Februar 2021

210204

ENERGIE-CHRONIK


Netzbetreiber dürfen Stromspeicher nur in Notfällen selber errichten und betreiben

Die dem Bundestag vorliegende Novelle zum Energiewirtschaftsgesetz (210203) enthält in § 11b auch die angekündigte Ausnahmeregelung, die es Netzbetreibern ermöglicht, "Energiespeicheranlagen" in eigener Regie zu errichten und zu betreiben, wenn dies aus Gründen der Versorgungssicherheit dringend erforderlich ist (210103). In der Praxis geht es dabei um die als "Netzbooster" bezeichneten Batteriespeicher, die in Bruchteilen von Sekunden hohe Leistungen zur Stabilisierung des Netzes bereitstellen können, bis dauerhaftere Stromquellen aktiviert sind, um die Batteriespeicher zu entlasten. Wegen ihrer Reaktionsschnelligkeit können diese Anlagen auch kurzfristige Überlastungen ausgleichen. Sie ermöglichen so eine großzügigere Auslegung des sogenannten N-1-Kriteriums, demzufolge das Übertragungsnetz selbst nach dem Ausfall eines wichtigen Elements nicht überlastet sein darf. Sie passen allerdings nicht zur neoliberalen Dogmatik des EU-Energierechts, das eine strikte Trennung aller Arten der Stromerzeugung vom Netzbetrieb selbst dann vorschreibt, wenn die Stromerzeugung keinem anderem Zweck als der Aufrechterhaltung der Netzstabilität dient. Die von TransnetBW und anderen Übertragungsnetzbetreibern geplanten "Netzbooster" stießen deshalb bisher auf rechtliche Bedenken der Bundesnetzagentur (190805, 201207).

Neuregelung setzt voraus, dass kein geeigneter "Dritter" zu finden ist

Der neue Paragraph relativiert nun den vorhergehenden § 11a, der die Errichtung, Verwaltung und Betrieb solcher Energiespeicheranlagen zwingend durch "Dritte" vorschreibt, die von den Netzbetreibern per Ausschreibung zu ermitteln und zu beauftragen sind. Die Neuregelung setzt freilich ebenfalls voraus, dass der Netzbetreiber zunächst mal ein Ausschreibungsverfahren gemäß § 11a durchführt. Die Ausnahmeregelung greift erst, wenn kein geeigneter Interessent zu finden war oder sich nach Erteilung des Zuschlags herausstellt, dass der bezuschlagte "Dritte" die Dienstleistung nicht oder nicht rechtzeitig erbringen kann. Erst nach Überwindung dieser Hürden darf die Bundesnetzagentur dem Netzbetreiber erlauben, die "Energiespeicheranlage" selber zu errichten, um sie ausschließlich für netztechnische Zwecke zu betreiben.

Alle fünf Jahre droht erneut ein Zwangsverkauf

Aber damit nicht genug: Eine so erteilte Genehmigung muss von der Regulierungsbehörde alle fünf Jahre überprüft werden, ob nicht auch "Dritte" in der Lage wären, als Eigentümer, Verwalter und Betreiber der Energiespeicheranlage zu fungieren. Wenn dies "mit hinreichender Wahrscheinlichkeit" angenommen werden kann, wird der Netzbetreiber verpflichtet, die Energiespeicheranlage auszuschreiben und nach Erteilung eines Zuschlags innerhalb von 12 Monaten dem neuen Eigentümer zu übertragen, "sofern Belange der Versorgungssicherheit nicht entgegenstehen".

Schlupfloch für "Netzbooster" bis Ende 2024 befristet

Von diesem regelmäßig zu überprüfenden Zwangsverkauf ausgenommen sind lediglich "vollständig integrierte Netzkomponenten" (nach Nr. 38b der aktualisierten Begriffsbestimmungen) sowie Batteriespeicheranlagen "während des üblichen kalkulatorischen Abschreibungszeitraums". In der Praxis bedeutet dies, dass die von den Übertragungsnetzbetreibern geplanten "Netzbooster" nicht wieder verkauft werden müssen, solange sie nicht abgeschrieben sind. Allerdings gilt auch dieses Schlupfloch nur für Anlagen, für die eine entsprechende Investitionsentscheidung von Übertragungsnetzbetreibern bis zum 31. Dezember 2024 bzw. von Verteilernetzbetreibern bis zum 4. Juli 2019 erfolgt ist.

 

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