Dezember 2007

071207

ENERGIE-CHRONIK


Italien beteiligt sich an französischer Atomstromerzeugung

Der teilstaatliche italienische Energiekonzern Enel und der französische Staatsmonopolist Electricité de France (EDF) besiegelten am 30. November ihre seit zweieinhalb Jahren geplante Zusammenarbeit im Bereich der Kernenergie. Demnach beteiligt sich Enel mit 12,5 Prozent am ersten französischen EPR-Reaktor in Flamanville, mit dessen Bau Anfang Dezember begonnen wurde und der ab 2012 eine Leistung von 1600 MW liefern soll (041006). Außerdem erhält der italienische Energiekonzern die Option auf Beteiligungen in derselben Höhe an fünf weiteren EPR-Reaktoren. Als Miteigentümer der Kernkraftwerke hat er Anspruch auf einen entsprechenden Anteil an der Stromerzeugung. Zusätzlich hat er bis September 2008 die Möglichkeit, sich mit 30 bis 40 Prozent an zwei Gaskraftwerken mit einer Gesamtleistung von 1400 MW zu beteiligen, welche die EDF bis 2012 in Betrieb nehmen und zur Deckung von Mittellast verwenden will.

Im Vorgriff auf die künftige Beteiligung an der französischen Atomstromproduktion gewährt die EDF der Enel ab 2008 eine "virtuelle Grundlast" von 600 MW, die bis 2012 auf 1200 MW verdoppelt wird. Falls die Enel von der Option auf die beiden Gaskraftwerke Gebrauch macht, erhält sie außerdem ab diesem Zeitpunkt eine Mittellast-Leistung zwischen 400 und 550 MW, die ihrem Anteil an der künftigen Erzeugung der beiden Anlagen entspricht.

Die Unterzeichnung des Abkommens durch die beiden Vorstandsvorsitzenden Fulvio Conti (Enel) und Pierre Gadonneix (EDF) erfolgte im Beisein des italienischen Ministerpräsidenten Romano Prodi und des französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy anläßlich eines italienisch-französischen Gipfels in Nizza. Die Beteiligung der Enel an der französischen Atomstromproduktion war bereits im Mai 2005 nach der Beilegung des Streits um den Einstieg der EDF beim italienischen Versorger Edison vereinbart worden (050504). Wegen der anschließenden Streits um die geplante Übernahme des französischen Suez-Konzerns durch Enel (060302), der mit der Fusion von Suez und Gaz de France endete (070905), kam es aber erst jetzt zu verbindlichen Abmachungen.

Italien verfügte bis zur Katastrophe von Tschernobyl über drei kleinere Kernkraftwerke mit einer Gesamtleistung von 1340 MW, die dann aber aufgrund einer Volksabstimmung bis 1990 abgeschaltet wurden. Der Bau eines vierten wurde nicht mehr zu Ende geführt und die Errichtung neuer Anlagen bis auf weiteres nicht gestattet. Dies hinderte den Staatskonzern Enel allerdings nicht daran, sich im Ausland an der Atomstromerzeugung zu beteiligen (050203). Außerdem begegnete er dem chronischen Energiemangel Italiens, der wiederholt zu landesweiten Stromausfällen führte (030901), hauptsächlich mit Atomstrom-Importen aus Frankreich.

Französische Reaktoren auch für Algerien

Frankreich will auch Algerien zu Kernkraftwerken verhelfen. Der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy unterzeichnete am 4. Dezember bei einem Staatsbesuch in Algier ein entsprechendes Papier. Zuvor hatte er bereits mit dem lybischen Dikator Gaddafi die Lieferung eines Reaktors vereinbart, was zu Verstimmung unter den europäischen Partnern führte (070702). Außerdem plant Frankreich die Errichtung von Kernkraftwerken in Marokko und Ägypten (071112).

Weiterhin unklar ist, ob und in welcher Form der Siemens-Konzern vom sich abzeichnenden französischen Nuklear-Boom profitieren wird (071112). Die bisherige Siemens-Beteiligung am französischen Nuklearkonzern Areva paßt nicht in Sarkozys Pläne für die Bildung eines neuen Konzerns, der sowohl nukleare als auch fossile Kraftwerkstechnik umfassen soll (070703).

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