Dezember 2011

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ENERGIE-CHRONIK


 

Die im Freiverkehr gehandelte Aktie des Projektentwicklers Solar Millennium schwankte zwischen 2005 und 2011 zweimal um den Faktor fünf – auch ein Indiz für mangelnde Solidität. Ende Dezember lag der Kurs nur noch bei 35 Cent.

Solar Millennium meldet Insolvenz an

Die Solar Millennium AG hat am 21. Dezember beim zuständigen Amtsgericht Fürth Insolvenz angemeldet. Der Schritt kam nicht überraschend, zumal der Projektentwickler für Solarkraftwerke seit seiner Gründung vor 13 Jahren (990823) im Verdacht stand, es mehr auf das Einsammeln von Kapital als auf die Verwirklichung von Projekten abgesehen zu haben. Spätestens seit der Anwerbung des früheren EnBW-Chefs Utz Claassen als Vorstandsvorsitzender (091217), der schon nach 74 Tagen wieder abtrat (100316) und dennoch Ansprüche in Millionenenhöhe geltend machte (110315), verstärkte sich der Eindruck eines dubiosen Geschäftsgebarens. Es würde deshalb auch nicht überraschen, wenn die nun beantragte Insolvenz noch ein strafrechtliches Nachspiel hätte. Der Unternehmensgründer und frühere Vorstandsvorsitzende Hannes Kuhn soll bereits in rund ein Dutzend Zivil- und Strafverfahren verstrickt sein.

Am 26. September hatte Kuhn, der weiterhin als faktischer Chef des Unternehmens galt, auch seinen Rückzug aus dem Aufsichtsrat erklärt. In einer larmoyanten "persönlichen Erklärung" begründete er dies mit der "medialen Hetzjagd" gegen seine Person, die inzwischen auch seine Familie und seine Privatsphäre erfaßt habe. "Die gegen mich persönlich in den letzten Monaten in Form von zahllosen, systematisch und vorwiegend anonymen Strafanzeigen erhobenen Vorwürfe sind haltlos und unbegründet", behauptete er. Er habe stets mit den Behörden "vollumfänglich kooperiert" und seit der Gründung des Unternehmens "immer und ausschließlich das Interesse der Gesellschaft zur Grundlage meines Handelns gemacht".

"Restrukturierung des US-Geschäfts" gelang nicht

Schon seit Monaten war klar, daß Solar Millennium den großartig angekündigten Bau eines solarthermischen Kraftwerks in Kalifornien (101012) finanziell gar nicht bewältigen können würde. Die Ankündigung, das Projekt ersatzweise auf Photovoltaik umzustellen, klang ebenfalls nicht überzeugend. Zur Beschwichtigung von Aktionären und Gläubigern gab Solar Millennium am 6. Oktober bekannt, daß mit der in Brilon ansässigen solarhybrid AG die Übernahme der in den USA geplanten Projekte vereinbart worden sei. Man rechne noch im laufenden Monat mit einem erfolgreichen Abschluß der Verhandlungen. Es sei vorgesehen, "daß die Solar Millennium AG neben dem Rückfluss ihrer gesamten US-Projektinvestitionen einen maßgeblichen Anteil am Gewinn bei Realisierung der US-Kraftwerke erhält".

Mit dieser angeblichen "Restrukturierung des US-Geschäfts" ging ein erneuter Wechsel im Vorstandsvorsitz des Unternehmens einher: Das bisherige Vorstandsmitglied Jan Withag übernahm den Posten von Christoph Wolff, der ihn erst seit einem Jahr innehatte. Wolff zog sich "auf eigenen Wunsch" zurück, blieb aber "dem Unternehmen freundschaftlich und beratend verbunden". Es handelte sich um den dritten neuen Chef, seitdem Claassen abgesprungen war.

Mit dem Verkauf des US-Geschäfts war es aber doch nicht soweit her, wie die anfängliche Erfolgsmeldung sowie ein Zwischenbericht über angeblich "planmäßig" verlaufende Abschlußgespräche suggeriert hatten. Kurz vor der Insolvenzanmeldung gab Solar Millennium bekannt, daß sich die "endgültige Vertragsvereinbarung" mit der solarhybrid AG verschieben werde. Nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" (7.10.) bestehen enge Verflechtungen zwischen beiden Firmen, die den Verdacht nahelegen, daß die Verkaufsverhandlungen ein abgekartetes Spiel waren. Das Blatt will auch Belege für Verfilzungen haben, die ausgerechnet zur "Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger" (SdK) führen. Gegen einige der ehemals führenden SdK-Köpfe gehe die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts des Insiderhandels vor; einer sitze in Untersuchungshaft.

Im Gegensatz zu ihrem großspurigen Auftreten ist die Solar Millennium ein recht kleines Unternehmen. Von der Insolvenz sind nur rund 60 Beschäftigte betroffen. Der Umsatz im letzten Halbjahr belief sich auf gerade mal elf Millionen Euro. In größeren Dimensionen scheinen sich allerdings die Verluste bewegt zu haben.

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