August 2010

100803

ENERGIE-CHRONIK


Kohlesteuer war nur ein "Denkmodell"

Auf der Suche nach neuen Einnahmequellen verfiel die schwarz-gelbe Bundesregierung vorübergehend auf die Idee, eine Steuer auf die Stromerzeugung mit Kohle einzuführen. Mit dem Geld wollte sie Mindereinnahmen ausgleichen, die sich aus nachträglichen Abstrichen am geplanten Abbau der Stromsteuer-Vergünstigungen für Unternehmen ergeben (100706). Heftiger Widerstand regt sich vor allem gegen die geplante Verzehnfachung des Stromsteuer-Mindestbetrags, die kleinere Betriebe empfindlich treffen würde. Um diese Betriebe zu entlasten und ihr Einsparziel dennoch zu erreichen, wollte die Bundesregierung die Verstromung von Kohle zwei Jahre lang mit insgesamt mehr als einer Milliarde Euro an Steuern belasten. Dies ging aus einem Gesetzentwurf des Finanzministeriums hervor, der vom 9. August datiert war und 16 Seiten umfaßte.

Kanzleramt stoppte Gesetzentwurf nach Intervention der Energiewirtschaft

Das Finanzministerium hatte den Entwurf mit dem Wirtschaftsministerium abgestimmt und auch die Zustimmung des Umweltministeriums erhalten. Das Bundeskanzleramt stoppte die Pläne jedoch schon am 11. August, nachdem sie über den engen Kreis der Beteiligten hinaus bekannt geworden waren. Anlaß war ein Telefonanruf der Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), Hildegard Müller, die sich namens der Energiewirtschaft gegen eine weitere staatliche Belastung der Strompreise verwahrte.

"Das war nur ein Denkmodell. Aber es wird nicht weiterverfolgt", teilte daraufhin ein Regierungssprecher noch am selben Tag mit. Und aus dem Finanzministerium hieß es: "Nach dem aktuellen Diskussionsstand zum Entwurf des Gesetzes zur Reduzierung von Subventionen aus der ökologischen Steuerreform ist eine Besteuerung von Kohle, die für die Stromerzeugung verwendet wird, nicht vorgesehen." (Handelsblatt, 11.8.; FAZ, 12.8.)

Unpopuläre Arten der Stromerzeugung dienen als Vorwand für neue Belastungen

Die ernsthaft geplante und dann schnell wieder als "Denkmodell" abgetane Besteuerung der Kohleverstromung verstärkt den Eindruck, daß es der Energiepolitik der schwarz-gelben Bundesregierung an einem klaren Konzept mangelt. Der Gesetzentwurf wurde offenbar nach dem populistischen Muster der Brennelemente-Steuer gestrickt (100704). Hier wie dort dient die Besteuerung einer unpopulären Art der Stromerzeugung dem politischen Kalkül, um neue Einnahmequellen zu erschließen, die den Verbraucher in erheblichem Umfang belasten, denn von der Bruttostromerzeugung des Jahres 2009 entfielen rund 23 Prozent auf Kernenergie und 43 Prozent auf Braun- und Steinkohle. Die Kohlesteuer wäre besonders widersinnig, da die Verstromung von Steinkohle gleichzeitig mit Milliardensummen an Steuergeldern subventioniert wird (100707). Im Endeffekt würden so zwei Drittel der deutschen Stromerzeugung mit einer Sondersteuer belegt, zusätzlich zur Stromsteuer. Und wie bei der Stromsteuer würde darauf noch die Mehrwertsteuer von 19 Prozent aufgeschlagen, so daß auch hier beträchtliche Mehreinnahmen bzw. Belastungen der Verbraucher entstünden.

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