April 2016

160410

ENERGIE-CHRONIK


Berliner Senat will mit Hilfe von E.ON die Mehrheit an der Gasag erlangen

Der Berliner Senat und der E.ON-Konzern verstärken ihre Zusammenarbeit bei der Teil-Rekommunalisierung der hauptstädtischen Energieversorgung. Einen Monat nach dem gemeinsam unterstützten Angebot zur Übernahme des Berliner Stromnetzes (160318) verständigten sie sich nun auch auf eine "Kooperationsvereinbarung für die Weiterentwicklung der kommunalen Gasversorgung in Berlin". Wie es in einer gemeinsamen Pressemitteilung vom 18. April hieß, sieht die Vereinbarung neben einer Mehrheitsbeteiligung des Landes am Berliner Gasnetz eine "neue Beteiligungsstruktur" der Gasag AG vor.

E.ON ist mit 36,85 Prozent der größte Aktionär der Gasag. Den Rest teilen sich jeweils zur Hälfte Vattenfall und Engie (vormals GDF Suez bzw. Gaz de France). Der Senat hatte sich schon in einer Sitzung am 10. November 2015 für E.ON als bevorzugten Partner beim Wiedereinstieg in die Gasversorgung ausgesprochen. Als Ziel nannte er eine Beteiligung von 51 Prozent an der Netzgesellschaft für das Gasnetz Berlin und von 25,1 Prozent an der Netzbetriebsgesellschaft für die Gasnetze in Berlin und Brandenburg. Am Stromnetz und der entsprechenden Netzbetriebsgesellschaft wollte er damals mit jeweils 50 Prozent beteiligt sein. Als die senatseigene Berlin Energie im März ihre Absicht zur Übernahme des Berliner Stromnetzes bekundete, sprach sie dagegen von einer "vollständigen Rekommunalisierung des Berliner Stromnetzes".

Wie die "neue Beteiligungsstruktur" der Gasag zustande kommen wird, ist im Detail noch unklar. Anscheinend möchte das Land Berlin eine zumindest 51-prozentige Mehrheit erwerben, während E.ON den Rest der Aktien übernimmt. Das würde voraussetzen, daß Vattenfall und Engie ihre Beteiligungen abgeben. Diese scheinen auch grundsätzliche verkaufsbereit zu sein, zumal Vattenfall schon vor Jahren gemeinsam mit E.ON den vergeblichen Versuch unternommen hat, einen Käufer für die Gasag-Mehrheit zu finden (100510). Heute wie damals wird es aber darauf ankommen, welche Preisvorstellungen auf beiden Seiten bestehen. Eher nebensächlich ist dagegen, ob E.ON die Anteile der Mitaktionäre kauft, um davon 51 Prozent an den Senat weiterzureichen, oder ob der Senat die 63,5 Prozent von Vattenfall und Engie erwirbt, um dann maximal 12 Prozent an E.ON abzugeben.

Die Gasag gehörte einst hundertprozentig dem Land Berlin. Sie wurde dann aber in den neunziger Jahren von der damals regierenden CDU/SPD-Koalition erst teilweise und schließlich komplett privatisiert (140604). Ein ähnliches Schicksal erlitt kurz darauf der einstige Berliner Stromversorger Bewag (051113).

 

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