Oktober 2014 |
141015 |
ENERGIE-CHRONIK |
Der Mannheimer Kommunalkonzern MVV Energie übernimmt die Mehrheit am Windpark-Projektentwickler Juwi. Wie er am 16. Oktober nach einer Sitzung seines Aufsichtsrats mitteilte, will er im Wege einer Kapitalerhöhung 50,1 Prozent der Juwi-Aktien erwerben. Die beiden Unternehmensgründer Fred Jung und Matthias Willenbacher werden dann mit 49,9 Prozent nur noch Minderheitseigentümer sein. Die Transaktion soll bis zum Jahresende abgeschlossen werden, sofern das vorgesehene Finanzierungskonzept unter Mitwirkung der beteiligten Banken und sonstigen Geldgeber erfolgreich umgesetzt werden kann und das Bundeskartellamt seine Zustimmung erteilt. Zu weiteren finanziellen und organisatorischen Details wollten die beiden Unternehmen keine Angaben machen.
Der einst sehr erfolgreiche Wind- und Solarparkprojektierer Juwi war 2013 in finanzielle Schieflage geraten. Auf Druck der Banken mußte er 400 von insgesamt 1500 Arbeitsplätzen streichen, seine Geschäftstätigkeit restrukturieren und zwei Vorstandsmitglieder auswechseln. Vor allem wurden die beiden bisherigen Alleineigentümer gezwungen, nach Geldgebern Ausschau zu halten und diesen eine mehr oder minder große Beteiligung zu überlassen (140709). Daß sie auch mit dem Mannheimer Kommunalkonzern verhandelten, war bekannt, obwohl keines der beiden Unternehmen entsprechende Berichte bestätigen wollte. Überraschend kam eher der Kauf des insolventen Windpark-Projektierers "Windwärts", den sich die MVV bereits zum 1. Oktober einverleibte – gewissermaßen als Vorspeise zur Übernahme des "Marktführers im Bereich der erneuerbaren Energien", wie Juwi in der Pressemitteilung der MVV bezeichnet wird (140907).
Unabhängig von den Verhandlungen über eine Beteiligung hatte die MVV Energie schon im Frühjahr die Direktvermarktung der Stromerzeugung aus Juwi-Anlagen übernommen. Diese Dienstleistung will sie künftig verstärkt anbieten. Schon 2013 bezeichnete sich die MVV Energie als deutscher Marktführer in diesem Segment. Damals hatte sie rund 900 MW an Windkraft- und rund 800 MW an Photovoltaik-Leistung unter Vertrag. Inzwischen hat das novellierte Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) die Direktvermarktung für allen größere Anlagenbetreiber zur Pflicht gemacht. Da diese dazu oft nicht in der Lage sind oder den Aufwand scheuen, eröffnet sich für etablierte Stromvertriebe ein lukratives Betätigungsfeld (140601). Die Umweltorganisation Greenpeace sah sogar die Gefahr eines Oligopols, das kleineren Erzeugern den Marktzutritt erschwert (140202).