Juni 2025

250604

ENERGIE-CHRONIK



Der Industriestrompreis bewegt sich inzwischen wieder auf dem Niveau vor dem russischen Überfall auf die Ukraine. Der Anteil von Beschaffung, Netzentgelt und Vertrieb (blau) ist aber deutlich größer geworden, während der für Steuern, Abgaben und Umlagen (rot) stark zurückging.

EU-Kommission ermöglicht Subventionierung von Industriestrompreisen

Die EU-Kommission beschloss am 25. Juni neue Beihilferegeln, die unter bestimmten Voraussetzungen eine direkte Subventionierung des Strompreises für besonders energieintensive Unternehmen erlauben. Damit bekommt die schwarz-rote Regierung in Berlin grünes Licht, um den im Koalitonsvertrag vereinbarten speziellen "Industriestrompreis" (250403) zu realisieren, den in ähnlicher Weise schon die Ampelkoalition ins Auge gefasst hatte (230507). Die Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) begrüßte den Beschluss und kündigte an, ihr Ministerium werde nun " nun ein konkretes Konzept für einen Industriestrompreis vorlegen, um die Strompreise der Unternehmen weiter schnell zu senken".

Neuregelung ergänzt den "Clean Industrial Deal"

Der neue Beihilferahmen trägt die Bezeichnung "Clean Industrial Deal State Aid Framework“ (CISAF). Mit dieser Namensgebung will die Kommission signalisieren, das er Bestandteil des "Plans für eine wettbewerbsfähige und klimaneutrale EU" ist, den sie am 26. Februar als "Clean Industrial Deal" vorgestellt hat. Er gilt bis 31. Dezember 2030 und ersetzt den "Befristeten Krisenrahmen für staatliche Beihilfen zur Stützung der Wirtschaft infolge der Aggression Russlands gegen die Ukraine" (TCTF), den die Kommission im März 2022 auf Grundlage des Artikels 107 Absatz 3 Buchstabe b des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) erlassen hat.

EU-Kommissarin lobt CISAF als Klimaschutz-Instrument

Der CISAF soll nicht als Geschenk an energieintensive Großunternehmen verstanden werden, sondern als eine Art "Brückenhilfe", bis die Energiewende weiter fortgeschritten ist und die Strompreise wieder auf einem international wettbewerbsfähigen Niveau angelangt sind. Diesen Aspekt unterstrich auch die EU-Klimakommissarin Teresa Ribera: "Es ist ein Instrument, um den Klimaschutz voranzutreiben, die Widerstandsfähigkeit Europas zu stärken und sicherzustellen, dass unsere Industrie weltweit wettbewerbsfähig bleibt."

Strompreis darf bis zur Hälfte des Verbrauchs um bis zu 50 Prozent subventioniert werden

Dagegen machte die Energiekommissarin und EU-Vizepräsidentin keine Angaben zur konkreten Ausgestaltung der CISAF-Beihilfen, als sie nach der Beschlussfassung am 25. Juni in Brüssel vor die Presse trat. Auch die sonstigen offiziellen Informationen waren nicht sehr präzise. Man ist deshalb auf andere Quellen angewiesen. So berichtete das "Handelsblatt" am 23. Juni erstmals über Details, die es aber mit dem Vorbehalt versah, dass ihm nur ein früherer CISAG-Entwurf vorgelegen habe und Änderungen noch möglich seien.

Dem "Handelsblatt" zufolge erlaubt der neue Rahmen einen Nachlass von bis zu 50 Prozent auf den Großhandelsstrompreis. Allerdings gelte das höchstens für die Hälfte des jährlichen Stromverbrauchs einer Firma. Zudem dürfe der Preis durch die Subventionen nicht unter 50 Euro pro Megawattstunde sinken.

Die Maßnahme sei darüber hinaus zeitlich befristet: Die Subventionen dürfen nur für maximal drei Jahre pro Unternehmen gewährt werden und müssen bis spätestens Ende 2030 auslaufen.

Unternehmen müssen sowohl energieintensiv als auch stark aufs internationale Geschäft ausgerichtet sein

Wie es weiter hieß, dürfen von den Strompreisbeihilfen ausschließlich Unternehmen profitieren, die für ihre Produktion einen hohen Strombedarf haben und deren Branche zugleich stark in den internationalen Handel eingebunden ist. Diese doppelte Voraussetzung solle sicherstellen, dass nur Betriebe unterstützt werden, die durch hohe Energiepreise im weltweiten Wettbewerb besonders stark unter Druck geraten sind. In Deutschland gehöre dazu die Chemie- und Stahlindustrie.

Erneuerbaren-Branche kann dem Beihilferahmen nichts abgewinnen

Der Bundesverband Erneuerbare Energie e. V. (BEE) hält den neuen Beihilferahmen für nicht zukunftsgerecht und forderte eine erneute öffentliche Konsultation und Abstimmung. Trotz einzelner positiver Elemente führe CISAF durch die weitergehende Beihilfefähigkeit von sogenannten dekarbonisierten ("low-carbon") Energieträgern auf fossiler und atomarer Basis in die falsche Richtung, erklärte die BEE-Präsidentin Simone Peter am 25. Juni. Damit sei das Dokument in der vorliegenden Form nicht geeignet, den "Clean Industrial Deal" und damit die Energiewende hin zu sauberen, dezentralen, resilienten Erneuerbaren zu beschleunigen, sondern drohe dies zu behindern.

Aus Sicht des Handwerks hat die Kommission zu sehr dem Druck der Bundesregierung nachgegeben

Ablehnend äußerte sich auch der Generalsekretär des Zentralverbands des Deutschen Handwerks, Holger Schwannecke: "Aus Sicht des Handwerks hätte sich die EU-Kommission besser darauf beschränkt, im neuen Beihilferahmen – wie angekündigt – zulässige Investitionsbeihilfen zu regeln, um die Ziele des Clean Industrial Deal zu erreichen. Stattdessen hat sie dem Druck der deutschen Bundesregierung nachgegeben und den Weg für Entlastungen als Industriestrompreis ermöglicht. Auch wenn diese Entlastung zeitlich befristet und an Bedingungen geknüpft ist, bleibt es dabei: Ein Industriestrompreis ist grundsätzlich nicht geeignet, den Wirtschaftsstandort Europa und Deutschland zu stärken. Vielmehr verzerrt er den Wettbewerb zulasten von kleinen und mittleren Handwerksbetrieben, die diese Entlastung mitfinanzieren müssen."

Chemieindustrie begrüßt "mehr Beinfreiheit für Beihilfen"

Dagegen begrüßte der Verband der Chemischen Industrie (VCI) den neuen Beihilferahmen: "Obwohl das Korsett an einigen Stellen noch zu eng ist, ist es ein echter Schritt nach vorn, dass die Europäische Kommission den Mitgliedstaaten endlich mehr Beinfreiheit für Beihilfen gibt", freute sich der VCI-Hauptgeschäftsführer Wolfgang Große Entrup

 

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