Juni 2010

100609

ENERGIE-CHRONIK


 

 

Die Rückstellungen der deutschen Kernkraftwerksbetreiber für Stillegung, Rückbau und Entsorgung

KKW-Betreiber Rechnungslegungsvorschrift*
Gesamthöhe der Rückstellungen
    zum 31.12.2005 zum 31.12.2006 zum 31.12.2007 zum 31.12.2008


Stand 1997 in DM (071115)

E.ON US GAAP, ab 2007 IFRS 13.362 Mio. EU 13.162 Mio. EU 12.249 Mio. EU 12.200 Mio. EU 11,5 Mrd. DM (Bayernwerk)
10,9 Mrd. DM (PreussenElektra)
= 11.450 Mio. EU
RWE IFRS 8.675 Mio. EU 8.843 Mio. EU 9.053 Mio. EU 9.465 Mio. EU 16,8 Mrd. DM (RWE)
3,7 Mrd. DM (VEW)
= 10.480 Mio. EU
EnBW IFRS 4.294 Mio. EU 4.389 Mio. EU 4.4.82 Mio. EU 4.754 Mio. EU 8,1 Mrd. DM (EnBW)
4,1 Mrd. DM (NWS)
= 6.240 Mio. EU
Vattenfall bis 2006 nach HGB, ab 2007 nach IFRS 840 Mio. EU 850 Mio. EU 839 Mio. EU 1.104 Mio. EU

4,7 Mrd. DM (HEW)
= 2.400 Mio. EU

* IFRS = International Financial Reporting Standards; US GAAP = United States Generally Accepted Accounting Principles; HGB = Handelsgesetzbuch

Rückstellungen der KKW-Betreiber belaufen sich auf 27,5 Milliarden Euro

Die vier Kernkraftwerksbetreiber E.ON, RWE, EnBW und Vattenfall hatten Ende 2008 insgesamt 27,5 Milliarden Euro für die Stilllegung von Atomkraftwerken und die Entsorgung des Atommülls zurückgestellt. Das geht aus einer Antwort des Bundeswirtschaftsministeriums auf eine Kleine Anfrage der Grünen-Fraktion hervor (Bundestags-Drucksache 17/1866). Die meisten Rückstellungen tätigte demnach E.ON mit 12,2 Milliarden Euro. Es folgten RWE mit 9,5 Milliarden Euro, EnBW mit 4,8 Milliarden Euro und Vattenfall Europe mit 1,1 Milliarden Euro.

Beim Vergleich mit den Rückstellungen vor Beginn der Strommarktliberalisierung fällt auf, daß der HEW-Nachfolger Vattenfall die Rückstellungen um zwei Drittel reduziert hatte und auch Ende 2008 nur über etwa die Hälfte der umgerechnet 2,4 Milliarden Euro verfügte, die HEW seinerzeit zurücklegte. Auch bei EnBW und RWE waren die Rückstellungen geringer als vor elf Jahren. Bei diesen beiden Betreibern sind sie aber seit 2005 wieder angestiegen, während E.ON im selben Zeitraum seine Rückstellungen um gut eine Milliarde verringert hat.

Die Bundesregierung verfügt über keine Angaben darüber, wie sich die Rückstellungen auf einzelne Kernkraftwerke verteilen. Sie will auch keine gesetzliche Verpflichtung zu einer "kernkraftwerksscharfen Bilanzierung" einführen. Die Schwankungen bei der Höhe der Rückstellungen erklärte sie mit der "Vielzahl der die Rückstellungen beeinflussenden Faktoren". So sei 2004 ein Teil der Rückstellungen aufgelöst worden, weil "der Finanzierungsanteil der Energieversorgungsunternehmen an den Errichtungskosten für das Endlager Konrad an die durch die Kernkraftwerke verursache Abfallmenge angepaßt wurde".

SPD will genaue Angaben zur Marktmacht der vier Konzerne und zur Verschleuderung von Windstrom

Noch immer unbeantwortet ist eine Große Anfrage, die von der SPD im Februar eingereicht wurde (Bundestags-Drucksache 17/832). Die größte Oppositionspartei will wissen, wie sich die Verlängerung der Laufzeiten der Kernkraftwerke auf den Wettbewerb am Strommarkt und auf die Entwicklung der erneuerbaren Energien auswirkt. Unter anderem soll die Bundesregierung detaillierte Auskünfte zu Kraftwerkskapazitäten und Marktanteilen der vier Energiekonzerne geben, einschließlich der Abdeckung von Grund-, Mittel- und Höchstlast und der Bereitstellung von Regelenergie. Die SPD will ferner wissen, wie oft die Netzbetreiber von der Ausnahmeregelung in § 13 Absatz 1 des Energiewirtschaftsgesetzes Gebrauch gemacht haben. Bis zur Neuregelung des EEG-Ausgleichsverfahren (100201) machten die Netzbetreiber von dieser Bestimmung Gebrauch, um überschüssigen Windstrom an der Börse zu verschleudern oder sogar gegen Aufpreis loszuwerden (100101).

Eine ursprünglich für Anfang Mai vorgesehene Debatte zu dem SPD-Antrag im Bundestag wurde wegen der Euro-Krise verschoben und fand nunmehr am 11. Juni statt. Der SPD-Energieexperte Ulrich Kelber hielt dabei der schwarz-gelben Regierung vor, sich in eine "atomare Wagenburg geflüchtet" zu haben. Die Befürworter längerer Laufzeiten seien auf ein "kleines, verlorenes Häuflein" zusammengeschrumpft, das sich dort verschanzt habe und versuche, die eigenen Interessen und die der Atomlobby gegen die Mehrheit der Bevölkerung und der Experten durchzusetzen. Aber selbst unter den Anhängern von CDU/CSU und FDP schwinde inzwischen die Unterstützung, meinte Kelber unter Verweis auf die ablehnende Haltung des Städtetags und die fehlende Mehrheit für eine Laufzeitverlängerung im Bundesrat.