November 2024

241104

ENERGIE-CHRONIK


Anschluss ans Höchstspannungsnetz soll je nach Standort unterschiedlich teuer sein

Die Bundesnetzagentur legte am 20. November ein Positionspapier vor, das unterschiedlich hohe Kosten für neue Anschlüsse von Großstromverbrauchern an das Höchstspannungsnetz vorsieht. Und zwar sollen die Baukostenzuschüsse für den Direktanschluss an Netzknoten mit einer Spannung von 360 kV oder 220 kV künftig in fünf Stufen differenziert werden. Den vollen Baukostenzuschuss würden die Übertragungsnetzbetreiber dann nur noch dort verlangen, wo das Netz stark überlastet ist. Wo dies weniger oder überhaupt nicht der Fall ist, verringert er sich in vier Schritten auf 80, 60, 40 oder 20 Prozent (siehe Karte).

Der Effekt dürfte deutlich geringer sein als bei einem Neuzuschnitt der deutschen Stromhandelszone oder der Einführung von lokalen Strompreisen


Im Norden Deutschlands gibt es die meisten Standorte mit stark reduzierten Baukostenzuschüssen für den Anschluss an das Übertragungsnetz. (Vergrößern)
Quelle: Übertragungsnetzbetreiber

Die Behörde legt damit ein alternatives Konzept zur weiteren Aufteilung der EEX-Stromhandelszone vor, die neuerdings ebenfalls verstärkt diskutiert wird, um die Probleme zu entschärfen, die sich aus den Netzengpässen zwischen den heutigen Schwerpunkten der Stromerzeugung (große Wind- und Solarparks) und den Verbrauchsschwerpunkten ergeben. Allerdings sind die einmaligen Baukostenzuschüsse für den Direktanschluss ans Höchstspannungsnetz bei der Standortwahl von industriellen Großverbrauchern weniger entscheidend als eine ganze Reihe von anderen Faktoren. Deshalb dürfte dieses Konzept kaum einen solchen Effekt haben wie ein geändertes Strommarkt-Design durch Neuzuschnitt der EEX-Stromhandelszone oder die Einführung lokaler Preise (240705 und Hintergrund, Juli 2024). Grundsätzlich sinnvoll ist es aber, ähnlich wie das bereits praktizierte Konzept "Nutzen statt Abregeln" gemäß § 13k des Energiewirtschaftsgesetzes, für das die Behörde vor ein paar Monaten die Kriterien festgelegt hat (240704).

"Der Stromnetzausbau für die Energiewende verursacht Kosten", erklärte dazu der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller. "Darum ist ein Preissignal für den bewussten und sparsamen Umgang mit Anschlusskapazitäten und mehr Kosteneffizienz wichtig. Wenn es gelingt, neue Großverbraucher, Speicher oder Elektrolyseure stärker mit Rücksicht auf das vorhandene Stromnetz zu dimensionieren und sich intelligent zu beteiligen, dann sparen wir Kosten beim Netzausbau. Anschlussnehmer sollen in unterschiedlicher Höhe an den Netzkosten beteiligt werden, je nachdem, wie vorteilhaft die Ansiedlung an dem jeweiligen Standort für das Gesamtsystem ist."

Lenkungsfunktion für den einzelnen Anschluss steht im Vordergrund

Die Baukostenzuschüsse seien nicht als Instrument konzipiert, um Netzentgelte substantiell zu senken. Bisher würden sie nur einen einstelligen Prozentsatz der Netzkosten decken. Statt einer Finanzierungsfunktion für das Gesamtsystem stehe die Lenkungsfunktion für den einzelnen Anschluss im Vordergrund. Dabei soll mit finanziellen Signalen zu mehr Kosteneffizienz im Stromnetz beigetragen werden.

Die fünf Abstufungen für die Höhe des Baukostenzuschusses sollen von den Übertragungsnetzbetreibern regelmäßig aktualisiert werden. Jeder Netzverknüpfungspunkt wird einer Stufe zugeordnet, je nachdem, wie sich der neue Anschluss auf die Transportaufgabe auswirkt. Ein Baukostenzuschuss kann dann ermäßigt werden, wenn die Ansiedlung eines Großverbrauchers aus Perspektive des Übertragungsnetzes als sinnvoll erscheint. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn die Ansiedlung eines Industrieunternehmens, eines Elektrolyseur oder eines Stromspeichers an einem bestimmten Standort weniger oder keine Zusatzkosten verursacht.

In Schleswig-Holstein gibt es die größen Nachlässe auf den Baukostenzuschuss

Zugleich kann ein geringerer Baukostenzuschuss beispielsweise die Betreiber von Elektrolyseuren anreizen, einen Standort mit ausreichendem Angebot oder einem Überangebot an Strom auszuwählen. Gemessen an den aktuell geplanten Netzentgelten der Übertragungsnetzbetreiber müsste ein solcher Anschlussnehmer für 600 Megawatt Anschlussleistung einmalig rund 60 Millionen Euro zahlen, wenn er sich an überlasteten Netzknoten ansiedelt. Dagegen würden ihm vier Fünftel dieser Summe erlassen und er müsste nur rund 12 Millionen Euro zahlen, wenn er den Strom im Windpark-reichen Schleswig Holstein aus dem Übertragungsnetz holt. In Niedersachsen und Ostdeutschland gibt es ebenfalls viele Standorte, die zumindest die Einsparung von drei oder zwei Fünftel des vollen Baukostenzuschusses ermöglichen.

Bereits vereinbarte Baukostenzuschüsse für Projekte, die bis zum Jahr 2024 oder auch noch für das Jahr 2025 abgeschlossen werden, bleiben gültig. Auch bereits getroffene Investitionsentscheidungen würden also nicht durch einen Baukostenzuschuss teurer, falls die geplante Regelung so in Kraft tritt.


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