August 2019

190805

ENERGIE-CHRONIK


Bundesnetzagentur hält Strom-zu-Gas-Projekt für nicht genehmigungsfähig

Die Bundesnetzagentur hält sogenannte Power-to-Gas-Anlagen, mit denen die Netzbetreiber überschüssigen Strom per Elektrolyse zu Wasserstoff umwandeln könnten, beim derzeitigen Stand der Dinge für nicht genehmigungsfähig. Das ergibt sich aus der Stellungnahme der Behörde zum zweiten Entwurf des Netzentwicklungsplans Strom (NEP) für die Zieljahre 2030 und 2035, den die vier Übertragungsnetzbetreiber am 15. April vorgelegt haben.

Konkret geht es um das Projekt "Hybridge", das der Gasfernleitungsbetreiber Open Grid Europe und der Stromtransportnetzbetreiber Amprion im Raum Lingen planen. Sinngemäß gilt die Stellungnahme aber auch für das ähnliche Projekt "element-eins" in Niedersachsen, das der Stromtransportnetzbetreiber TenneT zusammen mit den Fernleitungsbetreibern Gasunie Deutschland und Thyssengas verwirklichen will (190404). Bei beiden Projekten ist keine Rückverstromung des erzeugten Wasserstoffs zu Zwecken der Netzregelung geplant. Insoweit überrascht die ablehnende Stellungnahme nicht.

Die Bundesnetzagentur begrüßt zunächst grundsätzlich, dass die Übertragungsnetzbetreiber sich mit dem "systemdienlichen Einsatz von Power-to-Gas Anlagen befassen". Sie gehe davon aus, dass solche Anlagen künftig eine wichtige Technologie zur Erreichung der Klimaziele seien. Bisher fehle es aber an klaren gesetzlichen Bestimmungen: "Ob unter der bestehenden Rechtslage Power-to-Gas-Anlagen durch den Netzbetreiber errichtet und betrieben werden können oder dies alleine dem Wettbewerb vorbehalten bleibt, ist Gegenstand aktueller Diskussionen."

Die noch in nationales Recht umzusetzende Strommarkt-Richtlinie aus dem EU-Paket "Saubere Energie" (190501) sehe zwar in Artikel 2 Nr. 59 vor, dass Power-to-Gas-Anlagen voraussichtlich als Energiespeicher einzustufen sind. Deren Eigentum und Betrieb durch die Übertragungsnetzbetreiber werde aber gemäß Art. 54 Nr. 1 grundsätzlich ausgeschlossen. Indessen biete der Artikel 54 Nr. 2 wiederum dem Gesetzgeber die Möglichkeit, unter bestimmten Bedingungen Ausnahmen zuzulassen.

Letztlich könne bei dem beantragten Projekt jedoch offenbleiben, ob es gegenwärtig oder bei entsprechender Umsetzung der neuesten EU-Vorschriften durch einen Übertragungsnetzbetreiber betrieben werden dürfte. Denn es handele sich weder um eine Maßnahme im Sinne des §12b Abs. 1 EnWG, noch sei seitens der Übertragungsnetzbetreiber der netztechnische Bedarf der Maßnahme nachgewiesen worden.

Nur 96 von 164 Vorhaben wurden bestätigt

Auch sonst hat die Bundesnetzagentur in zahlreichen Fällen Einwände gegen die Vorhaben, die von den Übertragungsnetzbetreibern bis zum Jahr 2030 für erforderlich gehalten werden. Von den insgesamt 164 vorgeschlagenen Projekten hält sie nur 96 für tatsächlich erforderlich. So hat sie den Bau einer vierten "Stromautobahn" in HGÜ-Technik, die von Schleswig-Holstein über Nordrhein-Westfalen nach Baden-Württemberg führen soll, nur bis Nordrhein-Westfalen bestätigt.

"Netzbooster"-Konzept wirft Vielzahl von Fragen auf

Gestrichen hat die Behörde ferner drei sogenannte Netzbooster, die TransnetBW, Amprion und TenneT bis 2025 in Betrieb nehmen wollten, um eine höhere Auslastung des Übertragungsnetzes zu erreichen. Wie sie dazu feststellt, ist dieses Konzept bisher noch nicht Stand der Technik und seine Umsetzung noch mit einer Vielzahl von Fragen verbunden.

Bei den Netzboostern handelt es sich um Batteriespeicher, die in Sekunden oder Bruchteilen von Sekunden Leistungen zwischen 100 und 500 MW zur Stabilisierung des Netzes bereitstellen können. Die Bundesnetzagentur beschreibt die Funktionsweise so: "Im Gegensatz zur klassischen präventiven Auslegung des (n-1)-Kriteriums, bei der das Übertragungsnetz nach Eintreten eines Ausfalls keine Überlastungen aufweisen darf, lassen reaktive Betriebsführungsansätze wie das Netzbooster-Konzept eine kurzfristige Überlastung im Fehlerfall zu."

 

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