Oktober 2011 |
111017 |
ENERGIE-CHRONIK |
Das in der Ukraine herrschende Regime ließ am 11. Oktober die frühere Ministerpräsidentin Julia Timoschenko zu sieben Jahren Gefängnis und einer Geldstrafe von umgerechnet 142 Millionen Euro verurteilen. Hinzu verliert die Oppositionsführerin für sieben Jahre das Recht zur Bekleidung öffentlicher Ämter. Es wird ihr somit nicht möglich sein, bei der Parlamentswahl 2012 und bei der Präsidentenwahl 2015 anzutreten. Als Vorwand für die Verurteilung diente der neue Gasliefervertrag mit Rußland, der im Januar 2009 den damaligen russischen Lieferstopp beendete (090101). Aufgrund eines noch aus Sowjetzeiten stammenden Paragraphen wertete das Gericht den Gasvertrag als "Amtsmißbrauch", weil Timoschenko ihn zu unvorteilhaften Bedingungen abgeschlossen und so einen Schaden von 142 Millionen Euro verursacht habe.
In Wirklichkeit benutzte der im März 2010 an die Macht gelangte Präsident Viktor Janukowitsch den willfährigen und korrupten Justizapparat des Landes, um seine wichtigste Opponentin auszuschalten. Alte politische Rechnungen beglich auch der frühere Präsident Viktor Juschtschenko, unter dem Timoschenko als Ministerpräsidentin amtierte, und der nun in dem Schauprozeß als Zeuge der Anklage gegen sie auftrat. So hatte Timoschenko auf die Ausschaltung von zwei Gas-Zwischenhändlern gedrängt, die auf Betreiben von Gazprom gegründet worden waren, um russische Hintermänner und Kreml-freundliche Kreise in der Ukraine mit abgezweigten Geldern aus dem Gasgeschäft zu versorgen (080313, 090101). Juschtschenko hatte dagegen diese Zwischenhändler protegiert.
Auch Signale aus Brüssel, daß eine Verurteilung Timoschenkos die Beziehungen mit der Ukraine belasten würde, hielten Janukowitsch nicht davon ab, den Schauprozeß in der vorgesehenen Weise ablaufen zu lassen. Die EU sagte daraufhin ein für den 20. Oktober geplantes Treffen ab, bei dem Janukowitsch mit Kommissionspräsident Barroso und Ratspräsident Van Rompuy die letzten Fragen eines Assoziierungs- und Freihandelsabkommens besprechen sollte. Das Abkommen wird nun wohl kaum im Dezember unterzeichnet werden, wie dies geplant war. Die Verhandlungen gehen jedoch weiter.
Angesichts der internationalen Kritik trat das Janukowitsch-Regime die Flucht nach vorn an und leitete weitere Strafverfahren gegen Timoschenko ein: Unter anderem wird ihr nun sogar vorgeworfen, 1996 einen Mord in Auftrag gegeben zu haben.