März 2014 |
140308 |
ENERGIE-CHRONIK |
Wenn man alle Netzentgelte, die 2013 auf der Niederspannungsebene angefallen sind, bundesweit gleichmäßig umgelegt hätte, wären die Stromverbraucher in Berlin (BE) mit 0,72 Cent mehr pro Kilowattstunde belastet worden. Im direkt angrenzenden Brandenburg (BB) wäre dagegen die Stromrechnung um 2,18 Cent/kWh gesunken. Quelle: Leipziger Institut für Energie
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Die fünf ostdeutschen Landtagsfraktionen sowie die bayerische Landtagsfraktion der Grünen fordern eine bundesweite Vereinheitlichung der Netzentgelte. Sie stützen sich dabei auf ein Kurzgutachten, das sie beim beim Leipziger Institut für Energie (IE) in Auftrag gegeben haben und das am 12. März von der brandenburgischen Grünen-Fraktion auf einer Pressekonferenz in Potsdam vorgestellt wurde.
Nach diesem Gutachten zahlen Brandenburger Haushalte nach Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt im Grundversorgertarif die höchsten Strompreise. Ein wesentlicher Grund dafür sind die hier besonders hohen Netznutzungsentgelte, die auf den Strompreis aufgeschlagen werden. Dieses je nach Netzbetreiber variierende Entgelt ist in Brandenburg mit durchschnittlich 8,48 Cent pro Kilowattstunde (kWh) am höchsten. Die Haushalte in Stadtstaaten wie Hamburg und Berlin, aber auch in dichter besiedelten Flächenländern wie Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg zahlen hingegen vergleichsweise geringe Netznutzungsentgelte. Die anderen vier ostdeutschen Bundesländer Sachsen-Anhalt, Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen liegen bei den Strompreisen für Haushaltskunden ebenfalls im Spitzenfeld. Geringer sind die Unterschied bei den Industriestrompreisen, weil die Industrie von geringeren Netznutzungsentgelten und Befreiungstatbeständen profitiert.
Daß vor allem ostdeutsche Haushalte mit erhöhten Netzentgelten belastet werden, liegt laut dem Gutachten unter anderem daran, daß in dünn besiedelten Regionen mit wenig Verbrauchern und langen Leitungswegen überdurchschnittliche hohe Netzkosten entstehen. Eine weitere Belastung der Netzentgelte bewirken der in Ostdeutschland höheren Anteil an erneuerbaren Energien und überdurchschnittlich viele Redispatch-Maßnahmen, die aus den Überkapazitäten der ostdeutschen Braunkohle-Kraftwerke resultieren.
"Das Gutachten zeigt, daß die Netznutzungsentgelte derzeit ungerecht erhoben werden", sagte der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Brandenburger Landtag, Axel Vogel. "Es ist wenig verständlich, dass ein Berliner Haushalt schon heute 116 Euro weniger Netzgebühren pro Jahr bezahlt als ein Brandenburger, obwohl doch der Strom von Brandenburg nach Berlin geliefert wird. Um den strukturellen Nachteil der bevölkerungsarmen Länder und die hinzukommenden Kosten für den weiteren Netzausbau gerecht zu verteilen, brauchen wir ein bundesweit einheitliches Netzentgelt."
Als Lösung schlägt das Gutachten eine Modifizierung der "Anreizregulierung" vor, die seit 2009 praktiziert wird, damit die Netzbetreiber möglichst sparsam und effizient wirtschaften (071103). Aus den regional unterschiedlichen Netzkosten soll die Bundesnetzagentur künftig für jede Netzebene einen Mittelwert bilden, der dann bundesweit für eine einheitliche Belastung der Stromverbraucher durch die Netzentgelte sorgt. Zum Beispiel hätte sich so 2013 auf der Niederspannungsebene – also für alle Haushaltskunden und sonstigen Kleinverbraucher – ein einheitliches Netzentgelt von 6,29 Cent pro Kilowattstunde ergeben. Den Brandenburgern hätte dies eine Verringerung ihrer Stromrechnungen um 2,18 Cent/kWh beschert. Aber auch alle anderen ostdeutschen Haushalte wären entlastet worden sowie - in deutlich bescheidenerem Umfang – die Haushalte in Hamburg, Schleswig-Holstein und Saarland. Umgekehrt müßten die Verbraucher der übrigen Bundesländer einen Anstieg ihrer Stromrechnungen hinnehmen, der in Bremen mit 1,21 Cent/kWh und in Berlin mit 0,72 Cent/kWh am höchsten wäre (siehe Grafik).