Dezember 2011 |
111208 |
ENERGIE-CHRONIK |
Der Aufsichtsrat von RWE beschloß am 5. Dezember die Durchführung der Kapitalerhöhung, die bereits im August angekündigt worden war (110802). Insgesamt wurden im Rahmen einer beschleunigten Plazierung 80,4 Millionen Aktien an institutionelle Anleger zum Preis von 26 Euro je Stammaktie abgegeben, die dem Unternehmen einen Bruttoerlös von 2,1 Milliarden Euro einbrachten. Davon waren 28,1 Millionen eigene Aktien, die bevorzugt von Altaktionären erworben werden konnten. Bei Ende der Bezugsfrist am 21. Dezember hatten die Altaktionäre die ihnen zustehenden Bezugsrechte zu 67,4 Prozent ausgeübt. Die restllichen 9,15 Millionen Aktien aus diesem Kontingent konnten damit ebenfalls institutionellen Anleger zugeteilt werden.
RWE bezeichnete die Kapitalerhöhung als "Bestandteil eines Gesamtpakets zur Stärkung der Kapitalbasis und der Verbesserung der Kapitalstruktur des Konzerns". Sie war aus Sicht des Konzerns notwendig geworden, um eine Herabstufung durch die Rating-Agenturen zu verhindern. Wegen des abrupt beschlossenen Atomausstiegs (110303) hatte die RWE-Aktie deutlich an Wert verloren. Zur Verbesserung der Finanzlage hat der Konzern bereits seinen Stromtransportnetzbetreiber Amprion größtenteils verkauft (110705). Auf der Verkaufsliste stehen ferner der tschechische Ferngasnetzbetreiber Net4Gas, die Beteiligung an den Berliner Wasserbetrieben, der Gas- und Ölförderer RWE Dea sowie die Regionalversorger Süwag, VSE und Kevag (110802). Wie die "Rheinische Post" am 3. Dezember berichtete, will RWE außerdem 8000 von weltweit 72.000 Arbeitsplätzen abbauen. Darin inbegriffen sind allerdings wohl auch solche Stellen, die durch Unternehmensverkäufe wegfallen. Für die Beschäftigten in Deutschland gilt ohnehin bis Ende 2012 ein Kündigungsschutzabkommen, über dessen Verlängerung im neuen Jahr verhandelt werden soll.
Die ebenfalls vom Atomausstieg gebeutelte Energie Baden-Württemberg (111008) hat inzwischen mit den angekündigten Beteiligungsverkäufen begonnen. Wie die EnBW am 21. Dezember mitteilte, verkauft sie ihre Minderheitsbeteiligungen in Polen an die Electricité de France (EDF). Nach einer von beiden Unternehmen unterzeichneten Vereinbarung erwirbt die EDF die von EnBW gehaltenen Anteile von 32,45 Prozent am polnischen Kohlekraftwerk Rybnik in Oberschlesien sowie 15,59 Prozent am Heizkraftwerk Kogeneracja in Breslau. Der Wert der vereinbarten Transaktion beträgt insgesamt rund 301 Millionen Euro. Die EnBW überläßt damit ihrem früheren Großaktionär zwei Beteiligungen, die bisher gemeinsam gehalten wurden.
Ferner überläßt die EnBW einen Anteil von 15,05 Prozent an ihrer schweizerischen Tochtergesellschaft Energiedienst Holding (EDH) der Services Industriels de Genève (SIG). Eine entsprechende Vereinbarung wurde am 22. Dezember unterzeichnet. Mit dem Anteilserwerb verbessert das schweizerischen Energieversorgungsunternehmen SIG seine Möglichkeiten für den Strombezug aus erneuerbaren Energien (Wasserkraft). Die EnBW behält mit 66,7 Prozent die wirtschaftliche Beherrschung der EDH.
Die Energiedienst Holding (EDH) entstand 2003, nachdem die Energie Baden-Württemberg die beiden am Hochrhein ansässigen Regionalversorger Kraftwerk Laufenburg (KWL) und Kraftübertragungswerke Rheinfelden AG (KWR) erworben hatte (020807). Unter ihrem Dach ist weiterhin die EnergieDienst AG mit der Netztochter Energiedienst Netze GmbH tätig, die bereits 1998 als Betriebsführungsgesellschaft von KWL und KWR gegründet wurde (980910). Als Vertriebsgesellschaften für den erzeugten Strom aus Wasserkraft fungieren die NaturEnergie AG (nationaler Vertrieb als "Ökostrom") und die ED GrünSelect GmbH (regionaler Vertrieb als EEG-vergütungsfähiger Strom).
Trotz der Probleme wird es bei der EnBW bis Ende 2016 keine betriebsbedingten Kündigungen geben. Als Gegenleistung für die fünfjährige Arbeitsplatzgarantie verzichten die Beschäftigten jedoch auf Gehaltserhöhungen. Ein entsprechendes betriebliches Tarifabkommen wurde am 16. Dezember von EnBW-Arbeitsdirektor Bernhard Beck und dem Verhandlungsführer der Gewerkschaft Verdi, Bodo Moray, unterzeichnet. Beide sind Mitglied des Aufsichtsrats. Wie Moray mitteilte, wird für die rund 12.000 EnBW-Mitarbeiter in Baden-Württemberg ab Jahresanfang die Wochenarbeitszeit von 38 auf 37 Stunden verkürzt. Sie erleiden jedoch keine Lohneinbußen, weil eine bereits vereinbarte Gehaltserhöhung ab Januar 2012 um 1,8 Prozent angerechnet wird.