März 1999

990302

ENERGIE-CHRONIK


Rücktritt von Oskar Lafontaine löst Kursfeuerwerk an der Börse aus

Noch am Abend des 11.3., an dem die Medien über den Krach im Kabinett (990301) berichteten und Schröder dementieren ließ, daß er mit seinem Rücktritt gedroht habe, teilte Oskar Lafontaine überraschend seinen Rücktritt als Bundesfinanzminister und SPD-Vorsitzender mit. Lafontaine nannte zunächst keine Gründe für seine Entscheidung. Offenbar will er aber signalisieren, daß die von ihm und dem linken SPD-Flügel vertretene Finanz-, Wirtschafts- und Sozialpolitik grundsätzlich unvereinbar ist mit dem Kurs, den Schröder verfolgt. Die Verärgerung über die Indiskretionen in der Bundesregierung scheint den letzten Anstoß gegeben zu haben. Neuer Bundesfinanzminister wird nun der bisherige hessische Ministerpräsident Hans Eichel, während Schröder auf einem Sonderparteitag der SPD am 12. April die Nachfolge Lafontaines als SPD-Vorsitzender antreten will.

Der Rücktritt Lafontaines wurde von den Spitzenvertretern der deutschen Wirtschaft einhellig begrüßt. Bedauern äußerten hingegen die Grünen und der Deutsche Gewerkschaftsbund. Die Börse reagierte mit einem "Kursfeuerwerk": Am Morgen des 12.3. kletterte der Deutsche Aktienindex (DAX) innerhalb weniger Minuten um mehr als 300 Punkte auf fast 5100 Zähler. Die Aktien von RWE verteuerten sich um über 12 Prozent, die der Veba um knapp 9 Prozent und die der Viag um 5 Prozent (FR, 12.3.; Handelsblatt, 15.3.).

Nach Meinung des Handelsblatts (15.3.) ist Schröder nunmehr in der Lage, zumindest mittelfristig einen anderen politischen Kurs in der Bonner Koalition durchzusetzen: "Er wird die SPD verändern, er wird sie programmatisch auf einen wirtschaftsfreundlicheren, verstärkt angebotsorientierten Kurs einschwören. Die SPD wird diesen Politikwechsel mitmachen müssen - ihr bleibt keine andere Wahl, wenn sie an der Macht bleiben will. Dieser Politikwechsel wird von heftigen Auseinandersetzungen innerhalb der SPD begleitet sein. Schröder wird viel Fingerspitzengefühl aufbringen müssen, um Herr des Verfahrens zu bleiben."