Januar 2010

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ENERGIE-CHRONIK


 

In den beiden letzten Jahren hat sich in Deutschland die installierte Nennleistung der Photovoltaik-Anlagen mehr als verdoppelt. Der von 2008 bis 2009 erzielte Rekordzuwachs von 3.000.000 Kilowatt soll in den kommenden Jahren als Richtschnur gelten. Bei deutlicher Über- oder Unterschreitung dieser Zielmarke wird die Solarförderung gesenkt bzw. erhöht.

Solarstrom-Förderung soll um 15 Prozent gekürzt werden

Die schon lange kritisierte Überförderung der Photovoltaik (070615) soll jetzt so beschnitten werden, daß der jährliche Zuwachs an installierter Nennleistung ungefähr dem Rekordstand des Jahres 2009 mit 3000 Megawatt (MW) entspricht. Am 20. Januar stellte Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) in Berlin die Eckpunkte der geplanten Neuregelung vor. Demnach werden die Vergütungen für die Solarstromeinspeisung einmalig um 15 Prozent gesenkt. Einschließlich der bereits vorgesehenen Degression um 9 Prozent (080601) ergibt sich so für 2010 eine Absenkung um 24 Prozent. Anschließend soll es bei einer jährlichen Verringerung der Einspeisungsvergütung um 9 Prozent bleiben, wenn der Zubau innerhalb des Korridors von 2500 bis 3000 MW bleibt. Wenn mehr Solarmodule installiert werden, steigt die Degression pro 1000 MW um 2,5 Prozent. Wenn es weniger sind, wird die Degression pro 500 MW um 2,5 Prozent abgeschwächt.

Die entsprechende Novellierung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) soll zum 1. April 2010 in Kraft treten. Ab diesem Zeitpunkt gilt die Regelung auch für Dachanlagen. Für Freiflächenanlagen erfolgt die Absenkung dagegen erst zum 1. Juli 2010.

Zuwachs an Solarmodulen übertraf Erwartungen um mehr als das Doppelte

Schon bei der Neufassung des EEG vor eineinhalb Jahren war es zu Abstrichen an der Solarstromförderung gekommen, die aber relativ geringfügig blieben, weil die SPD als damaliger Koalitionspartner der Union weitergehende Kürzungen ablehnte. Als Kompromiß wurde damals eine Gleitklausel in das Gesetz eingeführt, die eine weitere Erhöhung bzw. Absenkung der Degression vom Zuwachs in den Jahren 2009 bis 2011 abhängig machte. Der entsprechende Korridor für das Jahr 2009 lag zwischen 1000 bis 1500 MW (080601). Tatsächlich war der Zuwachs im vergangenen Jahr aber mehr als doppelt so hoch. Auch die Obergrenze von 1900 MW im Zielkorridor für 2011 wurde schon bei weitem übertroffen.

Höherer Eigenverbrauch soll Netze entlasten

Ausgenommen von der einmaligen Kürzung um 15 Prozent bleibt der Eigenverbrauch aus Photovoltaik-Anlagen. Zugleich soll die dafür gewährte Vergütung erhöht werden, so daß sich für den Eigenverbraucher der finanzielle Vorteil von bisher 4 auf 10 Cent pro Kilowattstunde erhöht. Diese Vergütung deckt nach Ansicht des Ministeriums ungefähr die zusätzlichen Investitionen ab, die mit dem Direktverbrauch verbunden sind. Mit der Erhöhung des Eigenverbrauchs würden die Netze entlastet.

Eine zusätzliche Kürzung um zehn Prozent – also insgesamt um 25 Prozent – ist dagegen für Anlagen auf Ackerflächen geplant. Dadurch soll die Nutzung landwirtschaftlicher Flächen gebremst und der Ausbau auf vorbelastete Flächen (Konversionsflächen aus wirtschaftlicher oder militärischer Nutzung) gelenkt werden.

 

Diese Grafik zeigt, daß zwei Drittel der Solarstromeinspeisung in Deutschland auf die beiden Bundesländer Bayern und Baden-Württemberg entfallen. Natürlich müssen bei einem Vergleich die Unterschiede hinsichtlich Sonnenscheindauer, Bevölkerungszahl, Hausbesitz, Pro-Kopf-Einkommen und andere Faktoren berücksichtigt werden. So erklärt es sich auch, daß die ostdeutschen Länder bei der Solarstrom-Einspeisung ganz am Schluß marschieren, obwohl sich dort das Zentrum der deutschen Solarzellen-Herstellung befindet.

Die insgesamt 4,4 Terawattstunden (TWh), die 2008 in allen Bundesländern zusammen eingespeist wurden, entsprachen etwa 0,72 Prozent des deutschen Bruttostromverbrauchs von ca. 615 TWh. Inzwischen wurde die Ein-Prozent-Marke überwunden. Wenn der Zuwachs im bisherigen Rekordtempo weitergeht, dürfte bis 2012 ein Anteil von zwei Prozent erreicht sein.

 

Überangebot führte zu Preisverfall und Mitnahmeeffekten

Nach Feststellung des Bundesumweltministeriums gab es 2009 durch die weltweit stark ausgebauten Produktionskapazitäten erstmals ein Überangebot an Solarmodulen. Dadurch seien die Kosten für Photovoltaik-Anlagen (Module plus Installation) um durchschnittlich dreißig Prozent gesunken. Bei den gegenwärtigen Vergütungssätzen führe dies zu einer Überförderung, zu erheblichen Mitnahmeeffekten bei Unternehmen der Solarwirtschaft und zu unnötigen Mehrkosten im EEG. Die notwendige Kürzung der Solarförderung werde wirtschaftliche Fehlanreize beseitigen, ohne den Bestand der deutschen Photovoltaik-Industrie zu gefährden, die derzeit einen Umsatz von 6,2 Milliarden Euro erwirtschafte und einschließlich des Handwerks rund 60.000 Arbeitsplätze sichere.

Verbraucher und Fachwelt begrüßen die geplanten Kürzungen

Eine Senkung der bisherigen Solarstrom-Vergütungen verlangt unter anderen der Bundesverband der Verbraucherzentralen (VZBV), der sogar 30 Prozent für angemessen hält. "Es gibt eine Reihe von Firmen, die wollen die Einspeisungsvergütung hochhalten, um ihre nicht mehr wettbewerbsfähigen Produkte noch einsetzen zu können", meinte VZBV-Energiesprecher Holger Krawinkel. Diese Unternehmen planten, Anlagen selbst zu betreiben, was sich aber nur bei hohen Einspeisungsvergütungen rentiere.

Auch das Branchen-Fachblatt "photon" hält die jetzt geplante Kürzung für eher noch zu gering. "Angemessen wäre nach Photon-Recherchen eine Reduzierung von 20 Prozent", erklärte Chefredakteurin Anne Kreutzmann in einer Stellungnahme. Insgesamt seien die Pläne des Bundesumweltministeriums positiv zu werten. "Keine gute Idee" sei es dagegen, die Vergütung an den Zubau zu koppeln, da die Kostensenkung nicht vom deutschen Markt, sondern von der weltweiten Entwicklung abhänge. Zu Fehlentwicklungen führe ferner die vorgesehene Förderung des Eigenverbrauchs. Netzbelastungen durch hohe Anteile von Solar- und Windstrom müßten stattdessen durch ein besseres Lastmanagement und den Ausbau von Speichersystemen bewältigt werden.

Im Unterschied dazu hält die Erneuerbare-Energien-Vereinigung Eurosolar die geplanten Kürzungen für zu hoch. "Der Plan des Umweltministers setzt nicht nur Arbeitsplätze in der Solarbranche aufs Spiel, er gefährdet auch die bisher geradlinige Entwicklung der Photovoltaik, bei der Deutschland weltweit an der Spitze steht", sagte Verbandpräsident Hermann Scheer. Kürzungen seien zwar möglich, dürften aber nicht die stetige Entwicklung der Photovoltaik gefährden.

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