seinem Staatssekretär Tacke übertragen. Es wurde eine bis heute rechtswidrige Ministererlaubnis erteilt. Das Verfahren ist nur beendet worden, weil gekauft wurde, weil die Kläger gegen diese rechtswidrige Entscheidung abgefunden wurden. Federführend verantwortlich, Frau Kollegin Hustedt, war Minister Müller. Jetzt gibt es das Schweigen der Grünen,

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

"Das Schweigen der Lämmer", das Schweigen der Grünen, das Schweigen der grünen Lämmer: Wo sind Sie mit Ihrem Sauberkeitsanspruch geblieben?

Das Problem wird noch viel größer: Überlegen Sie, was ein normaler Beamter zu bedenken hat. Dieser Minister war nicht einmal Abgeordneter, er war nur Minister, eigentlich war er Beamter, und was für einer. In § 69 a Bundesbeamtengesetz - Tätigkeit nach Beendigung des Beamtenverhältnisses - steht:

Ein Ruhestandsbeamter oder früherer Beamter mit Versorgungsbezügen, der nach Beendigung des Beamtenverhältnisses innerhalb eines Zeitraumes von fünf Jahren ... außerhalb des öffentliches Dienstes eine Beschäftigung oder Erwerbstätigkeit aufnimmt, die mit seiner dienstlichen Tätigkeit in den letzten fünf Jahren vor Beendigung des Beamtenverhältnisses im Zusammenhang steht und durch die dienstliche Interessen beeinträchtigt werden können, hat die Beschäftigung oder Erwerbstätigkeit der letzten obersten Dienstbehörde anzuzeigen. Hier ist die Bundesregierung gefragt. Die Bundesregierung muss sich dazu äußern, ob sie das, was hier passiert, begrüßt oder nicht.

(Dirk Niebel [FDP]: Die kneifen doch!)

Die Berufung erfolgt nicht wegen der schönen Augen von Herrn Müller, sondern weil er für das Unternehmen Ruhrkohle AG aufgrund seiner früheren Tätigkeit als Minister und der damit verbundenen besten Beziehungen zum Haus mit Blick auf die nächsten Subventionsentscheidungen nützlich sein soll. Das ist eine dienstliche Angelegenheit.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Monopolminister Müller ist nun nach einer vierjährigen Entleihung - eine Zeit, in der er die Energiemonopole gestärkt hat - hoch bezahlt in die Monopole zurückgekehrt.

(Dirk Niebel [FDP]: Das ist Filz!)

Genau diese Kurve ist er gefahren. Das hat nichts damit zu tun, dass wir eine Wechselbeziehung zwischen Politik und Wirtschaft wollen. So grob, so plump, so durchsichtig und so voller Beziehungsgeflecht, das der Steuerzahler zu bezahlen hat, haben wir das in diesem Lande noch nicht erlebt. Das ist ein Anschlag auf Sauberkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Wenn ich höflich bin,

(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das können Sie überhaupt nicht!)

sage ich: Es riecht nach einer verfeinerten Art von Korruption. Wenn ich brutal bin, müsste ich sagen: Dies ist auf höchster Ebene korruptes Verhalten. Anders kann man das nicht bewerten.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP - Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das ist doch unglaublich!)

Ich bitte Sie darum, das zu klären. Das ist noch nicht das Ende der Debatte. Sie brauchen nicht zu glauben, dass das Thema schnell an Ihnen vorbeiginge, nur weil Sie lediglich einen Redner in die Debatte schicken. Das Thema bleibt. Ob sich die Ruhrkohle AG mit einer solchen Entscheidung einen Gefallen in Bezug auf die Durchsetzung ihrer berechtigten Ziele getan hat, wird die Zukunft zeigen.

(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Fragen Sie mal Herrn Göhner, was der als Hauptgeschäftsführer eines Verbandes im Plenum macht! Aktuelle Stunden zu diesen Themen können Sie jede Woche haben!)

Es ist ein unerträglicher Vorgang.

Herr Schmidt, wenn ich Ihnen das noch sagen darf: Was mich besonders stört

(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Wieder brutal?)

- nein, ganz nachdenklich -, ist, dass dieses Thema Ihre Partei angeblich oder tatsächlich überhaupt nicht zu interessieren scheint. In Europa sollen demnächst Kommissare eine Auszeit von mindestens einem Jahr nehmen müssen. Das ist so eine Art Schamfrist. Sie müssen wenigstens eine Kurve fahren. Warum machen wir in Deutschland nichts Vergleichbares? Warum sagen wir nicht, dass eine neue Tätigkeit in einer so unmittelbaren Nähe zur vorhergehenden Tätigkeit nicht erlaubt ist? - So jemand muss auf die Wartebank.

Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Herr Kollege Schauerte, die Zeit ist abgelaufen.

Hartmut Schauerte (CDU/CSU):
Ich komme zum Schluss. - Mindestens das wäre nötig. Denken Sie einmal darüber nach.

Wir denken über Corporate Governance, über Transparenz, über eine neue Unternehmenskultur nach und dann kommen Sie hier mit einer Parteibuchwirtschaft und einer Klüngelwirtschaft, die alles platt macht. Es ist peinlich, peinlich, peinlich!

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Das Wort hat die Kollegin Michaele Hustedt, Bündnis 90/ Die Grünen.

(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Das Schweigen der grünen Lämmer! Erinnern Sie sich an das Zitat, Frau Hustedt!)
Michaele Hustedt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Ich komme gleich noch zu Ihnen, Herr Schauerte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir diskutieren hier, ob es verwerflich ist, dass der ehemalige Wirtschaftsminister jetzt Chef der RAG wird. In der Tat sind die Grünen in solchen Dingen moralisch sehr rigide. Ich persönlich zum Beispiel achte sehr penibel darauf, dass ich an meinem Engagement für Erneuerbare Energien nichts, aber auch gar nichts verdiene. Weder sitze ich in Aufsichtsräten noch investiere ich zum Beispiel in Windparks oder dergleichen mehr, obwohl viele auf mich zukommen.

(Arnold Vaatz [CDU/CSU]: Das reicht nicht aus, wenn man regiert! - Dirk Niebel [FDP]: Es geht um Herrn Müller!)

- Ich weiß. Deswegen diskutiere ich gern über solche Dinge. Immerhin ist gerade das Verhältnis zwischen Energiewirtschaft und Politik

(Dirk Niebel [FDP]: Das Interesse bei den Grünen ist nicht groß!)

noch aus der Monopolzeit

(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Höchst problematisch!)

außerordentlich problematisch - da stimme ich Ihnen zu - und sie sind außerordentlich eng verwoben. Allerdings diskutiere ich nicht mit der FDP in solch einer Aktuellen Stunde über eine solche Vorlage. Sie weinen scheinheilige Krokodilstränen und zetteln hier eine verlogene Debatte an.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und bei der SPD)
Es sind doch Sie, die in der Theorie immer ideologisch fordern, wir brauchen fließende Übergänge zwischen Wirtschaft und Politik, einen Austausch der Eliten. Und es sind Sie, die das nicht nur fordern, sondern in hohem Maße auch praktizieren.

Sie haben den Namen Bangemann schon selbst ins Spiel gebracht, wohl wissend, dass dies das beste Beispiel ist. Der kurzfristige Wechsel von der EU-Kommission zur spanischen Firma Telefonica war seinerzeit ein Riesenskandal. Ich möchte weitere Beispiele nennen. Sie kennen doch bestimmt den Nachwuchsstar und Hoffnungsträger der FDP in Nordrhein-Westfalen, Andreas Reichel, damals Mitglied des Landtags von Nordrhein-Westfalen. Ich frage Sie: Wo ist der gelandet, nachdem die FDP nicht mehr in den Landtag gekommen war?

(Rainer Brüderle [FDP]: Wo ist Frau Röstel?)

Er ist Pressesprecher bei der RAG geworden. Und was hat er - das unterscheidet ihn von Frau Röstel - außerdem gemacht? Gleichzeitig war er Schatzmeister bei Herrn Möllemann.

(Dirk Niebel [FDP]: Was ist denn jetzt mit Herrn Müller?)

Inzwischen ist er zurückgetreten wegen der illegalen Finanzgeschäfte von Möllemann.
Ein anderes Beispiel: Ihr Bundestagskollege Rexrodt sitzt in sieben Aufsichtsräten. Unter anderem ist er Teilhaber der PR-Agentur WMP Wirtschaft, Medien und Politik, bei der er pro Jahr rund 740 000 DM, etwa die Hälfte in Euro, verdient.

(Peter Dreßen [SPD]: Erhält, nicht verdient! Jetzt wissen wir, wo die Millionen herkommen!)

Wen berät diese Firma? Sie berät zum Beispiel Firmen wie Eon und BP. Erinnern wir uns an die Debatte über die Eon-Ruhrgas-Fusion im Wirtschaftsausschuss, Herr Brüderle. Damals sind die Grünen aufgestanden und haben gesagt: Wir wollen über diese weit reichende Angelegenheit diskutieren. Ich bin persönlich auf Sie zugegangen. Daraufhin hat Herr Rexrodt, der an der Beratung von Eon verdient, während er gleichzeitig Mitglied des Bundestages ist, eingegriffen und jede Diskussion im Wirtschaftsausschuss unterbunden.

(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Hört! Hört!)

Öffentlich hat er sich dann geäußert, dass er die Fusion von Eon und Ruhrgas voll unterstützt.

(Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Die Hohepriester der Marktwirtschaft!)

So ist die Realität: Sie bekleiden die Posten nicht nacheinander, sondern gleichzeitig - und beginnen dann hier eine so scheinheilige Debatte.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Jetzt einmal - Herr Schauerte weiß schon, was nun kommt - zur CDU:

(Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Glashaus!)

Wie war das denn da? Ich weiß, dass Sie, Herr Schauerte, dieser Fusion kritisch gegenübergestanden haben. Aber auch Sie haben einen Maulkorb verpasst bekommen, nämlich von Ihrem Kollegen Wissmann. Herr Wissmann ist, wie Sie wissen, Teilhaber einer Kanzlei, die BP vertritt. BP wiederum hat an der Fusion von Eon und Ruhrgas mit verdient, weil sie die Aral-Tankstellen bekommen hat.

Deshalb sage ich: Die Debatte, die Sie hier führen, ist hochgradig scheinheilig.

(Dirk Niebel [FDP]: Was ist denn jetzt mit Herrn Müller?)

Einen Anlass für eine Aktuelle Stunde bietet das Ganze in keinem Fall.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD - Dirk Niebel [FDP]: Alles Müller, oder was?)

Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Das Wort hat jetzt die Kollegin Gudrun Kopp von der FDP-Fraktion.

(Peter Dreßen [SPD]: Die klärt uns jetzt über Rexrodt auf!)

Gudrun Kopp (FDP):
Herr Präsident! Sehr geehrte Herren und Damen! Liebe Kollegin Hustedt, Sie haben lange über alle möglichen Sachverhalte referiert, ohne sie korrekt zu schildern. Ich erinnere Sie zum Beispiel daran, dass der Kollege Rexrodt nicht Mitglied des Wirtschaftsausschusses ist.

(Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das fehlte noch!)

In die Debatte eingegriffen hat er seinerzeit bestimmt nicht. Liebe Frau Hustedt, Sie haben es versäumt, sich klar zu der Frage zu äußern, wie die Grünen dazu stehen, dass Herr Müller zur RAG wechselt. Weil Sie es damit haben bewenden lassen, Ihre persönliche Befindlichkeit zu äußern, will ich Ihnen ein bisschen auf die Sprünge helfen: Ihr Kollege Hubert Ulrich, mittelstandspolitischer Sprecher der grünen Bundestagsfraktion, hat sich - ich meine, es war in der "Süddeutschen Zeitung" - ganz klar gegen diese neue Jobvermittlung zugunsten von Herrn Müller gewandt.

(Dr. Rainer Wend [SPD]: War der in der PSA oder was?)

Genau das ist Gegenstand der heutigen Debatte. Die Präsenz hier im Plenum zeigt, wie sehr das Thema die SPD und die Grünen interessiert. Das finde ich mehr als beschämend.

(Dirk Niebel [FDP]: Die schämen sich, deswegen kommen die gar nicht mehr her!)

Im Kern geht es um die Frage: Wem nützt diese Nominierung von Herrn Müller als Chef der RAG? In dem Zusammenhang ist es natürlich interessant, zu wissen, wie es mit der Steinkohlesubvention weitergeht. 2,6 Milliarden Euro allein in diesem Jahr sind kein Pappenstiel; das ist eine Subventionierung von derzeit ungefähr 80000 Euro pro Arbeitsplatz. Die Bundesregierung hat absolut keinen Plan. Sie weiß noch nicht einmal, wie es nach dem Jahr 2005 weitergehen soll.

(Beifall bei der FDP)

Das ist mehr als unverantwortlich. Wer glaubt, dass Herr Müller als RAG-Chef ein Konzept zum Abbau von Subventionen vorlegen wird, der wird eines Besseren belehrt werden. Sie spielen sich einander die Bälle zu, von der einen wie der anderen Richtung. Genau das ist es, womit wir unsere Zukunft verspielen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Angesichts des Ministerentscheids des vergangenen Jahres, an dem Herr Müller ganz entscheidend mitgewirkt hat, kann ich aus heutiger Sicht nur sagen - das ist meine Überzeugung -: Wir sollten auf Ministerentscheide verzichten

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

und solche Eingriffe in das Marktgeschehen nicht länger zulassen. Dafür gibt es das Bundeskartellamt, das ja seinen Aufsichtspflichten auch hervorragend gerecht wird. Dort sollte man tätig werden. Das Instrument des Ministerentscheids ermöglicht, dass die Politik direkt auf Marktentscheidungen einwirken kann. Ich bin davon überzeugt, das es besser wäre, wenn man dies abschaffen würde.

Zu einem weiteren Punkt: Denken Sie einmal zurück, wofür sich Herr Müller als Minister eingesetzt hat! Er hat auf EU-Ebene in Brüssel immer dafür gekämpft - das hat Rainer Brüderle eben richtig gesagt -, dass die Subventionen auch weiterhin gezahlt werden dürfen. Im Gegenzug wurden - das war eine der Auswirkungen - Frankreich und Italien Sonderregelungen bei der Mineralölsteuer zugestanden.

(Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: So etwas hätte Bangemann nie gemacht!)

Darüber hinaus war Herr Müller verantwortlich für weitere Subventionen. Ich erinnere nur an das Erneuerbare-Energien-Gesetz, mit dem er ein weiteres riesengroßes Subventionsfass aufgemacht hat. Diese Zusammenhänge muss man sehen.

(Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Sie machen sich hier doch nur lächerlich!)

Ich glaube nicht, dass er nun in der Lage sein wird, Subventionen abzubauen und sich auf neue Herausforderungen einzustellen, die ein zukunftsfähiges Wirtschaften ermöglichen. Das hat direkte Auswirkungen auf die Politik, beeinflusst unseren Haushalt und wird uns zum Nachteil gereichen. Herr Müller ist eben kein "Mann für alle Fälle", wie das neulich eine Zeitung getitelt hat. Jedenfalls ist er kein Mann für den Bergbau. Herr Müller ist ein Mann mit Vergangenheit und verkörpert die Vergangenheit noch heute.

Ich glaube, dass der Tatbestand seiner Berufung für die Politik insgesamt ein weiteres Maluszeichen ist. Ich gebe Herrn Brüderle wie auch den Vorrednern von der CDU/CSU-Fraktion völlig Recht: Wir alle nehmen so Schaden. Ich kann deswegen an den Bundeskanzler, dem nachgesagt wird, ein besonders gutes Verhältnis zu Herrn Müller zu haben, nur appellieren, Herrn Müller zu raten, davon abzusehen, diese Position für sich zu reklamieren. Dies würde Schaden vermeiden helfen. Ich kann nur hoffen, dass es demnächst zu einem radikalen Subventionsabbau kommen wird.

(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Scheinheilige Bande!)

Wir von der FDP-Fraktion legen schon seit langem zukunftsfähige Konzepte dazu vor und fahren in dieser Frage einen stringenten Kurs. Vielen Dank

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU - Albert Schmidt [Ingolstadt] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sehr stringent!)

Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Joachim Pfeiffer von der CDU/CSU-Fraktion.

Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU):
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Per se ist ein Wechsel von der Politik in die Wirtschaft oder umgekehrt nicht schlecht. Mehr noch: Wir brauchen in Deutschland dringend eine gegenseitige Befruchtung und einen Austausch zwischen Politik und Wirtschaft. Wohin es führt, wenn der wirtschaftliche Sachverstand in der Politik zu kurz kommt, sieht man eindrucksvoll an dem Kurs der rot-grünen Bundesregierung: Mit einer Mischung aus Murks und Marx und dem Herumdoktern an Symptomen, ohne eine klare wirtschaftspolitische Linie, führen Sie Deutschland nicht nur außenpolitisch, sondern auch wirtschaftlich ins Abseits.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wirtschaftspolitische Kompetenz, Erfahrung oder gar Führungserfahrung? - Fehlanzeige auf der ganzen Linie! Kompetenz - dieses Wort muss man in diesem Fall in Anführungszeichen setzen - beschränkt sich bei Ihnen auf die Beteiligung von Gewerkschaftsfunktionären. Wirtschaftlicher Sachverstand und frisches Blut sind hier überfällig.

Herr Müller verfügt ohne Zweifel über einen gewissen Erfahrungsschatz in Politik und Wirtschaft. Er kann Kilowatt und Kilowattstunde unterscheiden, vielleicht auch Bilanzen lesen und er weiß, wie Politik funktioniert. Das ist gut und das kritisiere ich nicht - im Gegenteil. Es hat aber doch ein sehr starkes Gschmäckle, wie man es im Schwäbischen sagen würde, wenn jemand, der die Rahmenbedingungen bis vor wenigen Monaten wenn nicht gesetzt, so doch zumindest politisch zu verantworten hatte - Eon und der Zusammenhang mit der Kohleförderung wurden genannt -, ein paar Monate später an die Spitze gerade des Unternehmens berufen wird, das der größte Profiteur der gesamten Aktivitäten im Ministerium war.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Es mag sein, dass dies keine Rechtsfrage ist: zumindest aber moralisch wäre es dringend geboten, zu sagen, dass man ein solches Amt nicht antritt. In jedem Unternehmen gibt es Konkurrenzausschlussklauseln, die so etwas verbieten. Wenn jemand in einem Unternehmen der Energieversorgung als Vorstand tätig war, kann er nicht ohne Weiteres ein halbes Jahr später in einem Konkurrenzunternehmen die gleiche Vorstandstätigkeit ausüben. Das gebietet das Recht; vor allem aber gebietet dies auch der moralische Anstand.

Neben diesem moralischen Aspekt stellt sich für die Ruhrkohle Aktiengesellschaft allerdings auch die Frage, ob Herr Müller der richtige Mann ist. Mit stetig wachsender Tendenz werden bereits heute zwei Drittel des Umsatzes der RAG in den Geschäftsfeldern Chemie und Immobilien erwirtschaftet. Nur ein Drittel des Umsatzes wird im Geschäftsfeld Kohle und Bergbau im weiteren Sinne erwirtschaftet. Hier stellt sich doch zu Recht die Frage, ob der andere einschlägige Kandidat, der jetzt schon für den größeren Geschäftsbereich verantwortlich ist, nicht die bessere Wahl für die Ruhrkohle Aktiengesellschaft gewesen wäre.

(Michaele Hustedt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben weder Sie noch wir zu entscheiden!)

Das muss das Unternehmen aber selbst entscheiden.

Auch der nächste Punkt sollte Sie interessieren; er muss ausgeräumt und geklärt werden. Es liegt doch die Vermutung nahe, dass dieser Deal von langer Hand ausgeheckt und vorbereitet wurde. Kann es nicht sein, dass die SPD über ihre fünfte Kolonne - die Gewerkschaften - und die Montanmitbestimmung hier ihre Finger im Spiel hatte und jetzt ihr parteipolitisch motiviertes Süppchen kochen will?

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP - Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Die Frage ist durchaus berechtigt! - Dirk Niebel [FDP]: Eine Hand wäscht die andere! Man kann es nur wiederholen! - Dr. Rainer Wend [SPD]: Mach uns fertig! Schlag uns! Peitsch uns! Gib uns Tiernamen! - Ute Kumpf [SPD]: Der Herr Pfeife!)

- Frau Kumpf, Sie gehören auch zu der Spezies, die außer ihrer Gewerkschaftserfahrung wenig in den Bundestag einzubringen hat.

Es ist doch auffällig, wie offensichtlich die Gewerkschaften den Herrn Müller hier auf den Thron gehoben haben. Dies muss geklärt werden. Es ist Ihre und nicht unsere Aufgabe, dies zu tun. Dem können Sie nicht ausweichen, indem Sie sich nicht an der Debatte beteiligen und indem Sie versuchen, diesem Thema aus dem Weg zu gehen.

(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Sie wollen die Gewerkschaften weghaben!)

Abschließend fordere ich die Bundesregierung auf - Frau Kopp hat es bereits angesprochen -, schnellstmöglich ernsthafte Verhandlungen über den Anschluss an den Kohlekompromiss über das Jahr 2005 hinaus zu führen und diesem Haus endlich einmal Vorschläge zu unterbreiten.

(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Sie verwursten alle Themen an der falschen Stelle!)

Die Beschäftigten der RAG haben Anspruch auf Planungssicherheit - nicht nur Herr Müller, der diese in Form eines Fünfjahresvertrages als Vorstandsvorsitzender erhält. Die Kumpels, die in diesem Bereich beschäftigt sind, haben Anspruch auf eine verlässliche Perspektive. Sie müssen wissen, wie es angesichts der Degression mit ihrem Arbeitsplatz weitergeht.

Sie sind gefordert, hier endlich Vorschläge zu machen; dem können Sie nicht mehr ausweichen. Sie müssen sich an dieser Diskussion und Debatte beteiligen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP - Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das wird aber bestimmt nicht durch eine Aktuelle Stunde ausgelöst!)

Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Das Wort hat jetzt der Kollege Hans Michelbach von der CDU/CSU-Fraktion.

(Dr. Rainer Wend [SPD]: Das ist auch so ein unabhängiger Abgeordneter, der nichts mit Verbänden zu tun hat!)

Hans Michelbach (CDU/CSU):
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt keinen Zweifel: Die Berufung des früheren Wirtschaftsministers Werner Müller zum neuen Vorstandschef des Chemie- und Bergbaukonzerns RAG ist ein schlimmer Bärendienst für die gesamte deutsche Wirtschaft

(Lachen des Abg. Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD])

und zeugt von Unsensibilität. Das Verflechtungskartell, das zu dieser Berufung beigetragen hat, muss aufgelöst werden. Personeller Austausch von Wirtschaft und Politik? - Ja, aber keine undurchsichtige Kungelei. Wir müssen daran interessiert sein, dass diejenigen aus dem Unternehmertum, aus dem Mittelstand, die sich politisch engagieren, ihre Aktivitäten so durchsichtig gestalten, wie wir das mit der Veröffentlichung im Bundestagshandbuch machen. Ein Deckmantel an Verflechtungen, wie er bei Herrn Werner Müller zu beobachten ist, kann dagegen nicht gutgeheißen werden.

Diese heutige Debatte

(Ute Kumpf [SPD]: Ist unnötig!)

ist wichtig und notwendig. Wir brauchen Sauberkeit in der Wirtschaft und in der Politik.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP - Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Kehren Sie mal vor Ihrer eigenen Tür!)

Darauf haben unsere Bürger Anspruch. Dies darf nicht einfach abgetan werden; denn der Bürger und die mittelständischen Betriebe zahlen sonst die Zeche.

(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Sagen Sie doch mal etwas zu den Arbeitgeberverbänden, Herr Michelbach!)

Die unternehmerische Ethik - Vorbild für die soziale Marktwirtschaft - wird durch solche Vorgänge schwerwiegend beschädigt.

(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Pharisäer!)

Natürlich ist es in Ordnung, wenn sich jemand aus der Politik ehrenamtlich engagiert. Das Engagement muss nur bekannt gemacht werden.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Ganz anders aber war es bei diesem Verflechtungskartell. Als Mittelständler bin ich über diese unsaubere Postenschieberei zutiefst betroffen. Dem Unternehmertum wird nachhaltiger Schaden zugefügt. Alle Kräfte dieses Hauses sollten daran interessiert sein, dass diese Sachen aufgedeckt, beim Namen genannt und rückgängig gemacht werden. Deshalb bin ich für die heutige Gelegenheit ausgesprochen dankbar.

Anlass, kritische Fragen zu stellen, gibt es genug: Hat Herr Müller seinen neuen Chefsessel durch eine Schmierenkomödie erreicht? Ist es inzwischen so weit gekommen, dass in Deutschland Mitglieder der Bundesregierung käuflich sind? Hat sich Herr Müller einen wohldotierten Arbeitsplatz in der Energieindustrie schon zu seiner Zeit als Bundeswirtschaftsminister durch Willfährigkeit gesichert?

(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das ist eine unbewiesene Behauptung! Unglaublich!)

Ist Müllers neue Position ein Dankeschön aus der Energiebranche an den ehemaligen Bundeswirtschaftsminister, weil er ihnen seinerzeit gefällig war?

(Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Beweisen Sie das!)

- Herr Schmidt, Sie fordern Beweise. Solche Fragen werden doch noch erlaubt sein. Darauf erwarten wir Antworten.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP - Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Das war doch keine Frage, das war eine Unterstellung!)

Wenn Sie es ehrlich meinen, dann schlage ich Ihnen vor, diese Fragen dem Bundeskanzleramt zu stellen. Die Ministererlaubnis, die von Bundeswirtschaftsminister Müller erteilt wurde, stinkt geradezu zum Himmel. Diese Sache, die wie geschaffen ist für ein Drehbuch zum Thema Genossenfilz und Gewerkschaftskungelei in einer Konzernwirtschaft, muss geklärt werden. Sonst erhält unser Land den Geschmack einer Bananenrepublik. Das können wir nicht dulden, daran können wir kein Interesse haben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP - Wilhelm Schmidt [Salzgitter] [SPD]: Reden Sie jetzt für die Arbeitgeberverbände?)

Ich kann deutlich sagen: Bundeskanzler Schröder und Bundeswirtschaftsminister Clement tragen daran eine klare Mitschuld. Sie haben dieses Verflechtungskartell gutgeheißen und unterstützt. Die Paten hierfür sitzen im Bundeskanzleramt. Das zeigt das wahre Gesicht dieser Regierung. Die Reaktion der SPD zeigt, dass Sie betroffen sind und zunächst einmal keine Klärung wollen. Das habe ich auch früher schon festgestellt, als der Bundeskanzler bei der 60-Millionen-Abfindung von Herrn Esser von Mannesmann kein kritisches Wort hervorgebracht hat.

Wir müssen deutlich machen, dass die insbesondere im Bundeswirtschaftsministerium beschlossenen Beihilfen und zukünftigen Subventionen zulasten der Steuerzahler, zulasten der Haushaltskonsolidierung und zulasten der Zukunftsfinanzierung unseres Landes gehen. Deswegen ist dies ein wichtiger Anlass, darüber zu reden, ob hier ein Verstoß gegen solche Regelungen vorliegt.

(Beifall bei der FDP)

Die Bundesregierung ist gut beraten, ein beamtenrechtliches Verfahren gegen Herrn Müller anzustrengen. Das kann man und das muss man verlangen, um Sauberkeit und Durchsichtigkeit in dieser Frage herzustellen. Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Rolf Bietmann von der CDU/CSU-Fraktion.

Dr. Rolf Bietmann (CDU/CSU):
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Vor wenigen Wochen verkündete ausgerechnet die IG Bergbau-Chemie-Energie als erste die Nachricht, man habe mit dem ehemaligen Bundeswirtschaftsminister einen geeigneten Vorstandsvorsitzenden gefunden. Die erstaunte Öffentlichkeit musste zur Kenntnis nehmen, dass in einem der größten deutschen Unternehmen nicht die Eigentümerseite, sondern die Gewerkschaften den Vorstandsvorsitzenden proklamieren.

Wirft aber der geneigte Betrachter einen genaueren Blick auf die Eigentümerseite, dann schlägt bei Kenntnis wirtschaftlicher Zusammenhänge sein Erstaunen in fragendes Entsetzen um; denn mit RWE und Eon hat die RAG genau die Eigentümer, die in den zurückliegenden Jahren den größten energiewirtschaftlichen Milliardendeal in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland verabredet haben. Dieser Milliardendeal war von der Zustimmung eben des Ministeriums abhängig, dessen Minister heute an die Spitze des durch die Zustimmung neu gestalteten RAG-Konzerns rückt.

Es ist unbestreitbar völlig unvertretbar, dass ein ehemaliger Bundeswirtschaftsminister die Führung eines Konzerns übernimmt, der in der jetzigen Struktur mit seiner neuen Tochter Degussa nur deshalb zustande gekommen ist, weil im Interesse der heutigen Eigentümer des Unternehmens eine Ministererlaubnis erteilt wurde, die alle Bedenken der Kartellbehörde und der Verbraucherverbände hinsichtlich einer Monopolbildung im Energiemarkt in den Wind geschlagen hat.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP - Michaele Hustedt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hätten Sie damals sagen sollen! Da haben Sie nur geschwiegen!)

- Das ist ein politisch skandalöser Fall, Frau Hustedt. Die Politik - das sage ich an die Grünen gerichtet - nimmt schweren Schaden, wenn in den deutschen Medien der Eindruck kommentiert wird, die Amtshandlung der Erteilung der Ministererlaubnis könnte in einem Zusammenhang mit der Berufung des Ministers zum Vorstandsvorsitzenden des von der Entscheidung betroffenen Konzerns stehen. Dieser Vorgang wird das Vertrauen in die Politik, insbesondere aber das Vertrauen in die rot-grüne Bundesregierung, weiter schwer erschüttern.

Lassen Sie mich noch etwas ausführen. Der Kollege Schauerte hat auf die im Beamtenrecht vorgesehene Regelung hingewiesen, dass innerhalb von fünf Jahren nach dem Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis keine Tätigkeiten aufgenommen werden dürfen, die möglicherweise zu Interessenkollisionen führen. Für Minister gilt zwar das Ministergesetz, das keine entsprechende Regelung beinhaltet. Aber eigentlich müssten gerade für die Spitzenstaatsdiener solche Interessenkollisionen ausgeschlossen werden. Was für den einfachen deutschen Beamten gilt, muss erst recht für die Minister gelten.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wenn man sich dann gut meinend fragt, ob es einen zwingenden sachlichen Grund für die Berufung von Herrn Müller gibt, dann stößt man auf die Begründung, er sei ein ausgewiesener Energieexperte. Diese Begründung ist aber absolut untauglich;

(Arnold Vaatz [CDU/CSU]: Sie ist auch falsch!)

denn ein Blick auf die Ausrichtung der RAG zeigt, dass 75 Prozent des Umsatzes der neu gestalteten RAG nichts mehr mit Energie zu tun haben, weil der Schwerpunkt dieses Konzerns auf der Chemie und - man höre und staune - auf Immobilien liegt. Mir ist aber von den Qualitäten des Herrn Müller im Immobiliensektor oder in der Chemie wahrhaft nichts bekannt.

Einzig richtig an dem Erklärungsversuch ist die Tatsache, dass Herr Müller - damit kommen wir zur Politik - aus Treue gegenüber der ihn berufenden Gewerkschaft und sicherlich auch der nordrhein-westfälischen SPD alles daransetzen wird, den defizitären Bereich der Steinkohle über das Jahr 2005 hinaus durch milliardenschwere Subventionen zulasten der Steuerzahler künstlich am Leben zu halten. Diese Subventionspolitik ist gesamtwirtschaftlich nicht vertretbar und schädigt den Standort Deutschland dauerhaft.

(Beifall des Abg. Arnold Vaatz [CDU/CSU])

Aber so zynisch es auch klingen mag: Hier schließt sich wieder der Kreis. Denn letztlich zahlt der Steuerzahler den Preis für einen politisch gewollten gigantischen Wirtschafts- und wohl auch Personaldeal.

CDU und CSU - da können Sie noch so viel kritisieren - fordern die Bundesregierung auf, diesen Vorgang wirklich schonungslos offen zu legen und dem Deutschen Bundestag Auskunft über erkennbare Interessenkollisionen eines früheren Mitglieds der rot-grünen Bundesregierung zu geben. Verweigern Sie sich dem, haben Sie jeden Anspruch auf moralisch bewertende Kritik in der Politik verloren. So wie im Fall Müller, meine Damen und Herren, geht es in Deutschland wahrhaft nicht.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Das Wort hat jetzt der Kollege Kurt-Dieter Grill von der CDU/CSU-Fraktion.

Kurt-Dieter Grill (CDU/CSU):
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Schweigen der Sozialdemokraten sagt mehr, als wenn hier fünf Verteidigungsreden gehalten worden wären. Sie haben in dieser Auseinandersetzung offensichtlich schlechte Karten.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Rainer Brüderle [FDP])

Sehen Sie sich an, was die Kollegin Hustedt und der Kollege Schmidt hier vorgetragen haben: Man zeigt mit Empörung auf einen Fall, den man für besonders schlimm hält, und rechtfertigt damit das eigene Verhalten. Das ist der Vorgang, der hier heute stattgefunden hat. Darf ich also davon ausgehen, dass Frau Hustedt und auch Herr Schmidt der Meinung sind, weil es den Fall Bangemann gibt, den sie als so schlimm bezeichnet haben, dürfe man sich gleichermaßen wie die FDP verhalten?

(Michaele Hustedt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich habe gesagt, was Sie tun, ist scheinheilig!)

Frau Hustedt, ich rate Ihnen dringend, das, was Sie hier zur WMP vorgetragen haben, sofort wieder zu vergessen. Denn der Medienberater der Länder Brandenburg und Berlin, Mitarbeiter von WMP, ist jemand, der auf Kosten des Berliner Senats und der Berliner Bürger großzügige PR für Berlin und Brandenburg macht. Wenn Sie schon solche Gesellschaften nennen, dann sollten Sie auch nicht vergessen, dass einer Ihrer schönen Abende zum EEG von einer Rechtsanwaltskanzlei gesponsert worden ist.

(Michaele Hustedt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt überhaupt nicht! Das ist eine Lüge!)

Ich finde außerdem, dass wir über die Fusion von Eon und Ruhrgas in diesem Zusammenhang gar nicht unbedingt reden sollten; das ist bei der Sache mit Herrn Müller jetzt gar nicht so sehr die Frage. Wir reden dann nämlich über den falschen Verursacher des Ganzen. Lange bevor der Antrag beim Bundeswirtschaftsminister und beim Bundeskartellamt eingegangen war, hat der Bundeskanzler auf einer Betriebsräteversammlung im Oktober 2001 öffentlich gesagt, er sei für eine Fusion von Eon und Ruhrgas. Die Begründung, die man dafür nennen kann, ist durchaus diskutabel. Sie ist unabhängig von der Diskussion über die Märkte im innerdeutschen Bereich, die Hartmut Schauerte und Hans Michelbach hier vorgetragen haben. Der Punkt ist: Diesen Fall hat nicht irgendeine anonyme SPD zu verantworten; die Sache hat einen Namen und der heißt Gerhard Schröder. Werner Müller ist ein Protege des Bundeskanzlers.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Gudrun Kopp [FDP])

Man könnte sich noch darüber unterhalten, ob Werner Müller an dieser Stelle richtig ist, wenn er eine Erfolgsbilanz als Manager und Politiker vorzulegen hätte.

(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Das wäre mal was!)

Aber Herr Müller ist - das ist das Erste - Anfang der 90er-Jahre aus dem Vorstand der VKA mit einer Millionenabfindung entlassen worden, weil die Veba keinen Bedarf mehr für einen Manager von der Qualität des Herrn Müller hatte.

(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Und jetzt wird er Chef!)

Das Zweite ist, dass sich Herr Müller, wie die Zeitungen hier und da berichteten, selber als Nachfolger von Herrn Harig, von Herrn Goll und anderen ins Gespräch hat bringen lassen. Und schließlich - das ist das Dritte - sollte man sich einmal die Erfolgsbilanz von Werner Müller in seinem Amt ansehen: Die 4,6 Millionen Arbeitslosen sind die Folge nicht irgendeiner Wirtschaftspolitik in diesem Lande, sondern sind die Folge seiner Wirtschaftspolitik.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wo sind denn, so könnte man noch fragen - ich habe das in diesem Hause oft genug getan -, die Konzepte seiner Energiepolitik? Fragmente hat er vorgelegt und für das, was er draußen vertreten hat, hat er in diesem Hause keine Mehrheit auf dieser Seite des Hauses gehabt. Rot und Grün haben die energiepolitischen Ansichten dieses Mannes nie mitgetragen.

(Michaele Hustedt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt!)

Wo also ist der Erfolg des Wirtschaftsministers Müller, der ihn berechtigen würde, in eine leitende Funktion einzutreten?

Ein Letztes - es ist ja schon eine Reihe von Argumenten dazu vorgetragen worden -: Es gibt die gute Regel, wonach ehemalige Minister nicht in den Ausschuss gehen sollten, für den sie als Minister sozusagen zuständig waren, um die Beamten, die ehemaligen Mitarbeiter, nicht in Verlegenheit zu bringen. Jetzt geht ein Mann an die Spitze eines Konzerns, der auch mit Beamten verhandeln muss, die vorher im Ministerium seine Untergebenen waren. Wie sollen so objektive und faire Verhandlungen zustande kommen? Hier werden doch Menschen durch Personalauswahl unter Druck gesetzt.

Ich möchte gar nicht herumstänkern, sondern lediglich feststellen: Das Ergebnis des hier zur Diskussion stehenden Deals ist, dass der RAG und damit auch der deutschen Steinkohle - die hier vertretenen Anliegen sind durchaus berechtigt - und den Kumpels der schlechteste aller Männer an die Spitze gesetzt worden ist. Man kann nur sagen: Schade, dass es so weit kommen konnte.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Die Aktuelle Stunde ist beendet.