Juli 2017

170711

ENERGIE-CHRONIK


Offshore-Netzanbindungen sollen billiger werden

Der Übertragungsnetzbetreiber TenneT berichtete am 17. Juli über eine deutliche Kostensenkung bei den soeben abgeschlossenen Verhandlungen über die Vergabe der Netzanbindung DolWin6 in der Nordsee, die im "Cluster 3" eine Kapazität von 900 MW für die Stromabfuhr von mehreren Windparks bereitstellen wird. Im Vergleich mit den noch in Bau befindlichen Projekten DolWin3 und BorWin3 seien die spezifischen Kosten pro Kilometer und pro Megawatt installierter Leistung gesunken, erklärte Lex Hartman, Mitglied der TenneT-Geschäftsführung. Es habe eine durchschnittliche Senkung der Vergabepreise um rund 15 Prozent erzielt werden können. Insgesamt lägen die Vergabepreise für DolWin6 bei unter einer Milliarde Euro, während sie für vergleichbare Vorgängerprojekte noch deutlich über einer Milliarde Euro betragen hätten. Somit seien – so wurde in der Pressemitteilung von TenneT betont – "Bau und Betrieb der Offshoreanschlüsse sowie deren Anbindung und Integration in das Höchstspannungsnetz an Land bestens in den Händen eines erfahrenen Übertragungsnetzbetreibers wie TenneT aufgehoben".

Dong schlägt vor, Windparkbetreiber auch die Netzanschlüsse besorgen zu lassen

Anscheinend reagierte der TenneT-Vorstand damit auf einen Vorstoß des dänischen Offshore-Windpark-Marktführers Dong Energy. In einem Interview mit "energate" (26.6.) hatte der kaufmännische Geschäftsführer der deutschen Dong-Windsparte, Volker Malmen, von fehlenden Wettbewerb in diesem Sektor gesprochen und vorgeschlagen, den Windpark-Betreibern auch die Herstellung der Netzanbindungen zu überlassen. Dadurch könnten die Installationsarbeiten zeitlich abgestimmt und so die Kosten gesenkt werden. Außerdem entfielen mögliche Entschädigungszahlungen für die Betreiber bei Verzögerungen des Netzanschlusses, wie sie in Deutschland durch das Offshore-Haftungsgesetz der Gesamtheit der Stromverbraucher aufgebürdet werden. Die gesetzlichen Entflechtungsvorschriften, die eine Trennung des Netzbetriebs von Stromerzeugung und -vertrieb verlangen, könnten dabei eingehalten werden, indem der Netzanschluss nach Fertigstellung an einen unabhängigen Netzbetreiber verkauft wird.

"Politik oder Bundesnetzagentur müßten die Initiative ergreifen"

Dong habe wiederholt versucht, Gespräche über eine solche Lösung anzuregen, sagte Malmen. Es sei aber nicht gelungen, Übertragungsnetzbetreiber, Windparkbetreiber und die Bundesnetzagentur an einen Tisch zu bringen, um solche Optimierungsmöglichkeiten zu diskutieren. Das liege wohl auch am Fehlen richtiger Vertragsbeziehungen. Deshalb müßten die Politik oder die Bundesnetzagentur die Initiative ergreifen. Die Anforderungen an den Netzbetreiber sollten schärfer formuliert werden. Gegebenenfalls sei auch die Ausschreibung der Netzanschlüsse durch eine unabhängige Stelle zu erwägen, wie sie bei den Windpark-Projekten bereits praktiziert wird.

TenneT sieht im britischen Modell kein Vorbild

"Ich halte sehr wenig davon", erklärte der für den Offshore-Bereich zuständige TenneT-Vorstand Wilfried Breuer zur Sichtweise von Dong. Das sei im Prinzip das britische Modell, während das deutsche Modell auch von Dänemark und den Niederlanden angewendet werde. Gerade in diesen drei Ländern gebe es derzeit niedrige Gebote der Offshore-Windindustrie, und der Grund dafür sei, daß die Unternehmen den Netzanschluß nicht als Teil ihres Investments und ihres Risikopakets betrachten müßten. Dies spreche mehr für das deutsche Modell als für das britische. Letztlich sei es aber eine politische Frage, "ob ich die Offshore-Netzinfrastruktur in die Hände gewinnorientierter Investoren gebe und mir davon eine höhere Effizienz verspreche – oder ob ich sie in die Hände regulierter Unternehmen gebe, deren Einkommen gedeckelt sind und die die Erfahrungen in einer Hand konsolidieren".

Bauaufträge für DolWin6 gingen an Siemens und Nexans

Der Übertragungsnetzbetreiber TenneT ist nach der bisherigen gesetzlichen Regelung für den Netzanschluß sämtlicher Windparks in der deutschen Nordsee zuständig. DolWin6 ist das 13. Offshore-Netzanschlußsystem, das er in der deutschen Nordsee umsetzt. Bisher hat er sieben Gleichstrom- und zwei Wechselstromanbindungen fertiggestellt. Drei weitere Anbindungen befinden sich im Bau (siehe Tabelle). Den Auftrag für DolWin6 vergab er jetzt an Siemens und der Kabelhersteller Nexans. Siemens liefert die komplette Technik zur Hochspannungsgleichstrom-Übertragung (HGÜ). Nexans produziert und verlegt die Gleichstromkabel zwischen den beiden Konverterstationen, die 90 Kilometer voneinander entfernt sind, sowie ein Glasfaserkabel für den Datenaustausch.

Dong hat drei Nordsee-Windparks in Betrieb und drei in der Planung

Dong hat im Oktober 2015 mit "Borkum Riffgrund 1" (312 MW) seinen ersten Windpark vor der deutschen Nordsee-Küste in Betrieb genommen (151007). Im vergangenen Jahr folgten die Windparks Gode Wind 1(330 MW) und Gode Wind 2 (252 MW), bei denen Dong jeweils der Betreiber und zur Hälfte Eigentümer ist (131111, 151007). Bei der ersten Ausschreibung für Windparks in der Nordsee sicherten sich die Dänen außerdem im April dieses Jahres die Windpark-Projekte OWP West (240 MW), Borkum Riffgrund West 2 (240 MW) und Gode Wind 3 (110 MW) mit einer Gesamtleistung von 590 MW (170401). Der Netzanschluß von Gode Wind 3 erfolgt über DolWin 6.

"Windparkbetreiber könnten bei Errichtung von Netzanbindungen helfen"

Die offizielle Einweihung der Offshore-Windparks Gode Wind 1 und 2 fand mit mehr als halbjähriger Verzögerung am 26. Juni statt. Bei der Feier in den Räumlichkeiten der Königlich Dänischen Botschaft in Berlin plädierte Samuel Leupold, Mitglied des Konzernvorstandes von Dong Energy, ebenfalls für eine Revision der bisherigen Netzanbindungs-Praxis: "Es ist für uns extrem wichtig, dass die Netzanschlüsse rechtzeitig zur Fertigstellung der Windparks vorhanden sind. Diese Verläßlichkeit ist ebenso bedeutend wie die Frage, wie die Netzkosten so gestaltet werden können, daß sie für die Bürgerinnen und Bürger akzeptabel bleiben. Unternehmen wie Dong Energy können in Zukunft - wie auch in Großbritannien - bei der Errichtung der Netzanbindungen helfen. Das sind neue Modelle, die auch hierzulande in Zukunft diskutiert werden können."

Durchschnittsleistung neuer Offshore-Windkraftanlagen stieg auf 5,8 MW

Im ersten Halbjahr 2017 gingen vor der deutschen Küste 108 Offshore-Windkraftanlagen mit einer installierten Leistung von 626 MW erstmals ans Netz. Die neuen Anlagen verfügten somit über eine durchschnittliche Nennleistung von 5,8 MW. Gegenüber dem Vorjahr ist das eine Zunahme um elf Prozent. Der Rotordurchmesser betrug im Durchschnitt 144 Meter und die Nabenhöhe 98 Meter. Dies ergibt sich aus dem Bericht für das erste Halbjahr 2017, den die Deutsche Windguard GmbH im Juli vorlegte.

 


Netzanbindungen und damit angeschlossene Windparks in der Nordsee

(siehe auch Karte der Windparks in der Nord- und Ostsee)

In Betrieb: Kapazität (MW) Inbetrieb-nahme Stromart Länge See Länge Land Netzverknüpfung Angeschlossene
Windparks
alpha ventus 62
2009
AC
60 6 Umspannwerk Hagermarsch
alpha ventus (60 MW)
BorWin1 400
2010
DC
125 75 Konverterstation
Diele
Bard 1 (400 MW)
BorWin2 800
2015
DC
125 75 Konverterstation
Diele

Global Tech 1 (400 MW)
Veja Mate (400 MW)

DolWin1 800
2015
DC
75 90 Konverterstation
Dörpen-West
Borkum Riffgrund 1 (312 MW)
Trianel WP Borkum (200 MW)
DolWin2 916
2016
DC
45 90 Konverterstation
Dörpen-West
Gode Wind 1 (330 MW)
Gode Wind 2 (252 MW)
HelWin1 576
2015
DC
85 45 Konverterstation
Büttel
Meerwind Süd/Ost (288 MW)
Nordsee Ost (295 MW)
HelWin2 690
2015
DC
85 45 Konverterstation
Büttel
Amrumbank West (288 MW)
Riffgat 113
2014
AC
50 30 Umspannwerk
Emden-Borßum
Riffgat (108 MW)
SylWin1 864
2015
DC
160 45 Konverterstation
Büttel
Dan Tysk (288 MW)
Butendiek (288 MW)
Sandbank (72 MW)
In Bau / beauftragt:
BorWin3 900
2019
DC
130 30 Konverterstation
Emden-Ost
 
DolWin3 900
2018
DC
80 80 Konverterstation
Dörpen-West
 
Nordergründe 111
2017
AC
28 4 Umspannwerk
Inhausen
Nordergründe (111 MW)
Bis 2025 noch zu errichten:
DolWin6 900
2023
DC
45 45 Konverterstation Emden-Ost  
DolWin5 900
2024
DC
100 30 Konverterstation Emden-Ost  
BorWin5 900
2025
DC
125 125 (im Raum Cloppenburg)  
SylWin2 536 (?)
2025
DC
160 45 Konverterstation
Büttel
 

 

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