September 2009

090904

ENERGIE-CHRONIK


Vattenfall will Wemag an Kommunen verkaufen

Der Vattenfall-Konzern will die Westmecklenburgische Energieversorgung AG (Wemag) den 268 Kommunen überlassen, die bisher nur knapp zwanzig Prozent an dem Unternehmen besitzen. Ein Kaufvertrag mit dem Vorstand des kommunalen Anteilseignerverbandes wurde bereits im August unterzeichnet. Er sieht vor, daß die Wemag zum 1. Januar 2010 für 170 Millionen Euro an den Verband der kommunalen Anteilseigner übergeht. Allerdings bedarf er noch der Zustimmung der zuständigen Gremien. Bisher sind nicht alle Kommunen bereit, ihre Zustimmung zu erteilen.

Gegenüber den Kommunen wurde die Verkaufsbereitschaft damit begründet, daß Vattenfall wegen der Übernahme von Nuon (090204) dringend Geld in der Kasse benötige, um eine Herabstufung seiner Kreditwürdigkeit im "Rating" zu vermeiden. Angesichts von 8,5 Milliarden Euro für Nuon sind 170 Millionen Euro für die Wemag allerdings nicht gerade viel. Der eigentliche Grund dürfte sein, daß der Regionalverteiler Wemag aus Sicht des Konzern zu wenig abwirft, zumal die Netzentgelte der Regulierung unterliegen und auch der Stromvertrieb weniger gewinnträchtig ist als die Stromerzeugung.

Anlehnung an Thüga geplant

Um den Kommunen den Erwerb der Wemag schmackhaft zu machen, soll der Aktienkauf mit einem Kommunalkredit bezahlt werden, den der Anteilseignerverband aufnehmen muß. Zinsen und Tilgung sollen ausschließlich aus den Dividenden bedient werden, die auf die Wemag-Aktien gezahlt werden. Ferner ist vorgesehen, die Thüga miteinzubinden, die der E.ON-Konzern soeben an die kommunalen Beteiligungsunternehmen verkauft hat (090801). Der neue starke Partner soll zunächst 25,1 Prozent der Aktien erwerben und bis zu vier Jahre nach dem Kauf die Gelegenheit haben, seine Beteiligung auf bis zu 49,9 Prozent aufzustocken.

Vom VEB Energiekombinat zur Vattenfall-Tochter

Die Wemag entstand 1990 aus dem früheren VEB Energiekombinat Schwerin. Nach Abgabe von Gas und Fernwärme war sie seit 1993 ein reiner Stromversorger. Mehrheitseigentümer wurden 1994 die Hamburgischen Electricitäts-Werke (HEW), die nach der "Wende" die Geschäftsbesorgung übernommen hatten. Die HEW erwarben von der Treuhand zunächst 51 Prozent der Anteile (940305). Der Rest war für die Kommunen des Versorgungsgebiets vorgesehen, die aufgrund der Sonderregelung in § 4 Abs. 2 Kommunalvermögensgesetz einen nachträglichen Anspruch auf Beteiligung an der Wemag geltend machen konnten. Die tatsächliche Beteiligung der Kommunen rutschte dann aber unter die Sperrminorität, da Schwerin und ein paar andere größere Städte die Stromverteilung wieder in eigene Regie übernahmen (950410).

Die verbleibenden Kommunen bündelten ihre Aktien im 1995 gegründeten Kommunalen Anteilseignerverband der Wemag. Inzwischen sind 236 Gemeinden dem Anteilseignerverband beigetreten und haben ihm ihre Aktien übertragen. Zehn dieser Gemeinden gehören zum Bundesland Brandenburg, der Rest zu Mecklenburg-Vorpommern. Von weiteren 34 Gemeinden hält der Verband die Aktien treuhänderisch.

Zusammen mit den HEW wurde die Wemag 2002 dem neuen Konzern "Vattenfall Europe" eingegliedert. Wegen der kommunalen Minderheitsbeteiligung konnte die Wemag allerdings nicht komplett integriert werden, wie dies in Hamburg und Berlin mit den ehemaligen Versorgern HEW und Bewag geschah.

Einer der teuersten Grundversorger Deutschlands

Neben Berlin und Hamburg ist der angestammte Versorgungsbereich der Wemag das einzige und zugleich flächenmäßg größte Gebiet, in dem Vattenfall als Grundversorger Zugang zu Strom-Endkunden hat (neuerdings mit Gas im Vertriebsangebot). Mit knapp 300.000 Einwohnern ist ihr Netzgebiet allerdings wesentlich weniger ergiebig als das der beiden großstädtischen Zentren. Aufgrund hoher Netzentgelte geriet sie mehrfach ins Visier des Bundeskartellamts (970502, 020705). Bei einem bundesweiten Vergleich der Strompreisen gehörte sie 2007 zu den zehn teuersten Grundversorgern (071101). Im vorigen Jahr gab es bereits Verhandlungen über eine Fusion mit den Stadtwerken Rostock, die indessen ergebnislos blieben.