August 2007

070802

ENERGIE-CHRONIK


Bundesnetzagentur vereinfacht den Lieferantenwechsel

Seit 1. August werden die Geschäftsprozesse zur Kundenbelieferung mit Elektrizität nach bundesweit einheitlichen und rechtsverbindlichen Standards geregelt. Die Neuerung wurde von der Bundesnetzagentur verfügt, nachdem Versuche zu einer freiwilligen Vereinbarung mit den Beteiligten gescheitert waren. Die Regulierungsbehörde will so den Lieferantenwechsel erleichtern und den diskriminierungsfreien Netzzugang aller Netznutzer zu den Elektrizitätsversorgungsnetzen ermöglichen. Die Einzelheiten regelt ein 114 Seiten umfassendes Dokument.

Der Beschluß der Bundesnetzagentur erging bereits vor einem Jahr, doch wurde den Netzbetreibern zur Vornahme der notwendigen EDV-Umstellungen eine Umsetzungsfrist bis zum 1. August 2007 eingeräumt. Er betrifft standardisierbare Geschäftsprozesse wie Lieferantenwechsel, Ein- und Auszüge oder Zählerstandübermittlung. Zugleich bestimmt er ein bundeseinheitliches Format für den damit verbundenen elektronischen Datenaustausch (Edifact).

In einer Übergangsfrist bis zum 1. Oktober 2009 haben die Unternehmen die Möglichkeit, neben den standardisierten Geschäftsprozessen und Datenformaten abweichende Regelungen zu treffen. Die Bundesnetzagentur will damit sicherstellen, daß Fortschritte bei der Gestaltung der Geschäftsprozesse und deren Automatisation nicht an behördlichen Festlegungen scheitern. Ferner will sie verbundenen Unternehmen die Beibehaltung von Sonderlösungen ermöglichen, die bereits funktionieren. Nach Ablauf der Übergangsfrist müssen diese Sonderlösungen aus Gründen der Gleichbehandlung allen Marktbeteiligten angeboten oder auf die Standardprozesse umgestellt werden.

Bemühungen um freiwillige Regelung blieben erfolglos

Vorausgegangen waren jahrelange Bemühungen, die notwendige Vereinfachung des Lieferantenwechsels durch freiwillige Vereinbarungen zu erzielen. Netzbetreiber und Netznutzer fanden jedoch nicht zueinander, sondern entwickelten unterschiedliche Marktregeln, die weder rechtsverbindlich waren noch einheitlich angewendet wurden. Hinzu beschwerten sich zahlreiche Netznutzer über Verstöße gegen Vorgaben dieser Dokumente.

Zunächst hatte das Bundeswirtschaftsministerium im April 2001 die "Taskforce Netzzugang" (010902) eingerichtet und mit Vertretern der am Markt agierenden Verbände sogenannten Best-Practice-Empfehlungen zum Lieferantenwechsel erarbeitet (020909). Unter Berücksichtigung dieser Best-Practice-Empfehlungen veröffentlichte der Verband der Netzbetreiber (VDN) im Juli 2002 eine Prozeßbeschreibung der Kunden- und Lieferantenprozesse, die im Dezember 2003 überarbeitet und in die im Januar 2005 veröffentlichten VDN-Gesamtrichtlinie "Datenaustausch und Mengenbilanzierung" aufgenommen wurde.

Seit Februar 2005 trafen sich Vertreter der neuen Netznutzerverbände (BNE, AFM+E, BDI, VIK) und die Verbände der Stromwirtschaft (VDN, VKU, seit August 2005 auch VDEW) unter Beobachtung durch je einen Vertreter der EDNA-Initiative (050411) und der Bundesnetzagentur, um von beiden Seiten getragene Geschäftsprozesse zu erstellen. Als diese Verhandlungen im Rahmen der "AG Marktprozesse" ins Stocken gerieten, veröffentlichten die Netznutzerverbände die Prozeßdokumentation "Kunden- und Lieferantenprozesse", die in vielen Details von der VDN-Richtlinie abwich und über sie hinausging. Durch diese Veröffentlichung verhärteten sich die Fronten in der "AG Marktprozesse" weiter, da eine einheitliche und gemeinsame Dokumentation den Verzicht auf das jeweilige eigene Dokument bedeutet hätte. Hinzu kam, dass auch die Netzbetreiber mit der Überarbeitung des 5. Kapitels der VDN-Richtlinie und der Anpassung an die neue Rechtslage begonnen hatten.

Im Oktober 2005 forderte die Bundesnetzagentur beide Seiten auf, sich über die zwölf wesentlichen Geschäftsprozesse zu einigen, die zur Belieferung von Kunden mit Elektrizität erforderlich sind. Es gelang aber nicht, einen Konsens in allen strittigen Punkten zu erzielen. Anfang 2006 forderte die Beschlußkammer der Bundesnetzagentur deshalb die Netzbetreiber auf, den bislang erzielten Konsens in das 5. Kapitel der VDN-Richtlinie einzuarbeiten. Zugleich gab sie den neuen Netznutzern Gelegenheit zur Stellungnahme. Ende Januar 2006 leitete die Beschlußkammer von Amts wegen ein Verfahren zur Festlegung einheitlicher Geschäftsprozesse und Datenformate ein. Der Entwurf der Verfügung wurde im Februar 2006 veröffentlicht. Aus Kreisen der Beteiligten kamen daraufhin insgesamt 65 Stellungnahmen. Unter anderem wollten die Netznutzer die neue Regelung früher angewendet wissen, während die Netzbetreiber auf eine längere Frist drängten. Der endgültige Beschluß erging dann im Juli 2006.

Verbindliche Regeln auch für Wechsel des Gaslieferanten

Ende August legte die Bundesnetzagentur auch rechtsverbindlich die Regeln fest, nach denen der Wechsel des Gaslieferanten zu vollziehen ist. Die Geschäftsprozesse für den Lieferantenwechsel im Gassektor ("GeLi Gas") wurden dabei den Geschäftsprozessen für den Kundenwechsel im Elektrizitätsbereich (GPKE) angelehnt. Auf der Grundlage der detaillierten Prozeßbeschreibung sind die Markt beteiligten nunmehr gehalten, standardisierte EDV-Verfahren zu entwickeln.

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