Auf Anfrage der ENERGIE-CHRONIK begründete der Pressesprecher der Bundesnetzagentur,
Fiete Wulff, die Diskrepanzen zwischen zugestandener Eigenkapitalverzinsung
und tatsächlich erzielten Renditen der Netzbetreiber am 19. Mai 2016 folgendermaßen:
Die nach handelsrechtlichen Bilanzierungsvorschriften ausgewiesene Renditen
sind von den nach den Vorschriften der Energierechts festgelegten Eigenkapitalzinssätzen
zu unterscheiden. Das Abweichen zwischen der durch die Bundesnetzagentur bei
der Bestimmung der Erlösobergrenzen verwendeten kalkulatorischen Eigenkapitalrendite
und den im zitierten Gutachten ausgewiesenen Renditen der Netzbetreiber ergibt
sich aus verschiedenen Gründen:
- Bei der Bestimmung der Erlösobergrenzen ist die Bundesnetzagentur an
die kalkulatorische Grundlage nach Vorgaben aus der Strom- und GasNEV gebunden.
D.h. dass bspw. der Wert des betriebsnotwendigen Sachanlagevermögens nicht
direkt aus der nach dem Handelsgesetzbuch bestimmten Bilanz übernommen
wird, sondern gemäß den Sonder-vorschriften der Strom- und Gasnetzentgeltverordnung
neu berechnet wird. Hierbei kommen kalkulatorische Nutzungsdauern zur Anwendung,
die in der Regel deutlich länger als die entsprechenden handelsrechtlichen
Nutzungsdauern.
- Darüber hinaus wird abweichend von den handelsrechtlichen Vorgaben in
den Entgeltverordnungen bei den Abschreibungen wie auch bei der Bestimmung des
betriebsnotwendigen Eigenkapitals das sog. Prinzip der Nettosubstanzerhaltung
für Altanlagen (Aktivierung vor 2006) vorgegeben. Dies bedeutet, dass sowohl
für die Abschreibungen als auch für die Restbuchwerte der Altanlagen
als Grundlage für die Verzinsungsbasis Tagesneuwerte und nicht historische
Anschaffungs- und Herstellungskosten anzusetzen sind.
- Die zulässigen Erlöse der Netzbetreiber werden über die Erlösobergrenzen
der Netzbetreiber grundsätzlich pauschal für fünf Jahre festgelegt.
Kann der Netzbetreiber seine Kosten senken, kann er in einzelnen Jahren erhöhte
Gewinne erzielen. Handelsrechtlich drückt sich dies in Form einer erhöhten
Eigenkapitalverzinsung aus. In anderen Jahren kann die Rendite wegen erhöhter
Kosten dann wiederum geringer ausfallen. Es ist gerade der Grundgedanke der
Anreizregulierung, dass Netzbetreiber ihre genehmigten Erlöse durch Kosteneinsparung
unterbieten und damit erhöhte Gewinne ausweisen können. Ziel ist,
dass damit Einsparpotenziale offenbart werden, die sich in Folgeperioden wiederum
als Kosteneinsparungen für den Netzkunden auswirken, da in der darauf folgenden
Kostenprüfung die erzielten Kostensenkungen im Rahmen der Bestimmung der
anerkannten Netzkosten erfasst werden. So werden auch in dem monopolistisch
geprägten Netzbereich Anreize für die Erhöhung der Kosteneffizienz
gesetzt.
- Ein wesentlicher Bestandteil der Erlösobergrenzen und prägendes
Element der Anreizregulierung ist der sogenannte Sockelbetrag. Die Erlöse
werden nur alle fünf Jahre auf Grundlage des im Basisjahr vorliegenden
Vermögens bzw. der vorliegenden Kosten bestimmt und dann in der Erlösobergrenze
"eingefroren". Diesen fixierten Kosten bzw. Erlösen stehen
im Verlauf einer Regulierungsperiode tatsächlich sinkende Kapitalkosten
gegenüber – die Kapitalbindung der Netzbetreiber nimmt wegen vorangehender
Abschreibungsverläufe also ab, die Verzinsung und die vereinnahmten Abschreibungsbeträge
bleiben jedoch gleich. Die Unterschiedsbeträge aus tatsächlichen
Kapitalkosten und den in der Erlösobergrenze enthaltenen Beträgen
können kurz- bis mittelfristig wie eine Gewinnerhöhung wirken kann.
Allerdings benötigen die Netzbetreiber den Sockelbetrag im weiteren Verlauf
ihres Investitionszyklus, sobald die Investitionstätigkeit, bspw. bei
zunehmendem Ersatzbedarf, wieder zunimmt und die tatsächlich entstehenden
Kapitalkosten höher sind als die in der Erlösobergrenze fixierten
Kapitalkosten. Es ergeben sich systemimmanent im Zeitablauf positive und negative
Sockelbeträge, die sich langfristig ausgleichen. Der positive Sockelbetrag
dient damit als Quelle zur Vorfinanzierung anstehender Ersatzinvestitionen.
Sockelbeträge, die als Gewinnen ausgeschüttet werden, müssen
daher mittelfristig durch den Netzbetreiber wieder dem System zugeführt
werden.