September 2012 |
120903 |
ENERGIE-CHRONIK |
Gegen starken politischen Widerstand hat der RWE-Konzern 12,85 Prozent der Aktien am österreichischen Energieversorger Kelag direkt erworben. Verkäufer war die Kärntner Energieholding (KEH), die jetzt nur noch mit 51 Prozent an dem Landesversorger beteiligt ist. Die KEH gehört ihrerseits zu 51 Prozent dem Land Kärnten und zu 49 Prozent RWE. Der deutsche Konzern kaufte also praktisch dem Land und sich selber jeweils 6,5 Prozent der Kelag-Anteile ab. Die öffentliche Hand besitzt damit bei der Kelag noch knapp die Mehrheit. Das faktische Sagen hat aber mehr denn je RWE. Drittgrößter Aktionär bleibt mit 35,17 Prozent der Verbund. Der Rest von 0,98 Prozent befindet sich in Streubesitz.
Für den Beteiligungszuwachs von durchgerechnet 6,5 Prozent zahlt RWE dem Land Kärnten 98 Millionen Euro, die der Landesfinanzminister Harald Dobernig zur Schuldentilgung verwenden will. Dobernig gehört der Partei "FPK - Die Freiheitlichen in Kärnten" an, die bis 2005 als Landesgruppe der rechtsgerichteten "Freiheitlichen Partei Österreichs" (FPÖ) fungierte und sich dann bis 2009 der von dem Rechtspopulisten Jörg Haider gegründeten Abspaltung "Bündnis Zukunft Österreich" (BZÖ) anschloß.
SPÖ, ÖVP und Grüne lehnten dagegen den Verkauf ab. Sie forderten, daß der Landtag darüber entscheiden müsse. Sie verlangen ferner eine verfassungsrechtliche Überprüfung des Vorgehens von Dobernig. An RWE schickten sie einen Brief, in dem sie den Konzern aufforderten, den Willen der Landtagsmehrheit zu respektieren und von der Aufstockung abzusehen. Dobernig berief sich demgegenüber auf einen im Juli gefaßten Beschluß der FPK-geführten Landesregierung, dem damals neben den vier Landesräten der FPK auch der Vertreter der ÖVP zustimmte. Die SPÖ, die zwei der sieben Mitglieder der Landesregierung stellt, war dagegen von Anfang an gegen den Verkauf.
Schon im Oktober 2008, als RWE die Zusammenlegung seiner Regionalversorger ankündigte, gab es in Österreich Befürchtungen, der Konzern werde nun auch die Kelag vereinnahmen und deren Strompreise noch höher treiben (081007). Im Mai 2010 schlossen das Land Kärnten und RWE einen neuen zehnjährigen Kooperationsvertrag. RWE-Vorstandsmitglied Rolf Schmitz ist seitdem Geschäftsführer der Kärntner Energieholding (KEH). Die geplante weitere Aufstockung der Beteiligung wurde erstmals im Juli bekannt. Anfang September stimmten die Aufsichtsräte von Kelag und KEH zu, am 24. September folgte der Aufsichtsrat von RWE, und am 28. September wurde der Kauf mit dem Austausch der Verträge und Überweisung der Kaufsumme perfekt gemacht.
Wie die Wiener "Presse" am 12. September berichtete, verdankte RWE die 2001 erfolgte Beteiligung am Kärntener Landesversorger (010510 dem damaligen Landeshauptmann und FPÖ-Chef Jörg Haider, der 2008 bei einer Trunkenheitsfahrt tödlich verunglückte. Zunächst habe der Großaktionär Verbund als Favorit für die Übernahme weiterer Anteile an der Kelag gegolten. Verbund-Chef Hans Haider habe jedoch das Ansinnen seines Namensvetters abgelehnt, den mit FPK-Leuten durchsetzten Fußballklub Austria Klagenfurt mit mindestens einer Million zu sponsern. Daraufhin sei die KEH-Beteiligung überraschend an RWE vergeben worden. Wenig später habe der deutsche Konzern einer von Haider präsidierten "Kärnten Privatstiftung" 2,8 Millionen Euro zukommen lassen. Weitere Mitstifter seien die Hypo Alpe Adria mit einer Million und der Baukonzern Strabag mit 700.000 Euro gewesen.
Mit beißendem Spott schrieb die angesehene österreichische Zeitung:
"Zu behaupten, die 'Stiftung' von 2,8 Mio. Euro durch die RWE habe irgendetwas mit 'Nebengeräuschen' beim Kauf der Kelag-Anteile zu tun, wäre natürlich völlig absurd und würde wohl in einer Klage münden. Es wird also vielmehr so gewesen sein, dass die zeitliche Nähe zum Deal nur Zufall war und die Deutschen eben unbedingt ein paar Millionen zur 'Förderung des Denksports' (einer der in der Stiftungsurkunde festgehaltenen Stiftungszwecke), zum 'Höhlenschutz', zur 'Hintanhaltung von sozialen Kosten' oder zur 'Förderung des Körpersports' (auch diese Zwecke sind in der Stiftungsurkunde niedergeschrieben) tun wollten. Ganz sicher!"
Den größten Einzelbetrag habe die Haider-Stiftung dann mit 500.000 Euro unter "Förderung des Körpersports" für eine "Jugendakademie" verausgabt. Und diese Jugendakademie habe just jenem Fußballklub Austria Klagenfurt gehört, den Jörg Haider ursprünglich mit einer Millionenspende des Verbunds unterstützen wollte...