August 2019

190813

ENERGIE-CHRONIK


Windreich-Prozess hat begonnen

Vor dem Landgericht Stuttgart begann am 21. August der Prozess gegen den ehemaligen Chef und Eigentümer des Windreich-Konzerns, der vor sechs Jahren Insolvenz anmeldete (131109). Die Staatsanwaltschaft wirft dem 59-jährigen Willi Balz Insolvenzverschleppung und Beihilfe zur Insolvenzverschleppung vor. Weitere Vorwürfe sind Betrug in Höhe von mehreren Millionen Euro, Kreditbetrug, Bilanzfälschung, Verletzung der Berichtspflicht, Gläubigerbegünstigung und Insiderhandel.

Urteil ist nicht vor Frühjahr 2020 zu erwarten

Unter den sieben Mitangeklagten befindet sich der ehemalige baden-württembergische Wirtschaftsminister Walter Döring (FDP), der von 2010 bis 2012 erst Aufsichtsratsvorsitzender und dann stellvertretender Vorsitzender der Windreich AG war (170108). Für das Verfahren sind zunächst 48 Verhandlungstage angesetzt. Die Staatsanwaltschaft benötigte mehr als drei Stunden, um die über 500 Seiten umfassende Anklageschrift zu verlesen. Ein Urteil ist nicht vor Frühjahr 2020 zu erwarten.

Neben dem Ex-Minister Döring saß auch Sabine Christiansen im Aufsichtsrat

Balz galt als Windkraft-Pionier. Er war zunächst ein erfolgreicher Unternehmer und der größte Projektentwickler für Offshore-Windparks in der deutschen Nordsee. Anfang 2010 wandelte er sein Unternehmen aus einer GmbH in einer Aktiengesellschaft um, um damit an die Börse zu gehen. Den Aufsichtsrat dekorierte er mit Döring als Vorsitzendem und der bekannten Fernsehmoderatorin Sabine Christiansen als Stellvertreterin. Es gelang ihm aber nicht, auf diese Weise seine Finanznöte zu lindern. Er mußte sogar das Windpark-Projekt "Deutsche Bucht" einem britischen Investor zum Schnäppchenpreis überlasssen (130310). Im März 2013 durchsuchte die Staatsanwaltschaft die Hauptverwaltung der Windreich AG und vier Privatwohnungen wegen Verdachts der Bilanzfälschung (130314). Damit begannen die Ermittlungen, die jetzt zur Anklage führten.

In der Verhandlung am 26. August wies Balz – wie schon früher – die Vorwürfe der Insolvenzverschleppung und des Betrugs zurück. Stattdessen beschuldigt er die Staatsanwaltschaft, sie habe mit ihrer Razzia die Geschäftspartner verschreckt und damit die Insolvenz erst herbeigeführt.

 

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