April 2002

020402

ENERGIE-CHRONIK


Österreichs Stromversorger vereinbaren Kooperation

In Österreich haben sich die überregionale Verbundgesellschaft und die in der "EnergieAllianz Austria" (EAA) vereinigten Landesversorger auf eine Kooperation geeinigt: Kernpunkt der Vereinbarungen ist eine gemeinsame Handelsgesellschaft, die auch den Kraftwerkseinsatz steuert, sowie eine gemeinsame Vertriebsgesellschaft für Großkunden. Die Haushalts- und kleineren Gewerbekunden werden weiterhin von den Landesversorgern direkt beliefert. Die Ende April getroffenen Vereinbarungen sollen bis zum 2. Juli vertraglich abgesichert werden. Ab Anfang kommenden Jahres sollen dann die Handels- und die Vertriebsgesellschaft ihre Geschäftstätigkeit aufnehmen. (Der Standard, 29.4.; Die Presse, 29.4.).

Wasserkraft-Ehe zwischen E.ON und Verbund geplatzt

Vorausgegangen war ein mehrwöchiges politisches Tauziehen und eine populistisch angehauchte Medienkampagne. Den Anlaß gab die geplante Wasserkraft-Ehe zwischen E.ON Energie und Verbundgesellschaft (010702), die bereits den Segen der EU-Kommission erhielt (020115), dann aber auf Eis gelegt wurde, weil Wirtschaftsminister Martin Bartenstein sich zusammen mit Politikern der Bundesländer erneut um eine "österreichische Lösung" für die Stromwirtschaft bemühen wollte (020206). Vor allem das Boulevardblatt "Kronen-Zeitung" polemisierte gegen den "Ausverkauf österreichischer Wasserkraft" an den deutschen "Atomstromproduzenten" E.ON.

Die E.ON Energie nahm inzwischen "zur Kenntnis", daß das Projekt einer gemeinsamen Wasserkraftwerksgesellschaft mit dem Verbund "in der ursprünglich geplanten Form nicht möglich" sei. Beide Unternehmen würden jedoch ihre "jahrzehntelange partnerschaftliche Kooperation fortführen sowie energiewirtschaftliche Möglichkeiten zur gemeinsamen Optimierung ihres Geschäftes ausschöpfen".

Als Stromanbieter auf Platz acht in Europa

Die gemeinsame Handelsgesellschaft wird nach Angaben des österreichischen Wirtschaftsministers Martin Bartenstein zu zwei Dritteln dem Verbund und zu einem Drittel der EAA gehören. Sie verfügt über Produktionskapazitäten von 25 Terawattstunden (TWh) aus Wasserkraft und 15 TWh aus Wärmekraftwerken. Weitere 60 TWh sollen aus Stromhandelsgeschäften kommen. Mit einer jährlichen Strommenge von 100 TWh würde sie in Europa der achtgrößte Stromanbieter sein.

Bei der Großkundenvertriebsgesellschaft werden die Beteiligungsverhältnisse umgekehrt sein: Sie gehört zu zwei Dritteln der EAA und zu einem Drittel dem Verbund. Sie betreut rund 400 Großkunden mit einer jährlichen Stromabnahme von mehr als 4 Gigawattstunden bei einem Gesamtvolumen von 10 TWh. Außerdem übernimmt sie den Stromverkauf über die Börse und an andere Landesversorger (zur "EnergieAllianz Austria" gehören vorläufig nur die Wiener Stadtwerke, die niederösterreichische EVN, die Energie AG Oberösterreich (EAG), die burgenländischen Versorger Bewag/Begas und die Linz AG).

Verbund erhält Aufschlag für Strom aus Wasserkraft

Um dem Verbund die Zustimmung zu erleichtern, wurde ihm für Strom aus Wasserkraft ein Aufschlag von 1,1 Euro je tausend Kilowattstunden auf die marktüblichen Strompreise zugestanden. Dieser Aufschlag, der "intern verrechnet" werden soll, ist vorerst auf fünf Jahre fixiert.

Der Verbund betreibt das österreichische Strom-Transportnetz und beliefert aus zahlreichen eigenen Kraftwerken - vor allem Wasserkraftwerken - die Landesgesellschaften. Außerdem besorgt er den Stromaustausch mit dem Ausland. Im vergangenen Jahr setzte er rund 57 TWh ab, von denen er etwa 30 selbst erzeugte.

Erster Versuch scheiterte an Rivalitäten

Das Verhältnis zwischen Verbund und Landesversorgern ist traditionell mehr von Rivalität als von Kooperation geprägt. Der erste Versuch zu einer Kooperation im Rahmen der "Energie Austria" war im September 2000 offiziell gescheitert (000914). Als Gegengründung zu der vom Verbund favorisierten "Energie Austria" hatten Landesversorger die "Energie-Allianz" ins Leben gerufen (000412), die im Dezember 2001 in die "EnergieAllianz Austria (EAA)" mündete (011206).

Seit 1. Oktober 2001 ist der österreichische Strommarkt vollständig liberalisiert (011005). Ob das jetzt vereinbarte Modell dem Wettbewerb förderlich ist, gilt als fraglich.