Juni 2020

200603

ENERGIE-CHRONIK


Expertenkommission empfiehlt "schnellstmöglichen Wegfall von Umlagen und Steuern auf Strom"

Die vom Bundeswirtschaftsministerium berufene Expertenkommission zur Überwachung der Energiewende empfiehlt in ihrer neuesten Stellungnahme "den schnellstmöglichen Wegfall von Umlagen und Steuern auf Elektrizität". Dies sei notwendig, um die deutschen Klimaziele bis 2030 doch noch erreichen zu können. Ersatzweise könne der weitere Ausbau der regenerativen Stromerzeugung durch einen entsprechend hohen Kohlendioxid-Zuschlag auf fossile Energieträger "mittelfristig weitgehend refinanziert" werden, heißt es in dem am 15. Juni bekanntgewordenen Papier (siehe PDF).

Strompreise würden um 31 Milliarden Euro entlastet

Konkret sollen die Umlagen aufgrund des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) und des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes (KWKG) entfallen, die den Strompreis mit 23,9 bzw. 0,9 Milliarden Euro belasten. Ferner soll die Stromsteuer praktisch abgeschafft werden, die bisher mit 2,05 Cent pro Kilowattstunde erhoben wird und dem Staat insgesamt rund 6,7 Milliarden Euro einbringt. Durch ihre Reduzierung auf den von der EU-Energiesteuerrichtlinie vorgeschriebenen Mindestsatz von 0,1 Cent würde sie auf den Stromrechnungen nur noch mit rund 327 Millionen Euro zu Buche schlagen. So ergäbe sich eine Entlastung der Stromrechnungen um insgesamt gut 31 Milliarden Euro. Sofern gleichzeitig ein CO2-Preis von 50 Euro pro Tonne in allen Sektoren sichergestellt werde, stünde dem vorab schon mal ein Refinanzierungsvolumen von rund 25 Milliarden Euro gegenüber.

Nachhaltige Produkte wie Elektroautos oder Wärmepumpen würden attraktiver

Im Zuge der Corona-Krise gewinne der Vorschlag einer Energiepreisreform zusätzlich an Bedeutung. Der Wegfall der Abgaben und Umlagen beim Strompreis entlaste die Haushalte und viele Unternehmen, schaffe Chancen für neue Geschäftsmodelle und mache nachhaltige Produkte wie batterieelektrische Fahrzeuge oder Wärmepumpen attraktiver. Somit seien von der Reform unmittelbar konjunkturbelebende Effekte zu erwarten, auch wenn der Wegfall der Abgaben und Umlagen nicht vollständig durch die Einnahmen aus einer CO2-Bepreisung gegenfinanziert wird.

Bisheriges Instrumentarium ist zu kleinteilig, zu kurzfristig und zu wenig verzahnt

Deutschland versuche seit langem, mit einer Vielzahl von komplexen Fördermechanismen die Klimaschutzziele zu erreichen, stellen die vier Experten fest. Dieses Instrumentarium sei aber häufig nicht an den den Treibhausgasemissionen als Ursache des Klimawandels ausgerichtet. Außerdem sei es zu kleinteilig, zu kurzfristig und zu wenig verzahnt. So ergäben sich unterschiedliche Preissignale für CO2. Um eine kosteneffizientere Klimapolitik zu erreichen, seien ein möglichst umfassender Handel mit Emissionsberechtigungen oder eine ebenso umfassende CO2-Abgabe erforderlich. Das Europäische Emissionshandelssystem (ETS), die Energiesteuerrichtlinie der EU und auch die neuerdings in Deutschland beschlossene CO2-Bepreisung genügten diesen Anforderungen nur in Ansätzen. Sie seien deshalb zu reformieren, "um ein substantielleres, möglichst einheitliches CO2-Preissignal zu schaffen". Dies würde nicht nur dem Klima nützen, sondern auch die Chancen für Technologien zur Sektorenkopplung und einen marktgetriebenen Kohleausstieg ohne neue staatliche Interventionen verbessern. Ferner würden sich die Förderkosten erneuerbarer Energien reduzieren.

Experten beraten die Bundesregierung seit bald zehn Jahren

Die vierköpfige Expertenkommission begleitet den sogenannten Monitoring-Prozess "Energie der Zukunft", der 2011 von der Bundesregierung ins Leben gerufen wurde. Sie nimmt auf wissenschaftlicher Grundlage Stellung zu den Fortschrittsberichten der Bundesregierung. Die Berufungsperiode der derzeitigen Kommission begann am 1. Juli 2019 und endet am 30. Juni 2022. Mitglieder sind die Professoren Andreas Löschel (Universität Münster), Fritjof Staiß (Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg), Veronika Grimm (Deutsches Zentrum für Luft und Raumfahrt) und Barbara Lenz (Humboldt-Universität). Löschel und Staiß gehörten schon der vorigen Kommission an. Grimm und Lenz traten an die Stelle von Georg Erdmann (TU Berlin) und Hans-Joachim Ziesing (Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen).

 

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