Mai 2002

020504

ENERGIE-CHRONIK


Watt AG wieder ganz in Schweizer Händen

Die Watt AG, an der E.ON und EnBW mit jeweils 24,5 Prozent beteiligt waren, befindet sich wieder ganz in Schweizer Händen. Am 3. Mai gab die E.ON Energie bekannt, daß sie sich mit den "Nordostschweizerischen Kraftwerken" (NOK) über den Verkauf ihrer Beteiligung geeinigt habe. Über den Preis wurde Stillschweigen vereinbart. Die EnBW hat ihren Anteil bereits im Dezember vorigen Jahres an NOK verkauft. Die komplizierten "Scheidungsverhandlungen" mit den rivalisierenden deutschen Großaktionären (010808) wurden damit erfolgreich zu Ende geführt.

Axpo erweitert Einflußbereich auf Zentralschweiz

Der neu gegründete schweizerische Stromkonzern Axpo, zu dem die NOK gehören, verfügt nun über 80 Prozent der Aktien. Die Watt AG besitzt ihrerseits die Mehrheit an den Centralschweizerischen Kraftwerken (CWK), der Elektrizitätsgesellschaft Laufenburg (EGL) sowie dem Kraftwerk Laufenburg (KWL) und den Kraftübertragungswerken Rheinfelden (KWR). Der Axpo/NOK-Konzern, der die Stromversorgung der Nordostschweiz abdeckt (siehe Karte), kann damit seine führende Rolle in der Schweizer Stromwirtschaft weiter ausbauen.

E.ON konzentriert sich auf BKW - EnBW will KWL/KWR übernehmen

Sowohl E.ON als auch EnBW bleiben weiter im Schweizer Strommarkt präsent. Die E.ON Energie will sich nun auf die Zusammenarbeit mit der BKW FMB Energie AG konzentrieren, an der sie mit zwanzig Prozent beteiligt ist (970209). Die EnBW bereitet sich auf die Übernahme der von KWL und KWR vor (980910, 981230). Mit dem Erlös aus dem Verkauf der beiden Wasserkraftwerksbetreiber am Hochrhein will Axpo die Übernahme der Watt-Anteile von E.ON finanzieren.

Axpo gehört den nordöstlichen Kantonen

Axpo entstand vor einem Jahr aus dem Zusammenschluß der NOK mit den Elektrizitätswerken der Kantone von Zürich, Aargau, Schaffhausen, Thurgau, St. Gallen und Appenzell. Der Konzern befindet sich in Staatsbesitz: Aktionäre sind die Kantone Aargau, Zürich, Schaffhausen, Thurgau, St. Gallen und beider Appenzell sowie Glarus und Zug. Der Rest der Schweizer Elektrizitätswirtschaft gruppiert sich um die drei "Überlandwerke" BKW, Atel und EOS.

Volksabstimmung über Elektrizitätsmarktgesetz

Ende vorigen Jahres genehmigte das Berner Parlament das Elektrizitätsmarktgesetz (990619), das den Strommarkt des Landes stufenweise innerhalb von sechs Jahren öffnet. Bevor es in Kraft treten kann, muß es in einer Volksabstimmung gebilligt werden, die für die zweite Hälfte dieses Jahres geplant ist. Die Schweiz reagiert damit auf die Öffnung der Strommärkte in der EU, in die sie trotz ihrer Nichtzugehörigkeit zur EU fest eingebunden ist und für die sie ein wichtiges Strom-Transitland darstellt (siehe 020303). Zunächst wird der Markt für Großkunden mit über 20 GWh Jahresverbrauch liberalisiert. Außerdem dürfen Endverteiler bis zu 20 Prozent ihres Absatzes an noch nicht marktberechtigte feste Kunden liefern. Nach drei Jahren sinkt die Schwelle für Großverbraucher auf 10 GWh. Die Endverteiler dürfen dann über 40 Prozent ihres Stromabsatzes frei verfügen. Betreiber von Wasserkraftanlagen bis zu 1 MW erhalten Vergünstigungen bei der Netznutzung.

Bisher gibt es in der Schweiz noch über tausend Stromversorger sehr unterschiedlicher Größe, Betriebsstruktur und Rechtsform. In einigen Kantonen und Städten ist ein einziges Werk für die ganze Versorgungskette zuständig. In anderen Kantonen wird die Versorgung über die drei Stufen Erzeugung, Übertragung und Verteilung von jeweils unterschiedlichen Unternehmen wahrgenommen. Die 40 größten Endversorger decken 60 Prozent des Strombedarfs, die 500 kleinsten Werke erreichen lediglich einen Marktanteil von 10 Prozent. Viele gemeindeeigene Werke sind Teil der Gemeindeverwaltung und haben weitere Aufgaben z. B. in den Bereichen der Wasser-, Gas- und Fernwärmeversorgung. Mit der Liberalisierung wird eine Bereinigung dieser kleinräumigen Struktur erwartet.

Die Stromerzeugung der Schweiz stützt sich im wesentlichen auf die Wasserkraft (57,9 Prozent im Jahr 2000) und die Kernenergie (38,2 Prozent). Vom Produktionsanteil der Wasserkraft entfallen 26,9 Prozentpunkte auf die vorwiegend im Mittelland gelegenen Laufkraftwerke und 31 Prozent auf die Speicherkraftwerke in den Bergen.