November 2012 |
121107 |
ENERGIE-CHRONIK |
Pressefoto E.ON
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E.ON muß die drei alten Steinkohle-Blöcke am Standort Datteln nun doch nicht zum Jahresende abschalten, obwohl das Oberverwaltungsgericht Münster den Stillegungsbescheid bestätigt hat (120314) und die E.ON-Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision am 15. November auch vom Bundesverwaltungsgericht zurückgewiesen wurde. Bereits am 2. November gab der nordrhein-westfälische Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) bekannt, daß der Weiterbetrieb des Kraftwerks vorläufig dennoch "geduldet" werde, um die Versorgung mit Bahnstrom und Fernwärme nicht zu gefährden.
Das alte Kraftwerk Datteln liefert mit einer elektrischen Leistung von 303 MW etwa ein Fünftel des Bahnstroms. Außerdem deckt es mit einer Wärmeleistung von 87 MW nahezu die Hälfte des Raumwärmebedarfs der Stadt Datteln. Insofern war der Kompromiß absehbar. Schon vor dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster hatten Landesregierung und E.ON auf Anregung des Gerichts über die Duldung des Weiterbetriebs ab 2013 verhandelt, um die Bahnstrom- und Fernwärmeversorgung sicherzustellen. Diese Verhandlungen verliefen damals aber ergebnislos und wurden erst in diesem Jahr wieder aufgenommen.
"Die Duldung eines ungenehmigten Anlagenbetriebes ist rechtlich nur in Ausnahmefällen möglich", hieß es nun in der Pressemitteilung des Wirtschaftsministeriums. "Ein solcher Ausnahmefall besteht hier, weil die Erzeugung von Bahnstrom und Fernwärme im öffentlichen Interesse ist."
Die rot-grüne Landesregierung will freilich nicht den Eindruck erwecken, als würde sie mit dieser Duldung die nachträgliche Genehmigung des Neubaublocks Datteln 4 antizipieren, der mit 413 MW Bahnstrom, 642 MW Normalstrom und bis 380 MW Fernwärme die alte Anlage mehr als ersetzen könnte. Sie hat sich deshalb ausbedungen, daß E.ON einen Bahnstromkonverter in Datteln errichtet, der ab 2014 die Versorgung übernehmen kann (der Konverter verwandelt den dreiphasigen 50-Hertz-Wechselstrom der öffentlichen Versorgung in einphasigen Bahnstrom mit einer Frequenz von 16,7 Hertz). Ferner soll in Datteln ab 2014 der bestehende Heizkessel des Altkraftwerkes neu genehmigt werden, um auch die Fernwärmeversorgung sicherzustellen – falls bis dahin nicht doch noch nachträglich die Genehmigung für die Inbetriebnahme des Neubaublocks 4 kommt, der so gut wie fertiggestellt ist (100710).
Zuletzt hatte Bahnchef Rüdiger Grube nochmals Druck gemacht: Im einem Interview mit der "Westdeutschen Allgemeinen" (24.10.) kündigte er gravierende Störungen des Zugverkehrs an, falls der Weiterbetrieb der alten Blöcke nicht geduldet werde. An sehr kalten Tagen würden dann in Nordrhein-Westfalen "bis zu 30 Prozent" der Züge ausfallen.
In seiner Revisionsentscheidung bestätigte das Bundesverwaltungsgericht das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster: E.ON habe auf eigenes Risiko auf die Betriebsgenehmigungen für die drei alten Blöcke verzichtet, obwohl die fristgerechte Errichtung des neuen Kraftwerks Datteln 4 noch nicht gesichert war. Diese Stillegungserklärung könne selbst dann nicht widerrufen werden, wenn die alten Blöcke doch noch nachgerüstet würden. Bei dem Verzicht auf den Weiterbetrieb habe es sich nicht um eine unverbindliche Absichtserklärung gehandelt. Das mit der fristgebundenen Wahlmöglichkeit für die Kraftwerksbetreiber verbundene umweltpolitische Ziel einer Verringerung der Emissionen lasse sich nicht erreichen, wenn die Erklärungen frei widerruflich wären. E.ON könne sich auch nicht auf die Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage berufen, um zumindest eine befristete Fortwirkung der Betriebsgenehmigungen zu erreichen.