September 2016 |
160905 |
ENERGIE-CHRONIK |
Nach siebenwöchigem Zögern hat die neue britische Premierministerin Theresa May nun doch grünes Licht für den geplanten Neubau von zwei EPR-Reaktoren am KKW-Standort Hinkley Point gegeben, der unter ihrem Amtsvorgänger David Cameron vorangetrieben wurde. Sie hatte das Projekt überraschenderweise mit Fragezeichen versehen, nachdem die mit der Durchführung beauftragte Electricité de France (EDF) Ende Juli ihre Investitionsentscheidung verkündet hatte (160714). Auch beim staatlichen chinesischen Atomkonzern CGN, der als Juniorpartner der EDF mit einem Drittel an dem Projekt beteiligt ist, hatte das Zögern Irritationen und Verärgerung ausgelöst, zumal die Regierungschefin ihre Bedenken mit der Mitwirkung der Chinesen an einem derart sensiblen Vorhaben begründet haben soll (siehe Hintergrund).
Die Bedenken wegen der chinesischen Beteiligung könnten aber auch vorgeschoben gewesen sein, um davon abzulenken, daß mit dem beschlossenen Austritt Großbritanniens aus der EU der KKW-Neubau zu einer noch größeren Belastung wird. Der auf 35 Jahre garantierte und zusätzlich mit einem Inflationsausgleich versehene Strompreis von 92,5 Pfund pro Megawattstunde wird den Stromverbrauchern aufgebürdet und schwächt damit deren Kaufkraft. Trotz des Kursverfalls des britischen Pfunds entspricht diese Subventionierung derzeit noch immer etwa 107 Euro pro Megawattstunde. Das ist ungefähr das Vierfache des aktuellen Börsenpreises für Grundlaststrom an der Epex Spot und liegt auch weit über den britischen Großhandelspreisen.
Die britische Regierung gab ihre Entscheidung als Ergebnis einer "umfassenden Prüfung" am 15. September bekannt. Zugleich kündigte sie Vorkehrungen an, die verhindern sollen, daß die französische Mehrheitsbeteiligung an den beiden KKW-Blöcken ohne ihre Zustimmung verkauft werden kann. Auch für weitere Reaktor-Neubauten will sie ein solches Vetorecht einführen. Mit den beiden Reaktoren Hinkley Point C werde eine neue Ära des Reaktorbaues in Großbritannien eröffnet, hieß es in der Pressemitteilung weiter. Die gegenwärtig in Betrieb befindlichen Reaktoren, die ein Fünftel der Stromerzeugung decken würden, müßten alle bis 2030 stillgelegt werde, da seit über zwei Jahrzehnten keine neuen Kernkraftwerke mehr ans Netz gingen.
Die Electricité de France zeigte sich erleichtert und erfreut darüber, daß Großbritannien weiterhin auf den Neubau von Kernkraftwerken setzt. Damit kämen die seit zehn Jahre andauernden Vorbereitungen und Planungen zu einem erfolgreichen Abschluß. Nach Ansicht von EDF-Chef Jean-Bernard Lévy beginnt mit der Entscheidung der britischen Regierung sogar der "Wiederaufstieg der Kernenergie in Europa".
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Standort | Region | MW brutto | Reaktortyp | Inbetriebnahme |
Dungeness B1 | Kent | 615 | GCR | 1985 |
Dungeness B2 | Kent | 615 | GCR | 1989 |
Hartlepool A1 | Durham | 655 | GCR | 1989 |
Hartlepool A2 | Durham | 655 | GCR | 1989 |
Heysham A1 | Lancashire | 625 | GCR | 1989 |
Heysham A2 | Lancashire | 625 | GCR | 1989 |
Heysham B1 | Lancashire | 680 | GCR | 1989 |
Heysham B2 | Lancashire | 680 | GCR | 1989 |
Hinkley Point B1 | Somerset | 655 | GCR | 1978 |
Hinkley Point B2 | Somerset | 655 | GCR | 1976 |
Hunterston B1 | Ayrshire | 644 | GCR | 1976 |
Hunterston B2 | Ayrshire | 644 | GCR | 1977 |
Sizewell B | Suffolk | 1250 | DWR | 1995 |
Torness1 | East Lothian | 682 | GCR | 1988 |
Torness2 | East Lothian | 682 | GCR | 1989 |
* Nach Angaben der IAEA – Der Reaktortyp GCR steht für einen gasgekühlten Reaktor, der Graphit als Moderator und Kohlendioxid als Kühlmittel verwendet. |