Juni 2009 |
090607 |
ENERGIE-CHRONIK |
Den Wettbewerb zwischen Deutschland, den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) und Österreich um den Sitz der neuen Internationalen Agentur für Erneuerbare Energien IRENA (090111) haben die Emirate gewonnen. Die beiden Verlierer gehen aber nicht ganz leer aus, sondern dürfen sich mit jeweils einer Dependance der Agentur trösten. Die Vertreter aus 129 Ländern einigten sich beim Treffen im ägyptischen Scharm el Scheich am 29. Juni auf diesen Kompromiß: Abu Dhabi erhält das Hauptquartier der neuen Agentur, In Bonn wird ein Innovations- und Technologiezentrum eingerichtet und in Wien eröffnet ein Kontaktbüro zu den anderen UN-Energieorganisationen.
Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) begrüßte die Dreier-Lösung als "fairen und sachgerechten Kompromiss". Er habe sich selbst intensiv dafür eingesetzt. Noch am Vorabend hätten die Emirate seinen Vorschlag abgelehnt. Dann sei es ihm jedoch gelungen, die USA und Ägypten als Gastgeber der Konferenz für eine Vermittlung zu gewinnen. Deren Bemühungen seien am Ende erfolgreich gewesen, so daß sich der deutsche Kompromißvorschlag durchsetzte. Deutschland werde nun für den Aufbau des Innovations- und Technologiezentrums in Bonn vier Millionen Euro bereitstellen und dessen Arbeit mit jährlich zwei bis drei Millionen Euro unterstützen.
Einen Tag später, am 30. Juni, wählte die Versammlung die 39-jährige Französin Hélène Pelosse zur Generaldirektorin der neuen Agentur. Pelosse war bisher stellvertretende Büroleiterin des französischen Energie- und Umweltministers Jean-Louis Borloo und fungierte als Beraterin der Regierung bei den internationalen Klimaverhandlungen. Ihre Wahl erfolgte in einer Kampfabstimmung, in der drei weitere Kandidaten aus Griechenland, Spanien und Dänemark unterlagen. Sie erhielt dabei die Unterstützung der Emirate, denen Frankreich zuvor bei der Sitzvergabe sekundiert hatte.
Der Ölstaat machte vor allem deshalb das Rennen, weil er bereit ist, viel Geld lockerzumachen. Das IRENA-Hauptquartier soll mit einem Anfangsbudget von 150 Millionen US-Dollar ausgestattet werden. Außerdem will Abu Dhabi jährlich 50 Millionen Euro für umweltgerechte Energieprojekte bereitstellen.
"Frau Merkel und Herr Gabriel haben versagt, die berechtigten deutschen Interessen durchzusetzen", erklärte dazu der Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion für Energie und Technologie, Hans-Josef Fell. Da die Bundesregierung sich ausschließlich auf die Durchsetzung Bonns konzentriert habe, sei nicht einmal ein deutscher Bewerber für das Amt des Generaldirektors ins Rennen geschickt worden (der Eurosolar-Präsident Hermann Scheer, der ursprünglich als Kandidat genannt wurde, hatte zugunsten der Bewerbung Bonns um den Sitz verzichtet). Die Bundesregierung habe ferner weniger Finanzausstattung angeboten als sie nach Wien als Beitrag an die Internationalen Atomenergiebehörde überweise. So habe Abu Dhabi mit seinen Geldversprechungen leichtes Spiel gehabt. Es bleibe nun zu hoffen, "daß nicht auch noch die Erdölinteressen Abu Dhabis und die Atominteressen Frankreichs sich in der IRENA durchsetzen". Trotz der vernachlässigten Interessen Deutschlands bleibe die Gründung von IRENA aber ein großer Erfolg der Erneuerbare-Energien-Vereinigung Eurosolar.
"Die Bundesregierung hat es vermasselt, daß Bonn Sitz von IRENA wird", kritisierte auch der umweltpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Michael Kauch. "Deutschland hat die Initiative zur IRENA-Gründung ergriffen, bezahlt einen Großteil der Mitgliedsbeiträge, bekommt aber nun weder Sitz noch Generalsekretär. Das kann sich Umweltminister Gabriel nicht mit einem Innovationszentrum in Bonn schönreden." Die Vergabe von Sitz und Vorsitz an andere Staaten sei auch ein Debakel für die deutsche Europapolitik, denn gerade die EU-Partner Frankreich und Großbritannien hätten sich offen auf die Seite der Emirate geschlagen.