Mai 2017 |
170502 |
ENERGIE-CHRONIK |
Die verbrauchsabhängige Abrechnung der Heiz- und Warmwasserkosten, wie sie seit 1981 von der Heizkostenverordnung vorgeschrieben wird, hat eine lukrative und oligopolartig verfaßte Branche entstehen lassen, von der Mieter und Wohnungseigentümer über Gebühr geschröpft werden. Dies zeigt der Abschlußbericht zu einer Sektoruntersuchung des Wirtschaftszweigs "Submetering", den das Bundeskartellamt am 4. Mai vorlegte.
"Wenige große Unternehmen beherrschen den Markt für Ablesedienste von Heiz- und Wasserkosten", faßte Kartellamtspräsident Andreas Mundt das Ergebnis zusammen. "Ein Anbieterwechsel ist regelmäßig mit hohen Kosten verbunden und durch lange Vertragslaufzeiten sowie technische Hürden zusätzlich erschwert. Es ist ein Grundproblem, daß die Kosten für das Ablesen in der Regel vom Mieter getragen werden, die Auswahl und die Beauftragung des Ablesedienstes hingegen der Vermieter trifft. Eine Belebung des Wettbewerbs kann im Ergebnis dazu führen, daß die Verbraucher weniger bezahlen müssen. Wir haben dazu in unserem Bericht Vorschläge für gesetzliche Maßnahmen formuliert. Außerdem behalten wir uns vor, marktabschottende Verhaltensweisen der Anbieter genauer zu prüfen."
Die Behörde sieht demnach keine Handhabe, um ein Kartellverfahren zur Abschöpfung ungerechtfertigter Gewinne einzuleiten. Wie schwierig solche Sanktionen durchzuführen sind, hat sich soeben erst bei der Sektoruntersuchung Fernwärme gezeigt (170208). Sie hält aber doch gesetzliche Änderungen für notwendig, um bei der Heizkosten-Abrechnung für mehr Wettbewerb zu sorgen. Zum Beispiel müßte die Branche auf einheitliche technische Standards verpflichtet werden, die dem Kunden einen problemlosen Wechsel ermöglichen. Zu überlegen wäre ferner eine Verlagerung der Abrechnungskosten auf Vermieter und Hausverwaltungen, die ohnehin zu dieser Dienstleistung verpflichtet sind und sie bei höherem Kostenbewußtsein wahrscheinlich auch häufiger selber durchführen würden.
Die größte Herausforderung für die bisher arg verwöhnte Branche wird aber die Digitalisierung der Stromzähler sein, wie sie sich aus dem Meßstellenbetriebsgesetz (MsbG) ergibt, das als Hauptbestandteil des "Gesetzes zur Digitalisierung der Energiewende" im Juni vorigen Jahres vom Bundestag verabschiedet wurde (160606). In § 20 dieses Gesetzes ist schon jetzt vorgesehen, daß an die sogenannten "Smart-Meter-Gateways" auch neue Gaszähler angeschlossen werden. Es liegt nahe, es dabei nicht zu belassen, sondern sämtliche Verbrauchsdaten eines Haushalts über eine einzige Schnittstelle zu übertragen. Das kommt übrigens auch in § 6 Abs. 1 und § 21 Abs. 1 zum Ausdruck, wo explizit von Heizwärme die Rede ist. Ebenso wäre es wenig sinnvoll, unterschiedliche Meßstellenbetreiber mit den Aufgaben des "Smart-Meter-Gateway-Administrators" zu betrauen, wie sie in § 25 aufgezählt sind. Es dürfte sich somit ein heftiger Wettbewerb um die Messung und Abrechnung häuslicher Verbrauchsdaten insgesamt entwickeln, bei dem Platzhirsche wie Ista und Techem mit Stromnetzbetreibern als den "grundzuständigen Meßstellenbetreibern" gemäß § 3 und anderen neuen Anbietern konkurrieren.
Wohl auch mit Blick auf diese Entwicklung haben die Heizkosten-Ableser schon weitgehend darauf verzichtet, die verbrauchsabhängigen Abrechnungen mit den herkömmlichen Vedunstungs-Röhrchen durchzuführen, die von Beaufragten der Unternehmen jährlich neu installiert und abgelesen werden müssen. Stattdessen haben sie Verfahren eingeführt, bei denen die Meßdaten zumindest bis in den Bereich vor der Haustür per Funk übermittelt und so ohne aufwendige Terminvereinbarung abgelesen werden können. Schon 2014 erfolgte die Datenübermittlung zu 38,6 Prozent in dieser Weise und nur noch zu 61,4 Prozent durch die herkömmliche Ablesung. Falls den Heizkosten-Abrechnern der Sprung zum "Smart-Meter-Gateway-Administrator" gelingt, könnten sie die Funkübertragung auf das Gateway umstellen. Andernfalls könnten sie zumindest ihren bisher erworbenen Besitzstand besser verteidigen als mit dem alten, umständlichen Verfahren.
Nach Feststellung des Bundeskartellamts erzielten die untersuchten Submetering-Unternehmen 2014 eine durchschnittliche Netto-Umsatzrendite von 15,48 Prozent. Die beiden Marktführer Techem und Ista teilten sich dabei 50 bis 60 Prozent des Marktvolumens. Bezieht man die Wettbewerber Kalorimeta, Brunata und Minol mit ein, hatten die fünf größten Anbieter einen Marktanteil von 70 Prozent. Auf den Rest der rund 300 Firmen in dieser Branche entfielen damit nur noch Krümel in der Größe von durchschnittlich 0,1 Prozent. Die Behörde sieht deshalb "erhebliche Anhaltspunkte für das Vorliegen eines wettbewerbslosen Oligopols, dem zumindest die beiden Marktführer, möglicherweise aber auch weitere der größten fünf Anbieter, angehören".