August 1996 |
960804 |
ENERGIE-CHRONIK |
Als "Panikmache mit Steuergeldern" kritisierte die umweltpolitische Sprecherin der FDP im schleswig-holsteinischen Landtag, Christel Happach-Kasan, eine geplante "Fall-Kontroll-Studie", mit deren Durchführung die Landesregierung den Leiter des Bremer Instituts für Präventionsforschung und Sozialmedizin, Prof. Eberhard Greiser, beauftragen will. Die Studie soll neue Erkenntnisse über die Ursache von Leukämie-Häufungen bei Erwachsenen erbringen, indem z.B. die Nähe des Wohnorts zum KKW Krümmel, zu vielbefahrenen Straßen mit Benzol-Belastung oder zu den elektromagnetischen Feldern von Hochspannungsleitungen untersucht wird. Die FDP-Politikerin hielt der Landesregierung vor, daß sie damit wider besseres Wissen handele: Sogar Energieminister Claus Möller (SPD) habe in einem internen Schreiben einen Zusammenhang zwischen den Leukämie-Häufungen in der Elbmarsch und dem Reaktor Krümmel nach dem derzeitigen Stand der Erkenntnisse ausgeschlossen (Hamburger Abendblatt, 28.8.; Lübecker Nachrichten, 28.8.).
Die Durchführung der Studie ist im Koalitionsvertrag der rot-grünen Landesregierung vorgesehen. Sie soll durch eine intensive vergleichende Untersuchung von Einzelfällen genauere Erkenntnisse bringen als dies bei der umstrittenenen epidemiologischen Untersuchung der Fall war, die Prof. Greiser bereits 1994 im Auftrag der Kieler Landesregierung erstellt hat (siehe 940916 und 950415). Die Kosten werden mit 5,7 Millionen Mark beziffert. Da die Bundesregierung eine Beteiligung wegen der voraussichtlichen Unergiebigkeit der Studie abgelehnt hat, will Schleswig-Holstein 3,7 Millionen Mark übernehmen und Niedersachsen den Rest beisteuern.
Die Strahlenschutzkommission hat auf ihrer 136. Sitzung am 23. Februar 1996 den von Prof. Greiser vorlegten Entwurf der Studie diskutiert und von einer Durchführung abgeraten, weil sie keine neue Erkenntnisse zu den Ursachen der Leukämie- und Lymphonentstehung bei Erwachsenen erwarten lasse. Außerdem wurden Zweifel an der Wissenschaftlichkeit des Studiendesigns vorgetragen, "da willkürlich Regionen in einen Zusammenhang mit dem KKW-Krümmel gebracht werden sollen, von denen bereits bekannt ist, daß dort eine erhöhte Leukämieinzidenz besteht". Die Empfehlung wurde jetzt vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit im Bundesanzeiger (2.8.) veröffentlicht.