Februar 2020 |
200205 |
ENERGIE-CHRONIK |
Mit drei Jahren Verspätung erhielten nun endlich drei voneinander unabhängige Unternehmen die Bescheinigung, dass ihre "intelligenten Meßsysteme" den technischen Mindestanforderungen genügen. Die erste bekam im Dezember 2018 die Power Plus Communications AG PPC (links), die zweite im September 2019 die Sagemcom Dr. Neuhaus GmbH (rechts) und die dritte im Dezember 2019 die EMH metering GmbH & Co (Mitte). Die Geräte weiterer Hersteller befinden sich noch im Zertifizierungsverfahren. |
Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) hat jetzt die Marktverfügbarkeit von sogenannten intelligenten Messsystemen (iMS) gemäß § 30 des Messstellenbetriebsgesetzes festgestellt. Eine entsprechende Allgemeinverfügung wurde am 14. Februar im Bundesanzeiger veröffentlicht und gilt mit dem 24. Februar als bekanntgegeben. Damit sind die "grundzuständigen Meßstellenbetreiber" ab sofort verpflichtet, solche digitalen Zähler bei allen Niederspannungskunden einzubauen, soweit diese jährlich zwischen 6.000 und 100.000 Kilowattstunden verbrauchen und keine registrierende Leistungsmessung erfolgt. Gemäß § 31 hat die Umstellung binnen acht Jahren zu erfolgen, wobei der Meßstellenbetrieb nach erfolgtem Einbau nicht mehr als 100 bis 200 Euro jährlich kosten darf.
Für die Masse der Niederspannungskunden, deren Jahresverbrauch unter 6.000 Kilowattstunden liegt, ist lediglich eine optionale Umstellung auf digitale Zähler bzw. "Smart-Meter" vorgesehen. Es liegt damit im Ermessen des "grundzuständigen Meßstellenbetreibers" – das ist der Netzbetreiber oder ein von ihm beauftragtes Unternehmen – , ob er die Umrüstung vornimmt und ob sich das für ihn lohnt: Der Meßstellenbetrieb darf dann bei einem Verbrauch bis zu 2.000 kWh höchstens 23 Euro jährlich kosten. Bis 3.000 kWh sind es 30 Euro, bis 4.000 kWh 40 Euro und bis 6.000 kWh 60 Euro. Als Jahresstromverbrauch gilt der Durchschnitt der drei letzten Jahresverbrauchswerte.
Laut Gesetz sollten die digitalen Zähler für die Großverbraucher unter den Niederspannungskunden bereits ab 2017 verpflichtend eingeführt werden. Das scheiterte aber an der Vorgabe, dass die Messsysteme von mindestens drei voneinander unabhängigen Unternehmen den technischen Mindestanforderungen nach § 22 genügen müssen. Es dauerte bis Dezember 2018, ehe das Bundesamt das erste "Smart Meter Gateway" zertifizieren konnte (181212). Ganz allgemein verfügten die Geräte noch nicht über die erforderliche Marktreife für einen breit angelegten "Rollout", wie im anglisierenden Neusprech die Markteinführung inzwischen auch amtlich bezeichnet wird (siehe Hintergrund, November 2015). Im Mai 2017 veröffentlichte die niederländische Universität Twente sogar das Ergebnis einer Untersuchung, wonach Smart-Meter mitunter erheblich ungenauer maßen als die alten Ferraris-Stromzähler. Je nach Versuchsanordnung waren bei den neun untersuchten Geräten die Meßergebnisse um bis zu 582 Prozent zu hoch oder um 30 Prozent zu niedrig (170503).