Februar 2003 |
030210 |
ENERGIE-CHRONIK |
Die geplante Kooperation der österreichischen Verbundgesellschaft mit der EnergieAllianz Austria (020402) stößt bei den Wettbewerbshütern in Brüssel auf Bedenken. Wie die EU-Kommission am 4. Februar mitteilte, befürchtet sie, daß dieses Bündnis beherrschende Stellungen in mehreren Strommärkten Österreichs erlangen könnte. Sie will deshalb das Vorhaben einer vertieften Überprüfung unterziehen. Die endgültige Entscheidung soll innerhalb von vier Monaten erfolgen.
Nach Feststellung der Kommission gäbe es neben dem neuen Strom-Bündnis nur noch fünf andere regionale Stromvertriebsunternehmen. Drei davon - die Landesversorger in Kärnten, Salzburg und der Steiermark - wären in hohem Maße von der neuen Einheit abhängig und nicht in der Lage, unabhängig am Markt zu agieren. Es sei somit zu befürchten, daß das neue Strombündnis aufgrund seiner Marktmacht eine Erhöhung der Strompreise für Industrie und Haushalte durchsetzen würde.
Die liberalisierte Stromwirtschaft Österreich investiere zu wenig in die Instandhaltung und den Ausbau der Netze. Sie sei deshalb im internationalen Stromverbund der UCTE zu einem Sicherheitsrisiko geworden und "müsse eigentlich einen blauen Brief bekommen". Dies sagte der Vorstand des Instituts für Energiewirtschaft an der Technischen Universität Wien, Günther Brauner, am Rande einer von seinem Institut mitorganisierten Energiewirtschaftstagung. Bei der Formulierung des Stromwirtschaftsgesetzes sei die Verpflichtung der Netzbetreiber zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit vergessen worden. Dies müsse dringend nachgeholt werden.
"Es werden nur noch 30 Prozent von dem investiert, was früher üblich war", sagte Brauner. Zugleich sei das Netz der österreichischen Stromversorgung um etwa 30 Prozent stärker belastet als früher. Besonders problematisch seien unter diesen Umständen die Lücken im östereichischen 380-kV-Netz (siehe Karte), die bisher nur durch 220-kV-Leitungen überbrückt werden. In der Steiermark sei die Versorgungssicherheit inzwischen so reduziert, daß die Stromwirtschaft neuen Industriekunden - entgegen bisheriger Übung - in den Lieferverträgen keine gesicherte Stromversorgung mehr garantiere.
Bereits seit mehreren Jahren warnt die Verbundgesellschaft vor Netz-Engpässen in der Steiermark. Insbesondere im Großraum Graz könnte es zunehmend zu Stromausfällen kommen. Den Hintergrund bildet der Widerstand von Bürgerinitiativen, die sich gegen die Errichtung einer 380-kV-Leitung in der Steiermark wehren. (SZ, 13.2.; Der Standard, 13.2.; Die Presse, 13.2.)