Februar 2012

120214

ENERGIE-CHRONIK


Koalition für flexible Handhabung der neuen Energieeffizienz-Richtlinie

Nach längerem Hin und Her haben sich Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) und Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) auf eine gemeinsame Position zum Richtlinienvorschlag geeinigt, mit dem die EU-Kommission die Anforderungen an die Energieeffizienz weiter verschärfen möchte (110609). "Wir setzen weiterhin nicht auf starre Vorgaben zur Senkung des Energieverbrauchs, sondern auf eine flexible Lösung, die die unterschiedlichen Voraussetzungen der Mitgliedstaaten berücksichtigt", heißt es in dem Einigungspapier, das sie am 23. Februar vorlegten und das zugleich auch kräftige Abstriche an der bisherigen Solarstromförderung vorsieht (120201).

Konkret will die Bundesregierung eine Neuformulierung von Art. 6 des Richtlinienentwurfs vorschlagen. Bisher sieht dieser Artikel vor, daß "alle Energieverteiler oder alle Energieeinzelhandelsunternehmen" zu einer jährlichen Energieeinsparung in Höhe von 1,5 Prozent bei den Endkunden verpflichtet werden. In der Praxis solI das beispielsweise so vor sich gehen, daß die Energiebranche ihren Kunden Dienstleistungen zur Senkung des Energieverbrauchs anbietet, deren Kosten zwar auf die Energiepreise umgelegt werden, aber trotzdem auch für den Kunden vorteilhaft sind, weil sie den Verbrauch reduzieren. Ob das tatsächlich funktionieren würde, bleibt sehr fraglich. In jedem Falle wäre es reichlich absurd, die Energieversorger für den Verbrauch ihrer Kunden haftbar machen zu wollen. "Das wäre in etwa so, als wenn die Schokoladenfabrik dafür sorgen müßte, daß weniger Schokolade gegessen wird", spottete die "Frankfurter Allgemeine" (14.2.).

Widerstand gegen die vorgesehene Zwangsverpflichtung der Energiewirtschaft leistete vor allem Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler, der diesen Posten im Mai 2011 von Rainer Brüderle übernahm, damit er sich als neu gewählter FDP-Vorsitzender besser in Szene setzen kann (110514). Die erhoffte Profilierung ist ihm bisher allerdings kaum gelungen, obwohl das Ministerium viel Steuergelder für eine fragwürdige Öffentlichkeitsarbeit verausgabt. Dankbar griff er deshalb den Ball auf, den die Brüsseler Bürokratie ihm mit dem Richtlinienentwurf zuspielte, und kritisierte ihn als planwirtschaftlichen Ansatz.

In den Verhandlungen mit Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) setzte Rösler nun sowohl kräftige Abstriche an der Solarstrom-Förderung als auch eine flexiblere Ausgestaltung der geplanten EU-Richtlinie durch. Der zwischen beiden Ministerien abgestimmte Änderungsvorschlag für Artikel 6 der Richtlinie lautet: "Die Mitgliedstaaten legen fest, daß ab dem Jahr der Anwendung dieser Richtlinie bis zum Jahr 2020 eine Steigerung der Energieeffizienz von 6,3 Prozent innerhalb von drei Jahren oder eine Senkung des Energieverbrauchs von 4,5 Prozent innerhalb von drei Jahren gegenüber einer jeweils vorlaufenden dreijährigen Referenzperiode erreicht wird. Dazu legen die Mitgliedstaaten im Rahmen von Energieeffizienzaktionsplänen Maßnahmen vor."

Im übrigen bleibt das Einigungspapier sehr vage. Zum Beispiel vermeidet es eine Stellungnahme zur geplanten Verpflichtung der Mitgliedsstaaten, jährlich mindestens 3 Prozent der Gesamtgebäudefläche aller öffentlichen Einrichtungen renovieren, was vor allem die Gemeinden stark belasten würde. Die hoch gesteckten Ziele der Kommission in punkto Energieeffizienz und Energieeinsparung werden von beiden Ministern grundsätzlich nicht in Frage gestellt, sondern als Beitrag zur "Energiewende" gefeiert.

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