Oktober 2012 |
121011 |
ENERGIE-CHRONIK |
Personenkraftwagen, Nutzfahrzeuge, Leichtfahrzeuge und Krafträder werden
für zehn Jahre von der Kraftfahrzeugsteuer befreit, wenn sie reine Elektrofahrzeuge
sind oder mit Brennstoffzellen angetrieben werden. Dies beschloß der Bundestag
am 25. Oktober mit den Stimmen der Regierungskoalition. Das entsprechende "Gesetz
zur Änderung des Versicherungssteuergesetzes und des Kraftfahrzeugsteuergesetzes"
muß Ende November noch den Bundesrat passieren, ist aber nicht zustimmungspflichtig.
Die Steuerbefreiung gilt für alle Fahrzeuge, die vom 18. Mai 2011 (Datum
des Kabinettsbeschlusses zur Elektromobilität) bis zum 31. Dezember 2015
erstmals zugelassen werden. Später zugelassene Fahrzeuge sollen bis zum
31. Dezember 2020 – wie bisher – für fünf Jahre von der
Steuer befreit werden. Der Gesetzentwurf war von der Bundesregierung vorgelegt
worden. Auf Antrag der Koalitionsfraktionen hatte der Finanzausschuß des
Bundestags, als er am 24. Oktober die Vorlage beriet, auch Fahrzeuge mit Brennstoffzellen
in die Regelung einbezogen. Abgelehnt wurde dagegen ein Antrag der Grünen,
alle Fahrzeuge mit einem Ausstoß von weniger als 50 Gramm Kohlendioxid
pro Kilometer von der Steuer zu befreien, um gegebenenfalls auch Hybridfahrzeuge
und andere innovative Antriebe fördern zu können.
Mit der Ausweitung der Steuerbefreiung kommt die Regierung der in der "Nationalen Plattform Elektromobilität" (NPE) vereinigten Lobby entgegen, die im Juni ihren dritten Bericht vorlegte und wie im Vorjahr (110507) auf noch mehr Subventionen drängte. "Eine Abweichung von den vorgeschlagenen Fördermaßnahmen oder deren Verzögerung könnte sich direkt in der Reduktion einer erreichbaren Absatzentwicklung in Deutschland niederschlagen", hieß es dazu in dem Bericht, der auch sonst ziemlich verquast und phrasenhaft abgefaßt war. Die Lobby lenkt weiterhin davon ab, daß dem wünschenswerten Markterfolg des Elektroautos eigentlich nur die unzureichende Batterietechnik im Wege steht (siehe Hintergrund). Stattdessen erweckt sie den Anschein, als ob sich mit breitgestreuten staatlichen Finanzhilfen für die Automobilhersteller, allerlei Flottenversuchen, dem Aufbau eines Netzes von Ladestationen und der Lösung anderer peripherer Probleme der Durchbruch erreichen lasse.
Wie aus einer im Juli bekanntgewordenen Aufstellung der Bundesregierung hervorgeht, hat auf diese Weise beispielsweise ausgerechnet der prosperierende VW-Konzern 9,9 Millionen Euro für die Erprobung "nutzfahrzeugspezifischer Elektromobilität" und weitere 7,5 Millionen Euro für einen Flottenversuch mit Elektroautos kassiert. BMW bekam gut eine Million für die Entwicklung eines Elektro-Faltrads "zur Schließung der elektrischen Mobilitätskette per ständiger Mitführung eines Elektrofahrrades im Pkw". Und Porsche empfing für die Umrüstung von drei Sportwagen des Typs "Boxster" auf Elektroantrieb knapp drei Millionen Euro, weil auf diese Weise – so lautete hier die Subventionsbegründung – eine "nicht zu unterschätzende Signalwirkung auf andere Hersteller und Kunden" erreicht werde.
Angesichts der minimalen Verkaufszahlen (111217) ist inzwischen ist klar, daß Bundesregierung und Industrie ihr im Mai 2010 gestecktes Ziel, bis 2020 mindestens eine Million Elektrofahrzeuge auf die Straße zu bringen (100505), nicht erreichen werden. Offiziell hält die Bundesregierung aber noch immer daran fest. "Das Ziel, eine Million Autos im Jahr 2020 auf den Straßen zu haben, wird man nicht ganz einfach erreichen", erklärte die Bundeskanzlerin Angela Merkel nach einem Treffen mit der Elektromobilitäts-Lobby, das am 1. Oktober im Kanzleramt stattfand. Es wäre aber "falsch, dieses Ziel aufzugeben, weil vor uns noch Jahre Arbeit liegen". Mit Sicherheit würden es bis dahin 600.000 Elektroautos sein, sagte die Kanzlerin.