November 2009 |
091107 |
ENERGIE-CHRONIK |
Die Ukraine hat ihre Gasrechnung für Oktober wieder nur mühsam bezahlt. Am 6. November – dem letzten Tag der Zahlungsfrist – überwies sie der russischen Gazprom die fälligen 500 Millionen Dollar. Davon stammten 470 Millionen Dollar aus dem Kredit des Internationalen Währungsfonds, der im Sommer bewilligt worden war (090810). Einer der Gründe für die späte Zahlung scheint zu sein, daß die Ukraine ihre Finanznot demonstrieren wollte, um den Internationalen Währungsfonds zur Freigabe der vierten Kreditrate in Höhe von 3,8 Milliarden Dollar zu bewegen. Hinzu kam, daß sich Ministerpräsidentin Julia Timoschenko und ihr politischer Rivale Staatspräsident Viktor Juschtschenko nicht über die Zahlungsmodalitäten einigen konnten. Die ukrainische Zentralbank gehört zum Einflußbereich Juschtschenkos.
Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat dem maroden Staat einen Rettungskredit von insgesamt 16,4 Milliarden Dollar eingeräumt. Bisher wurden davon drei Teilbeträge in Höhe von jeweils etwa 2,4 Milliarden Euro ausbezahlt. Mit der vierten Rate dieses Kredits ist vorläufig nicht zu rechnen, da die Ukraine keine der Auflagen für die Finanzhilfe eingehalten hat: Das Defizit des von der Regierung vorgelegten Haushalts beträgt acht statt vier Prozent. Im Zeichen des Wahlkampfs beschloß das Parlament eine Erhöhung der Mindestlöhne und der Sozialausgaben, die das Defizit noch vergrößern wird. Die Erdgasverbrauchspreise sind weiterhin nicht kostendeckend. Der IWF will deshalb die Auszahlung der vierten Rate frühestens nach den Präsidentschaftswahlen prüfen, die am 10. Januar stattfinden. Die von der EU vermittelte Finanzhilfe von bis zu 1,2 Milliarden Euro kann die Ukraine vorläufig auch nicht in Anspruch nehmen, da deren Auszahlung eine Reform des Staatskonzerns Naftogaz sowie Anstrengungen zur Bekämpfung der Korruption im Staatsapparat voraussetzt.
Am 20. November vereinbarten Ministerpräsidentin Timoschenko und ihr russischer Kollege Wladimir Putin bei einem Treffen auf der Krim eine Korrektur des erst im Januar geschlossenen neuen Gasliefervertrags, der für zehn Jahre gelten soll (090101). Die Ukraine braucht demnach nur soviel Gas zu bezahlen, wie sie tatsächlich abnehmen kann. Wegen der schweren Wirtschaftskrise ist der Gasverbrauch des Landes nämlich erheblich gesunken. Statt der vorgesehenen 42 Milliarden werden nur etwa 25 Milliarden Kubikmeter benötigt. Trotzdem wäre die Ukraine aufgrund des Vertrags verpflichtet gewesen, für die vereinbarte Menge zu bezahlen. Rußland erklärte sich ferner bereit, auch über die Abnahmemenge für das Jahr 2010 neu zu verhandeln, die bisher 52 Milliarden Kubikmeter betragen sollte. Nach der Grundsatzeinigung der Regierungschefs schlossen Gazprom und Naftogaz am 25. November ein entsprechendes Abkommen: Gazprom wird im kommenden Jahr nur 33,75 Milliarden Kubikmeter Gas an Naftogaz liefern und keinerlei Vertragsstrafen für Minderabnahmen in diesem Jahr verlangen. Nach ukrainischen Angaben hätte sich diese Strafe auf bis zu 8,5 Milliarden Dollar (5,7 Milliarden Euro) belaufen können.